Erinnerungen einiger Redakteure des Verlages an sehr spezielle Feiertage
Wie war's zur Weihnacht?
Speziell an das Weihnachtsfest zu Kindertagen denkt der Mensch vermutlich besonders gern zurück. Aber auch andere sehr besondere Begebenheiten bleiben in der Erinnerung haften. An dieser Stelle erinnern sich Redakteure dieses Verlages an einprägsame Feiertage.
Weiß-Graue Weihnacht
Exakt zehn Jahre ist es her, als die Sehnsucht nach der weißen Weihnacht selbst in unserer Region erfüllt - oder besser übererfüllt - wurde. Der Dezember 2010 war ohnehin schon eine ungewöhnlich kalte Angelegenheit. Und dann begann es einige Tage vor dem Fest feste zu schneien.
Unsere Planung sah für Heiligabend die Reise zu den Schwiegereltern aus Oberhausen ins rund 300 Kilometer entfernte Reinsfeld im Hunsrück vor. Je näher der Tag rückte, umso mehr schwante uns: das könnte eine üble Fahrt werden. Am Morgen des heiligen Abends dann wurde es immer deutlicher: Fahren praktisch ausgeschlossen. Der ÖPNV in Oberhausen war bereits zur Gänze eingestellt, auch auf den Autobahnen ging laut Verkehrsfunk nix mehr.
Nach einem Telefonat mit Reinsfeld - dort waren sie auf 500 Metern Seehöhe kurz vor dem Einschneien - war die Entscheidung gefällt: Wir lassen den Schlitten im Stall. Stattdessen begaben wir uns auf einen Spaziergang durch das intensive Schneetreiben im Norden der Stadt und staunten ob der Höhe der weißen Pracht.
Wieder daheim den Glühwein erhitzt, kuschlig auf dem Sofa - und da fiel es uns ein: Der Kühlschrank gibt nichts her, schließlich waren die Feiertage ja ortsabwesend geplant. Da wir dies völlig verdrängt und am Vormittag keinen Einkauf getätigt hatten, bestand das karge Menü für den Abend aus Graubrotschnitten mit übersichtlichen Belägen. "Weiß-Graue" Weihnacht - aber endlich mal nicht "Überfressen" zum heiligen Fest. Man muss das Positive sehen...
Marc Keiterling
Christkind "taub"
Ich hatte meinen Wunschzettel für das Christkind doch wirklich mit Sorgfalt geschrieben - jedenfalls so, wie man es im Alter von fünf Jahren macht. Doch irgendwie war der bis zu diesem nicht durchgedrungen.
Heiligabend 1969 kam ich sehr aufgeregt vom traditionellen Spaziergang zurück. Mein Vater "musste kurz weg", und die Glastür zum Wohnzimmer war mit einem Handtuch verdeckt. Das war das Zeichen, dass gerade das Christkind da ist, um die Geschenke zu bringen. Sicher auch den von mir gewünschten Fußball. Ich wartete in der Küche, und endlich klingelte das Glöckchen. "Kurioserweise" war mein Vater auch wieder da und schloss die Tür auf.
Ich suchte nach einem runden Geschenk, doch nirgendwo schien sich ein Fußball zu verbergen. Stattdessen war das Christkind offenbar ein wenig "taub" und hatte etwas Quadratisches eingepackt. Es war eine nagelneue Orgel. Ich war vom Christkind enttäuscht.
Erst Jahre später konnte ich begreifen, dass "das Christkind" meine musischen Fähigkeiten mit diesem Geschenk fördern wollte. Ein Jahr später schien mein Wunschzettel wieder aufgetaucht zu sei: Weihnachten 1970 gab es einen richtigen Lederfußball.
Thomas Knackert
Volle Hütte
Platz ist bekanntlich auch in der kleinsten Hütte. Wie wahr, wenn ich an Weihnachtsfeiern in den 1970er Jahren denke.
Traditionell traf sich die ganze Familie am Nachmittag des ersten Weihnachtstages bei Oma. Die war sowas wie das Familienoberhaupt, war früh verwitwet und wohnte normalerweise allein auf 55 Quadratmetern in Essen-Stoppenberg. Doch einmal im Jahr wurde ihre Hütte so richtig voll. Im Wohnzimmer war eine Kaffeetafel eingedeckt, im Kinderzimmer eine zweite. In beiden Räumen stand jeweils eine Couch, auf der sich zumeist die Kinder drängten. Woher die ganzen Stühle für die Erwachsenen kamen, ist mir bis heute ein Rätsel.
