Giftköder-Suchhunde retten Hundeleben
Die Super-Spürnasen
Wenn Trude sich bei einem Spaziergang hinlegt, weiß ihre Besitzerin Nicole Momma, dass sie etwas Essbares erschnüffelt hat. Die zweijährige Australian-Shepherd-Hündin ist eine Lebensretterin auf vier Pfoten. Ihre Aufgabe: Giftköder aufspüren.
"Der Hass nimmt seit Corona zu", stellt Momma fest. In Zeiten der Lockdowns haben sich viele Menschen einen Hund angeschafft, und die Zahl der Hundebesitzer steigt, die die Hinterlassenschaften ihrer Tiere nicht aufsammeln, sondern liegen lassen. Das ist aus Sicht der Essenerin der Hauptgrund für steigende Aggressionen gegen die Vierbeiner. Immer wieder werden Hunde vergiftet oder verletzt, manchmal unwissend und ohne Absicht, aber oft auch ganz bewusst. Hundehasser legen Köder aus, die entweder toxisch sind oder mit scharfkantigen Gegenständen wie Glasscherben oder Rasierklingen versetzt wurden.
Oft kommen die Täter wieder
Nur selten werden die Täter gefasst. Vor einigen Wochen gab es in Gelsenkirchen so einen Fall: "Eine Dame hat mir gemeldet, dass sie auf einem Grünstreifen am Hauptbahnhof Giftköder gefunden hat", berichtet Momma. Tags darauf machte sich die Essenerin mit Trude auf, um das Gebiet nachzukontrollieren. Tatsächlich legte sich die Hündin überall dort, wo die Köder gelegen hatten, hin. Das ist das erlernte Zeichen, um auf Funde aufmerksam zu machen. Und Trude erschnüffelte sogar noch einen Köder, der bislang nicht aufgefallen war.
Kürzlich wurden Hundehasser in Gelsenkirchen geschnappt
Wieder einen Tag später waren neue Köder ausgelegt worden. In der darauffolgenden Nacht legte sich die Gelsenkirchenerin, die schon Momma und die Polizei informiert hatte, auf die Lauer und erwischte zwei Männer in flagranti. Die alarmierte Polizei konnte die Hundehasser fassen, sie hatten Rattengift dabei. "Das war ein schöner, aber sehr seltener Erfolg", sagt Momma.
Wie kann ich meinen Hund schützen?
Wie kann ich meinen Hund schützen?, ist eine zentrale Frage, die sich fast alle Hundebesitzer stellen. Die Lösung hat der Hundetrainer Dennis Panthen 2015 gefunden: Man muss Hunde entsprechend schulen, dass sie den Menschen auf Köder aufmerksam machen, ohne sie zu fressen. Nicole Momma war eine seiner ersten Schülerinnen und hat das Konzept in ihre eigene mobile Hundeschule übernommen. Gerade bildet sie wieder neue Hunde in Dorsten aus.
Hartes und stetiges Training nötig
"Es geht nicht darum, dass die Hunde alle möglichen Gifte kennenlernen müssen", erklärt die 52-Jährige. Die Tiere lernen "nur", dass sie nichts fressen dürfen, sondern bei essbaren Funden ihre Besitzer auf das Erschnüffelte aufmerksam machen müssen. Bis die Hunde das verlässlich machen, vergehen Monate. Und auch nach der Ausbildung muss stetig weiter trainiert werden, erklärt die Hundetrainerin. "Sonst fallen die Hunde zurück in ihr altes Muster."
13 Halter und ihre Hunde bilden die Giftköder-Suchhunde-Staffel
Ein gutes Training sind die Sucheinsätze der 13-köpfigen Staffel um Nicole Momma. Das sind alles Hundebesitzer, die bei ihr die Ausbildung absolviert haben und sich im Anschluss ehrenamtlich auf die Suche nach Giftködern begeben. In Essen, Dortmund, Dorsten, Recklinghausen, Bottrop und Leipzig sind die Teams im Einsatz. Wöchentlich gibt es Hinweise über die Facebook-Seite der Giftköder-Suchhunde, dass Tiere vergiftet oder verletzt wurden. Aber nicht immer rücken Momma und ihr Team aus Ehrenamtlern dann aus. "Wir haben gelernt, dass es nur Sinn macht, wenn ein paar Fragen eindeutig beantwortet werden können und wir einen Ansprechpartner vor Ort haben", so die 52-Jährige. Geschichten über Dritte oder "Ich habe gehört, dass..." führen zu oft auf falsche Fährten. "Dafür ist uns unsere Zeit und der Sprit zu wertvoll", sagt die Hundetrainerin.
Bei drei von zehn Einsätzen werden sie fündig
Kommt es zum Einsatz, treffen sich die Hundeführer vor Ort mit der Person, die den Fund gemeldet hat. Dann wird ein Bereich von mehreren Quadratmetern abgesteckt, in dem die Hundetrainerin auch Leckerchen auslegt - "der Hund soll immer ein Erfolgserlebnis haben", erklärt Momma. In etwa 30 Prozent der Einsätze werden die Suchhunde tatsächlich fündig. Dabei gibt es nichts, was es nicht gibt: Die Essenerin hatte kürzlich einen Einsatz an der Ruhr, wo Fleisch entdeckt worden war. Es stellte sich als "normale Entsorgung" in der Natur heraus.
Kot eines Junkies tötete einen Hund
Sie erinnert sich an einen verstorbenen Hund, der menschliche Exkremente gefressen hatte. Die waren wohl von einem Junkie und die Drogen in den Ausscheidungen töteten das Tier. Immer wieder hört sie von Hundebesitzern, deren Tiere einen Giftköder überlebt haben, dass sie monatelang mit den Folgen kämpfen oder gar bleibende Schäden davontragen. Deshalb gibt die erfahrene Hundetrainerin Hundehaltern einen Tipp mit auf die Gassirunde: "Seien sie mental beim Hund, schauen Sie nicht auf das Handy. So bemerken Sie, wenn Ihr Hund aufgeregt schnuppert oder sich anders verhält!"
So verhalten Sie sich richtig
- Zuerst den Hund sichern, zum Beispiel in sicherer Entfernung an einem Baum anleinen
- Wenn der Hund schon etwas gefressen hat, sofort zum Tierarzt. Die Kontaktdaten von Tierarzt und Tierklinik vorher ins Handy einspeichern!
- Wenn möglich: Fotos machen, auf Google Maps den Standort markieren.
- Köder einsammeln und zum Beispiel in einem Kotbeutel sichern. Dabei aufpassen, dass man keinen Kontakt mit dem Köder bekommt. Ggfs. den Fund zu Hause einfrieren.
- Andere Hundehalter warnen, ohne Panik zu verbreiten. Ggfs. die Giftköder-Suchhunde über deren Facebook-Seite informieren.
Welche Erfahrungen habt ihr mit Hundehassern gemacht? Kennst du einen Hund, der vergiftet wurde? Wie schützt du dein Tier vor Giftködern? Schreibe deine Erfahrungen in die Kommentare.
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