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Bundesjugendspiele: Lust oder Frust?

Bild von Roshan Rajopadhyaya auf Pixabay
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Aus einem Wettkampf wird ein Wettbewerb: So will es der Ausschuss für die Bundesjugendspiele und die Kommission Sport der Kultusministerkonferenz (KMK).  Bereits 2021 wurde beschlossen, dass die Bundesjugendspiele reformiert werden sollen. Ab kommenden Schuljahr soll dann bei dieser Schulveranstaltung nicht mehr der klassische Wettkampf im Vordergrund stehen. Eine sinnvolle Reform? 

Doch was ist der Unterschied zwischen dem Wettbewerb und einem Wettkampf? "Der Wettkampf ist nach internationalen Wettkampfregeln beziehungsweise nationalen Bestimmungen des Regelwerks des Deutschen Leichtathletikverbandes normiert. Der Wettbewerb ist nicht normiert", teilte ein Sprecher des Bundesfamilienministeriums mit, das zusammen mit der KMK und dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) in einem Kuratorium der Träger der Bundesjugendspiele ist.

Wettbewerb statt Wettkampf

Das bedeutet: Wer zu den Besten gehört, orientiert sich nicht mehr – wie bislang – an einer festgelegten Punktetabelle in Deutschland, sondern an den Leistungen der Kinder einer Schule innerhalb ihres Jahrgangs. Damit soll sich vom Leistungsgedanken verabschiedet werden. 
Das begrüßt die GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) ausdrücklich und sieht in der Reform einen guten Ansatz - würde sich aber noch mehr wünschen.
GEW-Vorstandsmitglied Anja Bensinger-Stolze sagte, zwar gehe es beim Wettbewerbsgedanken nun mehr um Respekt, Teamfähigkeit und soziale Kompetenzen. „Man hätte aber noch einen größeren Schritt machen können, zum Beispiel, indem man noch stärker das Team in den Mittelpunkt stellt. Dass man bestimmte Sportarten anbietet oder sich gegenseitig hilft bei bestimmten Dingen.“ Auch sollte jeder, der teilnimmt, in irgendeiner Form prämiert werden, ohne dass die Teilnehmenden mit verschiedenen Urkunden verglichen würden. Es sei wichtig, die Kinder dafür zu begeistern, sich gemeinsam zu bewegen und Freude am Sport zu haben.

Abschied vom Leistungsgedanken

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) hat eine etwas differenziertere Einschätzung. Der VBE-Bundesvorsitzende Gerhard Brand betonte: "Dies darf nicht dazu führen, dass der Wettkampfcharakter pauschal und für alle Kinder abgeschafft wird. Alle Kinder sollen die Möglichkeit haben, entsprechend ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten zu entscheiden, ob sie eher Spiel und Spaß oder den Kampf um den ersten Platz suchen".

Spiel und Spaß

Deutlicher wird die Berliner Bildungssenatorin Katharina Günther Wünsch (CDU) im Gespräch mit der Deutschen Presse Agentur (DPA). Sie beklagt den Wegfall des Leistungsgedanken: "Wir tun unseren Kindern keinen Gefallen, wenn wir so tun, als ob sich messen und Leistung nichts mit dem Leben zu tun hätten." Und das ist noch moderat formuliert. Auf den sozialen Plattformen schäumen die Kritiker der Reform vor Wut: Niederlagen würden mit zum Leben gehören, Leistung müsse belohnt werden, Deutschland würde so im Mittelmaß versinken, so der Grundtenor vieler Kommentare.

Bundesjugendspiele: Kulturgut oder weg damit?

Kritisch aber differenzierter ist die Einschätzung von Frank Busemann. Wir sprachen mit dem erfolgreichen Zehnkämpfer (Medaillengewinner bei Olympia und Weltmeisterschaften), der inzwischen als Leichtathletikexperte und Co-Kommentator für die ARD tätig ist. 

Die Bundesjugendspiele werden zwar nicht abgeschafft aber der Leistungsgedanke fast ganz wegreformiert. Was bedeutet das in Ihren Augen für den Stellenwert des Sports in unserer Gesellschaft?
Das sieht so aus, als wenn wir alles abschaffen wollen, was irgendwie anstrengend sein könnte. Deshalb ist das kein gutes Signal. Zumal Sport auch Spaß macht.

Wie haben Sie die Bundesjugendspiele zu Ihrer Schulzeit erlebt?
Okay, da bin ich der falsche Ansprechpartner: Für mich war es immer eine große Freude, wenn die anstanden und ich habe sie geliebt. Aber ich war natürlich auch immer gut. Es gab aber natürlich auch Mitschüler die froh waren, wenn sie vorüber waren.

Können Sie die Kritik an der ursprünglichen Form nachvollziehen?
Es gibt immer zwei Seiten der Medaille. Ich kann alle Argumente verstehen, zumal sie ja auch logisch vorgetragen werden, doch können wir nicht alles einstampfen, was auf dem Weg zur Work-Life-Balance im Weg steht. Hindernisse überwinden und sich Aufgaben stellen - das macht ja auch stolz.

Unabhängig ob im Breiten- oder Leistungssport: Wie wichtig sind in Ihren Augen Erfolge und auch Niederlagen im Sport?
So ist das Leben. Wer gewinnt freut sich, erlebt Glück, wer verliert, weiß wo er hin will. Nur weil es Misserfolg gibt, fühlt sich der Erfolg so gut an. Wenn wir diese Spitzen aus dem Leben nehmen, werden wir niemals außergewöhnliche Leistungen erleben und alles ist gleich. Kein zufriedenstellender Ausblick.

Im Fußball-Jugendbereich bis zur U11 schafft man Ergebnisse und Titel ganz ab. Stattdessen sollen Spiele ohne Ergebnis ausgetragen werden und es wird damit keinen Meister geben. Der richtige Weg?
Nein. Wozu? Um dem Verlierer nicht weh zu tun? Ja, verlieren ist hart, aber man muss sich auch mal anstrengen, um im Leben vorwärts zu kommen. Kein Olympiasieger hat sein ganzes Leben lang gewonnen.

Wie sind Sie als Heranwachsender mit Leistungsdruck im Sport umgegangen?
Ich habe ihn geliebt! Ich bin im Wettkampf über mich hinaus gewachsen und konnte Leistungen abrufen, die nicht möglich schienen. Ein unfassbar schönes Gefühl.

Bild von Roshan Rajopadhyaya auf Pixabay
Seit dem Ende seiner sportlichen Karriere nutzt Frank Busemann die Erfahrungen des Leistungssports, um sie sinnvoll in den Alltag zu transferieren. Foto: Busemann
Autor:

Michael Menzebach aus Haltern

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