Weltwunder aus Stein, Holz und Glas
Die Kathedralen, wahre Meisterwerke
Die meisten mittelalterlichen Kathedralen versetzen uns heute noch in Erstaunen. Kathedralen faszinieren Gläubige und Ungläubige, denn auch als Atheistin bin ich mitgerissen von der Mächtigkeit und Höhe, der zu Gottes Ehrung entstandenen Architektur. Gleichwohl seit dem 8. Jahrhundert viele Revolutionen, Brände, Kriege durch die Kathedralen zogen, ist es doch bemerkenswert daß sie im Gegensatz zu Schlössern und Palästen, teilweise natürlich durch Wiederaufbau, überdauert haben.
Frankreich übernahm in der Übergangszeit von der Romanischen Epoche zur Gotischen Epoche eine Vorreiterrolle. Beschwingte aufsteigende Linien, Schmuckformen, Fensterrosen, Rippengewölbe im Flamboyant Stil (flammend nach oben strebend) sowie Buntglasfenster prägen die Hochgotik.
Für Abt Sugar ein Kirchenfürst und Staatsmann (1081-1151) war es das Licht welches sich in der Architektur manifestieren sollte. Angeregt von Pilgern, die ihn von der Hagia Sophia und deren Kuppel erzählten, welche von 40 kleinen Fenstern erleuchtet ist, prägte er den neuen Stil: Die Gotik.
Die Hagia Sophia ( für mich eine der schönsten Kirchen) heißt Heilige Weißheit.
Sie wurde 537 n. Chr. gebaut, ein halbes Jahrhundert unterstand die Kirche päpstlicher Autorität, sie war also für lange Zeit die Hauptkirche des Christentums.
1435 mit der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen wurde die Kirche als Moschee deklariert und mit vier Minaretten bestückt.
1931 durch Atatürk’s Reformen zu einem Museum und unter Recep Tayyip Erdogan wieder zu einer Moschee umbenannt.
Das Kircheninnere ist beeindruckend, eine große Halle mit einer gigantischen Kuppel, Arkaden, Galerien, Apsiden, Triforium man weiß gar nicht wo man zuerst hinschauen soll.
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Die letzte Blüte erlebte die Gotik im 16. Jahrhundert unter anderem in Rouen.
Hier entstand an der Westfassade ein prächtiges Flamboyant Meisterwerk, was Claude Monet in seinen Bann zog.
Er versuchte die unterschiedlichen Stimmungen einzufangen „ Jeden Tag entdecke ich etwas, was ich am Tag zuvor noch nicht gesehen habe.“ Claude Monet
Die Notre-Dame in Rouen ist über das Ziel hinausschießend, extrovertiert ja schon fast überschwänglich.
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1149 wurde nach einem Brand die Notre-Dame de Chartres wieder aufgebaut.
Der Übergang zwischen dem romanischem und gotischem Stil wurde sehr gut erhalten.
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Die Notre-Dame de Reims konnte nach dem ersten Weltkrieg, durch den französischen Architekten Henry Deneux 1918 und dem Geld der Familie Rockefeller restauriert werden.
1938 wurde die Kathedrale durch den zweiten Weltkrieg erneut übel zugerichtet.
1962 diente die wieder hergestellte Westfassade zwischen General de Gaulle und dem Bundeskanzler Konrad Adenauer eine Kulisse der Versöhnung.
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Antoni Gaudi entwarf 1883 die Sagrada Familia nach Vorbildern der Natur, wo man keine rechten Winkel geschweige den gerade Linien findet.
Er betäubte Tiere um Gipsabdrücke von Ihnen zunehmen und ging sogar soweit das er sich menschliche Fehlgeburten als Modelle beschaffte. Walter Gropius bezeichnete die Sagrada Familia als ein in Stein symbolisierter Geist.
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Im Februar 1945 kurz vor Kriegsende versuchte die Royal Air Force, Dresden mit Brandbomben in Schutt und Asche zulegen.
Zu DDR Zeiten blieb die Ruine der Frauenkirche ein Mahnmal.
Erst drei Jahre nach der Wiedervereinigung 1993, wurde durch eine internationale Spendenaktion der Wiederaufbau der Kirche begonnen. Dazu dienten Hochzeitsfotos vor dem Hauptportal, aus der Sankt Petersburger Eremitage das geliehene Gemälde von Bernardo Bellotto.
Der Innenraum gleicht mit seinen Pastelltönen und den Rängen einem pompösen Theater.
Die Weihe fand 2005 statt.
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Anders als Kirchen sind Kathedrale selten von Friedhöfen, Feldern, Gärten umgeben sondern eher von Plätzen mit angehender Bebauung einer Stadt. Man könnte fast sagen das eine Kathedrale einer Stadt ewiges Leben einhaucht.
Der Erfurter Dom mit der benachbarten Severikirche entstand im 14. Jahrhundert. Hier befindet sich die größte mittelalterliche Glocke, die Gloriosa.
https://m.youtube.com/watch?v=YZXnSLR4wiI
Auch wurde der junge Martin Luther 1507 zum Priester geweiht.
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Das Sankt Paul’s Cathedral in London ist das wichtigste Gotteshaus Großbritanniens.
Schauplatz wichtiger Zeremonien zum Beispiel die Trauung von Lady Diana Spencer und Prinz Charles 1981, das Thronjubiläum Königin Elisabeth II 2002. Leider wird sie immer mehr von Bürotürmen, Hotelanlagen erdrückt.
Als 1666 das große Feuer in London ausbrach war nicht mehr viel von ihr übrig. 1711 wurde sie endlich in Form einer barocken englischen Diva fertig gestellt.
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Der Petersdom ist mit der Hagia Sophia einer der größten Bollwerke der Christenheit.
Kein geringerer als Lorenzo Bernini, ein Meister des Barockstils und der optischen Täuschung, versah den Petersdom mit Kolonaden die durch dorische Säulen umrahmt wurden. Ein Synonym für eine Umarmung Mutter Gottes.
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Last, but not least was für mich noch unbedingt hierher gehört ist die 966 nach Christus errichtete romanische Kirche auf dem Le Mont-Saint-Michel.
Die Benediktinermönche gestalteten bis in das 15. Jahrhundert eine großartige Klosteranlage die große Pilgerströme anlockte.
Im Zusammenhang mit der französischen Revolution wurde die Abtei in ein abscheuliches Gefängnis umgestaltet, erst 1966 gibt es in dem Kloster Mont-Saint-Michel wieder Ordensleute.
Im 12. Jahrhundert erlebte die Verehrung der Jungfrau Maria in den Kirchen einen ungeheuren Aufschwung. Maria von Nazareth wurde als Gegenpol der gewalttätigen grausamen Welt wahrgenommen.
Die Zahl der Gottesdienstbesuche nehmen in einer Kathedrale statistisch eher zu. Das hängt sicherlich mit der attraktiv gewordenen Historie der umgebenden Gebäude, also dem Stadtkern, als auch einer gewissen Anonymität, einem ruhigen Rückzugsort wo man Alltag, Stress und Lärm hinter sich lassen kann. Mittlerweile ist es durchaus üblich das man in Kathedralen Shops, Bibliotheken findet und 2021 hat man sie als Ort für die Corona-Impfungen genutzt.
Wer mehr erfahren möchte dem kann ich unbedingt von Simon Jenkins „ Die 100 schönsten Kirchen und Kathedralen Europas" empfehlen. Dieses Buch hat mich inspiriert und diente mir teilweise als Quelle.
Autor:Katrin Fischbach aus Essen |
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