Madeira: Haute Couture-Handwerk

Stickerei vom Feinsten

Echte Handarbeit wie vor 100 Jahren: Besucher, die die Stickerei "Bordal – Bordados da Madeira" in der Rua Dr. Fernão de Ornelas, 77, mitten in Funchal betreten, fühlen sich direkt in ein anderes Jahrhundert versetzt. Wer sich intensiver mit der Historie dieses Traditionsunternehmens beschäftigt, wird erstaunt sein, ließen hier doch bereits die Herzogin von York, Sarah Ferguson, für ihre Tochter und Modezar Karl Lagerfeld für seine Haute Couture-Schau Sommer 2015 hochwertige Stücke fertigen.

Von Andrea Becker

Der Eingang an der Rua Dr. Fernão de Ornelas, 77, ist eher klein und unscheinbar. Ein Schaukasten zur rechten zeigt das Angebot von feinsten Stickereien, die die Bereiche Tisch, Bett und Baby abdecken. Eine alte Holztreppe führt den Besucher in die obere Etage und hier in der "Fabrik" zeigt sich die ganze handwerkliche Pracht.
Seit 2013 wird der „Historische Rundgang der Madeira-Stickerei“ angeboten und ermöglicht Laien einen Blick hinter die handwerklichen Kulissen: Gab es vor 100 Jahren noch rund 100 Unternehmen dieser Art auf Madeira, so kann man sie heute an einer Hand abzählen.
Eine Bordal-Mitarbeiterin erklärt derweil die verschiedenen Phasen der Stickereiproduktion und man kann den Herstellungsprozess von diversen Tischdekorationen live miterleben.
"Momentan gibt es 300 Näherinnen, die für das Unternehmen in Heimarbeit arbeiten. Die Jüngste ist 54 Jahre, die Älteste rund 90 Jahre alt. Viele Näherinnen arbeiten schon seit Jahrzehnten bei uns", erläutert die Assistentin. Insgesamt gibt es fünf verschiedene Bereiche, die Stickereien für "Ladies", Kinder, Bettwäsche, Bad- und Tischwäsche anfertigen.

Auftragsstücke in Vitrinen ausgestellt

Verarbeitet werden nur Leinen, Organza und Baumwolle, die mit 15 Sticharten verziert werden. "Alles ist reine Handarbeit und wird so gefertigt, wie vor 100 Jahren. Die einzige Ausnahme ist der Saum, dieser wird mit der Maschine genäht." Um die wertvollen Stücke zu erstellen, erhalten die Näherinnen entsprechende Vorlagen, die sie dann im "Homeoffice" kunstvoll sticken. Manche Tischdecken sind so aufwändig, dass sie rund ein Jahr handwerkliches Geschick benötigen, bevor sie dem Kunden als Tischdeko zur Verfügung stehen. Handwerk und Qualität haben ihren Preis und so können die bestickten Schmuckstücke auch gut und gerne einmal mehrere 1.000 Euro kosten. Apropos, Qualität: Auch die Herzogin von York, Sarah Ferguson, hat im Jahr 1988 die Einkleidung ihrer ersten Tochter, Princess Beatrice, in Auftrag gegeben. In einer Vitrine im zweiten Stock können die Stücke in Form von Bettwäsche, Kindersachen und Nachthemd samt Anleitung begutachtet werden.
Und auch "Modezar" Karl Lagerfeld wusste die hochwertige Madeira-Handarbeit zu schätzen, ließ er doch für seine Haute Couture-Sommerkollektion 2015 im Jahr 2014 verschiedene Stickereien für seine Kreationen nähen, die man als "Chanel"-Liebhaber ebenfalls vor Ort besichtigen kann. Natürlich gibt es dazu auch noch eine passende Anekdote: "Karl Lagerfeld oder seine Assistentin kamen jeden Freitag hierhin, um die Stiche beziehungsweise die Arbeiten zu begutachten. Sobald ein Stich nicht richtig saß, musste alles korrigiert und neu gemacht werden. Die Chefin war teilweise am Rande des Wahnsinns, weil diese Arbeit so anstrengend und die Details so aufwändig waren."

Tradition bewahren

Zu guter Letzt dürfen die Besucher noch die besondere Handfertigung der Richelieu-Stickerei  bestaunen. Diese ist eine Lochstickerei, in der die einzelnen Musterelemente durch Verbindungsstiche miteinander verbunden werden. Je nach Größe benötigen die Näherinnen bis zu sechs Monate, um Muster der Stickerei Richelieu umzusetzen. 
Die Madeira-Stickerei ist ein Teil der Geschichte und bis heute in jedem madeirischen Haus verwurzelt.