Plastikmeer und grüne Lunge in Andalusien
In El Ejido wachsen unsere Tomaten

Der Hafen von Almerimar. | Foto: Michael Köster
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Wer in der südspanischen Region Andalusien unterwegs ist und sich der Küstenstadt El Ejido nähert, der ist entsetzt ob der Gewächshaus-Landschaft, die sich da zwischen Autobahn und Mittelmeerstrand auftut. Plastikhäuser soweit das Auge reicht. Ein Schandfleck, aber zugleich die grüne Lunge der Costa Almeria. Von hier kommen im Winter die Tomaten, die bei uns auf dem Teller landen.

Die Provinz Almeria im Schatten der Sierra Nevada gilt als Halbwüste. Dennoch wird zwischen den mehr als 3.000 Meter hohen Gipfeln und dem Meer seit mehr als 70 Jahren Gemüse angebaut, liegt doch unter der Erde ein System unterirdischer Flüsse. Hinzu gesellten sich wichtige Faktoren wie Bodenfeuchtigkeit, Mikrothermik und Versalzungsresistenz. Ein Problem war in den Anfangsjahren der Wind, der in wenigen Stunden alles zerstörte. So wurden in den 1960er Jahren die ersten Gewächshäuser gebaut.

Riesiger Wirtschaftszweig

Was einst bescheiden begann, ist schon lange ein riesiger Wirtschaftszweig. Über 31.000 Hektar erstrecken sich die Gewächshäuser in der Provinz Almeria, allein 13.000 Hektar sind im Stadtgebiet von El Ejido angesiedelt. Rund 15.000 Eigentümer bauen hier Tomaten, Paprika, Gurken, Auberginen, Zucchini, Wassermelonen und Bohnen an.
Lola Gomez ist Eigentümerin des Familienunternehmens Clisol. Vor 20 Jahren hat sie sich entschieden, ihre Gewächshäuser in El Ejido für Touristen zu öffnen. Drei Familienmitglieder und sechs Erntehelfer sind dort beschäftigt. „Im Winter wird zweimal im Monat geerntet, im Mai dreimal in der Woche“, erklärt sie. Jährlich vier Millionen Tonnen Gemüse werden über die Lebensmittelhandelskette Vicasol vertrieben.
Die Temperatur in den Gewächshäusern, deren Plastikdächer wegen der Sonneneinstrahlung alle drei Jahre ausgetauscht werden müssen, beträgt nachts immer 13 bis 14 Grad - auch wenn es im Winter draußen deutlich kühler ist. „Das ist die perfekte Balance, damit das Gemüse schmeckt“, sagt Lola Gomez, die vor 15 Jahren auf Bio-Landwirtschaft umgestellt hat. Um Pestizide zu verhindern, wurden früher teure chemische Hilfsmittel eingesetzt. Nun werden Marienkäfer gekauft, die Blattläuse fressen, auch Spinnen kommen zum Einsatz, und 800 Hummeln schwärmen aus, um die Tomatenpflanzen zu bestäuben. Ein Computer rechnet aus, wann und wieviel Wasser für die Pflanzen gebraucht wird.

Nachhaltigkeit im Tourismus

Doch nicht nur in der Landwirtschaft ist Nachhaltigkeit immer mehr ein Thema, auch im Tourismus trägt El Ejido dem Zeitgeist Rechnung. In der zum Gemeindegebiet gehörenden Hafenstädtchen Almerimar ist ein landwirtschaftliches Erlebniszentrum geplant, die Strandpromenade soll bis zum westlichsten Stadtrand Guardias Viejas verlängert werden. „Rund um die dortige Burg herum soll ein mediterraner Garten mit Gastronomie entstehen“, sagt Tourismusdirektor Kristian Kamplade, der aus Essen-Burgaltendorf stammt und mit einer Spanierin verheiratet ist. Am östlichen Stadtrand von Almerimar ist ein Naturreservat mit Wander- und Radwegen geplant. In der Saline nahe des Torre de Cerrillos kann man schon jetzt Flamingos bewundern.
Im Hafen von Almerimar hat Jesus Corzo sein Bootstour-Büro. Er bietet Fischereiausflüge, aber auch sanfte Tauchgänge an „Viele Deutsche kommen hierher zum Tauchen“, erklärt er. Nur wenige hundert Meter entfernt am Strand betreibt der dreifache Weltmeister Victor Fernandez seine Surfschule. Nur wenige Deutsche, dafür aber umso mehr Skandinavier steigen im Golfhotel Almerimar ab. Schon frühmorgens stehen sie auf den architektonisch anspruchsvollen 18-Loch-Court mit Blick auf die Sierra Nevada am Abschlag.
Wer es ruhig und beschaulich mag oder der Sommerhitze entfliehen will, der besucht den botanischen Garten in Balerma. Mitten in der kargen Wüstenlandschaft haben Carlos und Manu eine frühere Mandarinenplantage zu einem Paradies mit 1.800 verschiedenen Pflanzen umgebaut. Die Leidenschaft von Pepe Moreno sind eher alte Autos und Motorräder, die in seinem Privatmuseum in El Ejido zu besichtigen sind.

Autor:

Michael Köster aus Essen

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