Dennis Braun will in die Nationalmannschaft
Paddeln als Passion

Die Idylle auf der Ruhr nimmt Dennis Braun nur noch wahr, wenn er nicht ernsthaft trainiert.  | Foto: Dabitsch
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  • Die Idylle auf der Ruhr nimmt Dennis Braun nur noch wahr, wenn er nicht ernsthaft trainiert.
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Dennis Braun paddelt über die Ruhr. Das Wasser ist ruhig, Wolken verdecken die Sonne, Mücken schwirren umher. Heute kann Dennis die Idylle genießen. Aber nicht lange. "Ich geb jetzt mal Gas", sagt er und erhöht die Schlagfrequenz.

Es ist noch kein Jahr her, seit Dennis Braun seine Leidenschaft für den Kanusport entdeckt hat. Gerade bereitet er sich auf die Deutschen Meisterschaften vor, die im August in Brandenburg ausgetragen werden. Wie geht das, innerhalb weniger Monate so erfolgreich zu werden?
Das liegt vor allem an Dennis' Ehrgeiz und seinem unbändigen Willen, seinem Trainer Klaus Bongartz und der Tatsache, dass der Essener im Parasport antritt. Denn seit einem schweren Motorradunfall im Jahr 2010 ist der Essener querschnittsgelähmt, sitzt seitdem im Rollstuhl. Das macht für ihn den Kanusport zu einer besonderen Herausforderung.

Besondere Herausforderung

"Als wir in der Halle mit dem Training begonnen haben, mussten wir Dennis erstmal so stabilisieren, dass er bei dem Bewegungsablauf aufrecht sitzen bleibt", erinnert sich sein Trainer Klaus. Das funktionierte, wie alles bislang, erstaunlich schnell - und so ging es im März auf die Ruhr.
Der Coach, mit 60 Jahren Erfahrung, tüftelte und bastelte, um die Schwierigkeiten des Handicaps zu meistern. Im Trainingsboot ist die Sitzschale verstärkt, es gibt vier Anschnallgurte, mit denen Dennis seinen Körper und die gefühllosen Beine bestmöglich fixiert. "Alles Marke Eigenbau", sagt Tim Bongartz, der Enkel des Trainers. Genauso wie die Einstiegshilfe am Ufer, die es dem 37-Jährigen ermöglicht, eigenständig in den Rennkajak zu gelangen.

Tim Bongartz vertritt Dennis' Trainer Klaus. Der Einstieg ins Boot ist für den querschnittsgelähmten Sportler eine Herausforderung. | Foto: Dabitsch
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Ziel: Die A-Norm für die Nationalmannschaft erreichen

Heute ist es noch einmal sein altes Trainingsboot, denn Coach Klaus ist verhindert. Eigentlich sollte endlich das nagelneue Nationalmannschaftsboot getestet werden. "Das ist fünfeinhalb Kilogramm leichter, das macht einen Riesen-Unterschied", sagt der Sportler. Seiner Einschätzung nach kann er damit seine bisherige Bestzeit von 62 Sekunden auf die 200-Meter-Distanz noch einmal deutlich unterbieten. Sein Ziel ist, die A-Norm für die Nationalmannschaft zu schaffen: 53,2 Sekunden.
Darauf arbeitet der Essener hin, möchte in Zukunft den Bundesadler auf dem Trikot tragen. Er durfte bereits mit der Mannschaft am Trainingslager in Portugal teilnehmen, das hat Eindruck hinterlassen. "Das Team, die Ausrüstung, alles so professionell", schwärmt der ehemalige Feuerwehrmann, der heute einen Bürojob bei der Stadt Essen hat. Aber auch er hinterließ einen bleibenden Eindruck, so erhielt er nach der ersten Ranglistenfahrt im April (68 Sekunden auf 200 Meter) für seine Leistung den Rennkajak der Nationalmannschaft.