Angesichts bescheidener Verhältnisse fand die Bescherung im Schlafzimmer statt, doch die Tür war zunächst verschlossen. Die Ungeduld wuchs mit jeder Minute. Als dann nach dem Kuchenessen ein Glöckchen läutete und der Onkel endlich den Schlüssel herausrückte, durften wir Kinder rein. Die Augen leuchteten, Geschenke wurden ausgepackt.
Oma war derweil schon wieder in der Küche verschwunden. Schließlich musste sie noch den Geflügelsalat und den Heringssalat fürs Abendessen abschmecken.
Michael Köster
Bregen vom Kalb
Traditionen leben von Ritualen und der Gewohnheit – alles muss so sein wie immer, sonst klappt es nicht. Da bildet Weihnachten keine Ausnahme. Seit ich mich erinnere, war Heiligabend in meiner Familie eine wunderbar glitzernde Schneekugel, in der sich immer wieder die gleichen Bilder abspielten: Baum schmücken, Kevin allein zu Haus, Kirche, Bescherung und natürlich Braten mit Bohnen und Kartoffelbrei. Ach, was war das für ein leckerer Braten! Alle Jahre wieder, und dann noch köstliche Bohnen dabei und den besten Kartoffelbrei, den man sich nur wünschen kann.
Aber dann kam Weihnachten 2001. Ich war jetzt 14, und meine Eltern hatten entschieden, dass dieses Jahr etwas radikal Neues probiert werden sollte. Statt Kevin und Kirche bei 15 Grad und Regen stand auf einmal Schneespaziergang in einer bajuwarischen Winterwelt auf der Agenda. Ein Traumidyll aus dem Reisekatalog, für mich trotzdem ein Debakel. Eine waschechte Weihnachtskatastrophe, die ihren traurigen Höhepunkt mit dem Abendessen erreichte.
Das Hotel servierte nämlich für teures Geld ein hochfestliches Drei-Gang-Menü, garniert mit den edelsten und ausgefallensten Speisen. Ich erinnere mich an geschäumtes Zucchini-Eis, urwüchsige Salatblätter und drei kleine Wachteln, die aus toten Augen zu mir heraufglotzten. Also nichts, das meinem geliebten Weihnachtsmahl im Ansatz ähnelte. Die einzige Alternative, die das Hotel mir anbot, nahm ich dankend an, ohne zu wissen, was ich da bestellte. Das Gericht bestand maßgeblich aus gräulichen Stücken und war auf der Karte als "Bregen vom Kalb" ausgewiesen.
Googeln Sie ruhig mal, was das ist. Ich kann Ihnen versichern: Nichts, was man einem 14-Jährigen auftischt, der sich kurz davor nicht an die toten Wachteln getraut hatte. Und schon gar kein Braten mit Bohnen und Kartoffelbrei.
Jens Steinmann
Als es einsam wurde
Genau einmal gab es bei uns an Heiligenabend Nudelauflauf - aus Mangel an Alternativen. Nein, es lag nicht an fehlendem Geld oder unserer Vergesslichkeit. Vielmehr waren "äußere Einflüsse" Schuld an diesem besonderen "Festtagsschmaus".
Es war nämlich das Jahr 2010, die Region versank im Schnee, bei uns zu Hause im Niederbergischen noch mehr als im Ruhrgebiet. Und weil es auch am Heiligen Abend den ganzen Tag nicht aufhören wollte, klingelte nachmittags das Telefon. Absage für den Abend: "Ich komme nicht durch. Feiert ohne mich!" Blöd nur, dass wir Arbeitsteilung vereinbart hatten: Mein Mann kümmerte sich um die Vorspeise, eine Suppe. Zwei Verwandte wollten den Hauptgang beziehungsweise das Dessert mitbringen. Den Nachtisch mussten wir abschreiben. Der kam auch nicht durch. Egal, wer braucht schon drei Gänge?
Wenig später wieder ein Anruf: "Wir wissen nicht, wo wir unser Auto abstellen sollen. Und zu Fuß bekommen wir den Hauptgang nicht transportiert." Okay, die nächste Absage. Langsam wurde es einsam - auch für den Magen. Nur eine Suppe war uns zu wenig. Wir durchstöberten unsere Vorratskammer - gähnende Leere wie in unserem Wohnzimmer. Letztlich klaubten wir noch Zutaten für einen Nudelauflauf zusammen. Unser erster und hoffentlich einziger Nudelauflauf an Weihnachten.
Miriam Dabitsch
Autor:Marc Keiterling aus Essen |
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