Autor Dustin Paczulla ermöglicht in "Kampf ums runde Leder" interessante Einblicke
Hinter den Fußball-Kulissen
In die abgeschottete Welt des Profifußballs vorzudringen ist heute ein schwieriges Unternehmen. Wenn dies einem von außen kommenden 26-jährigen Mann auf eine sehr umfassende Weise gelingt, ist das ungewöhnlich. Dustin Paczulla hat nun ein Buch mit dem Titel "Kampf ums runde Leder" veröffentlicht. Auf 450 Seiten wird hier ein Blick hinter die Kulissen der Fußballwelt ermöglicht. Wir verlosen (Button siehe oben) zehn Exemplare.
Selbst ein "Knurrer" wie Schalkes Trainerlegende Huub Stevens beantwortete Paczullas Fragen. Der legendäre Hermann Gerland nahm sich viele Stunden Zeit. Wie ist es dem Assistenten der Geschäftsführung eines Unternehmens der Immobilienbranche und Torwarttrainer des Oberligisten TVD Velbert nur gelungen, an die Protagonisten der milliardenschweren Glitzerwelt heranzukommen?
"Neben meinem Beruf agiere ich vielfältig im Bereich Fußball, in der Vergangenheit auch außerhalb von Nordrhein-Westfalen. Ich war unter anderem im Nachwuchsleistungszentrum des SV Sandhausen tätig und habe beim VfR Mannheim als U17-Trainer gearbeitet", sagt Paczulla. Erste Kontakte entstanden. Und mehr. So zählt er den heutigen Trainer von Hannover 96, Kenan Kozak, seit gemeinsamen Zeiten beim VfR Mannheim zu seinen engen Freunden.
Beachtliches Netzwerk
Eine Art Initialzündung in Sachen Netzwerk markierte sicherlich ein Treffen mit Hermann Gerland, den sie beim VfL Bochum und beim FC Bayern München gleichermaßen verehren. Die Telefonnummer des Spieler-Entwicklers hatte er schon einmal. "Ich kontaktierte ihn über einen Messenger-Dienst, wir trafen uns Ende Dezember 2015 in Bochum. Hermann schenkte mir drei Stunden seiner wertvollen Zeit und ermöglichte mir eine einwöchige Hospitanz beim FC Bayern. Das war für den Aufbau meines Netzwerks einfach nur ein Jackpot", so Paczulla. Auch mit vielen anderen Menschen aus dem Profifußball, etwa dem früheren Trainer und Manager Helmut Schulte (heute für den VfB Stuttgart hinter den Kulissen tätig) oder Nürnbergs Stürmer Manuel Schäffler, steht der gebürtige und wohnhafte Mülheimer regelmäßig in Kontakt.
Bewegende Geschichten
Die aktuellen und auch früheren Profis hörten über die Netzwerke gutes über Paczulla und öffneten sich ihm auf teilweise bewegende Weise. Etwa wenn Florian Fromlowitz aus seiner Zeit als Bundesligatorwart von Hannover 96 erzählt. Fromlowitz erlebte den Suizid von Ex-Nationalkeeper Robert Enke hautnah. Er verbrachte viele Stunden gemeinsam mit dem ehemaligen Kollegen und musste nach dessen Tod funktionieren.
Neben vielen anderen "Kronzeugen" des Fußballs kommt im Buch auch Bernard Dietz zu Wort. Kapitän der Europameistermannschaft 1980, torgefährlichster Abwehrspieler der Bundesliga mit 77 Treffern, Mister MSV Duisburg, 495 Bundesligaspiele. Zigmal beschrieben, sogar einen Film gibt es über die Karriere jenes Mannes, den die Fußballwelt "Ennatz" ruft. Passend zum Buch, das Blicke hinter die Kulissen der Profi-Kickerei ermöglicht, haben wir Dietz gebeten, etwas zu drei Themen aus seinen drei Revierstationen zu erzählen, die nicht so häufig thematisiert wurden.