Nach wenigen Monaten hat Dennis schon mehrere Medaillen gewonnen. | Foto: Dabitsch
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Trainer Klaus spornt ihn zu Bestleistungen an

"Ich war schon immer sportbegeistert, habe früher Fußball gespielt", erzählt der Kanute. Heute genießt er es, sich im Boot auszupowern. Trainer Klaus holt dabei das letzte Quäntchen aus ihm raus, spornt ihn immer wieder zu Bestleistungen an. Und Dennis nutzt jede Gelegenheit zu trainieren, ist bei Wind und Wetter auf der Ruhr, im Kraftraum des ESV-K Eisenbahner Sportverein Essen-Kupferdreh oder trainiert zu Hause. Er freut sich, bei den Eisenbahnern in Kupferdreh ein barrierefreies Gelände gefunden zu haben. "Das ist natürlich Voraussetzung für Para-Sportler." Der ESV-K hat jüngst eine Förderung für sein Projekt "Para-Kanu" erhalten: 8.000 Euro von den Stadtwerken Essen, damit Menschen wie Dennis den Kanusport betreiben können. "Wir möchten Menschen mit Behinderung die Teilnahme am Wassersport ermöglichen", bingt Sevinc Wennmann, Pressewartin des Vereins, den Gedanken hinter dem Projekt auf den Punkt.

Die Kids schauen zu Dennis auf

Davon profitieren auch die Vereinsmitglieder ohne Handicap, weiß Tim Bongartz: "Die Kids schauen zu Dennis auf, er motiviert sie mit seinem Trainingsfleiß." Zwei Goldmedaillen bei den Westdeutschen Meisterschaften über 200 und 500 Meter sowie eine Bronzemedaille bei den Norddeutschen Meisterschaften über 200 Meter sind nach den wenigen Monaten bereits der Lohn für Dennis. Er tritt in der Klasse 1 im Parasport an, das ist die Klasse für die Sportler mit den meisten Einschränkungen.

Immer ein Lächeln im Gesicht: Dennis Braun hat Spaß an seinem Sport. | Foto: Dabitsch
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Auch schon gekentert

So kann der Essener sein Kajak nicht mit den Füßen steuern, sondern muss die Richtung durch kleine Zwischenschläge beeinflussen. "Das kostet natürlich Zeit", sagt er. Auch, dass er seinen Körper nicht durch Gewichtsverlagerung stabilisieren kann, ist eine Herausforderung. Einmal, erzählt er, ist er gekentert. Das Wasser hatte einstellige Temperaturen, seine Mütze rutschte ihm ins Gesicht. "In dem Moment kam mir meine Feuerwehr-Erfahrung zu Gute. Ich geriet nicht in Panik, sondern befreite mich kopfüber von meinen Anschnallgurten." Einmal befreit, war Dennis fast in Sicherheit. Er kann sich mit den Armen über Wasser halten, die Schwimmweste unterstützt dabei. Ein Schreckmoment, der ihn nicht aufhalten kann.

Mit mehreren Gurten stabilisiert Dennis seine gelähmten Beine im Boot. | Foto: Dabitsch
  • Mit mehreren Gurten stabilisiert Dennis seine gelähmten Beine im Boot.
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Wie alles begann

Er paddelt weiter, plötzlich ruft er: "Da ist der Kanuverleih meines Cousins." Nachdem ein Urlaubsbekannter ihn auf die Idee zum Kanusport gebracht hatte, war es Dennis Cousin, der ihn mit aufs Wasser nahm. "Zuerst sind wir im Zweier-Kajak über die Ruhr geschippert, dann im Einer. Das war die Zeit, als ich die Idylle auf dem Wasser noch genießen konnte", sagt Dennis und grinst. Mit Trainer Klaus "im Nacken" rauscht die Landschaft an ihm vorbei, da geht es um Leistung. Genau das, was Dennis möchte - auf seinem Weg in die Nationalmannschaft.

Autor:

Miriam Dabitsch aus Velbert

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