Wenn der Bekannte plötzlich der Trainer ist
Beim MSV Duisburg erlebte der heute 73-Jährige ein kurioses Interimstrainer-Engagement. Herbert Burdenski, Meisterspieler des FC Schalke 04 1940 und 1942, hatte zwischen 1969 und 1976 in der ersten Liga Rot-Weiss Essen und kurzzeitig Borussia Dortmund sowie Werder Bremen trainiert. Burdenski, im Hauptberuf Sportlehrer an einer Gelsenkirchener Schule, machte dies eher nebenher. Eine Art "Halbtagsjob", man stelle sich so etwas heute vor. Plötzlich stand er im Sommer 1977 für einige Wochen in Duisburg auf dem Trainingsplatz. "Er ersetzte seinen guten Bekannten, unseren Trainer Otto Knefler, der aufgrund eines Magendurchbruchs krankgeschrieben war. Budde war ein sympathischer Mensch, sehr kumpelhaft. Dass er bei uns einige Zeit als Vertretung tätig war, ist nahezu völlig in Vergessenheit geraten", sagt Dietz, der in dieser Saison beim 6:3 gegen Bayern München mit vier Toren am 5. November 1977 eine Sternstunde seiner Karriere erlebte. Da war Knefler wieder im Amt, nur kurz allerdings. "Er hat wohl zu früh wieder angefangen und schied dann im Winter endgültig aus. Wir hätten gern mit ihm weitergemacht, er war ein toller Mann. Ich habe ihn später noch oft besucht", blickt Dietz zurück. An "Buddes" Einsatz an der Wedau erinnert sich dagegen kaum noch jemand, selbst das Datencenter des Deutschen Fußball-Bunds listet für die betreffenden Spiele den krankgeschriebenen Knefler als Trainer auf.
38-Jährigen durch 41-Jährigen ersetzt
Zwischen 1982 und 1986 lief Bernard Dietz im Schalker Trikot auf. Kurz vor dem Ende seiner Laufbahn im Spätherbst 1986 kam es zu einer kuriosen Situation. Rolf Schafstall, seit Juli 86 Schalke-Trainer, setzte den seinerzeit 38-jährigen vormaligen Stammspieler Dietz beim Saisonstart in Leverkusen auf die Bank. Für ihn spielte der 41-jährige Klaus Fichtel, wenige Tage vor seinem Abschiedsspiel. Dietz kam in der 50. Minute in die Partie, die für Schalke 2:4 verloren ging. Trotz der erfahrenen Innenverteidigung mit zusammen 79 Jahren auf dem Buckel. "Ich kannte Schafstall aus Duisburg, dort hatten wir ein gutes Verhältnis. Als er dann auf Schalke antrat, merkte ich gleich, da stimmt was nicht. Irgendwie hatte er mich auf dem Kieker, keine Ahnung warum. Der Klaus Fichtel, auch ein Super-Typ, fühlte sich auch nicht wohl damit, dass er nun statt mir spielte", hat Dietz bis heute keine Antwort auf den Grund der Degradierung durch Schafstall. Fichtel absolvierte die ersten drei Punktspiele bis zu seinem Abschiedskick, erst in der folgenden Partie lief wieder Dietz in der Startelf auf. In der Woche nach seiner letzten Bundesligapartie am 8. November zog er sich im Training einen Innenbandriss zu. Dietz: "Ich wurde operiert, lag im Krankenhaus. Vom Trainer keine Spur, der hatte wichtigeres zu tun. Da spürte ich, das wars jetzt."
"Ich gehe jetzt nach Hause"
Als Nachwuchstrainer machte sich der Vorzeigesportler später beim VfL Bochum einen Namen, brachte viele seiner Jungs in den Profifußball. Zwischen Oktober und Dezember 1999 sprang er dort einmal als Interimstrainer bei den Profis ein. Im Juli 2001 übernahm er das Regiment des Zweitligakaders. "Ich habe schnell gemerkt, dass es mein größter Fehler war. Es wurden Leute verpflichtet, ohne mit mir Rücksprache zu halten. Es wurden von einigen Spielern Sperenzchen an den Tag gelegt, die mir überhaupt nicht passten. Insbesondere mit dem aus Berlin hinter meinem Rücken zurückgeholten Dariusz Wosz hatte ich da meine Probleme", erinnert sich Dietz. Nach einem 1:1-Unentschieden daheim gegen Greuther Fürth am 30. November warf er hin: "Wenn Spieler sich beim Präsidenten ausweinen können und dort Gehör finden ist das nix. Bochum-Boss Werner Altegoer verlangte, dass Wosz Kapitän wird. Da bin ich aufgestanden und habe gesagt, ´ich gehe jetzt nach Hause´. Altegoer war verdattert und wollte wissen, wie ich das meine. `Sie können sich alles sparen. Gehalt, Abfindung und weitere Worte`. Damit war das Kapitel Bochum für mich beendet."
Autor:Marc Keiterling aus Essen |
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