Experten-Kompass zum Familienrecht
"Muss meine Ex-Frau wieder Vollzeit arbeiten?"

Der Experten-Kompass ist eine exklusive Veranstaltung für unsere Leser.  | Foto: Grafik dab/Canva
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  • Der Experten-Kompass ist eine exklusive Veranstaltung für unsere Leser.
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Wenn Ehepaare auseinander gehen, geschieht dies oft im Streit. Eine sofortige Scheidung ist bis auf wenige Härtefalle aber nicht möglich. Erst nach Ablauf eines Trennungsjahres kann der Scheidungsantrag gestellt werden.

Diese Zeit sollte genutzt werden, um den eigenen Scheidungswunsch noch einmal zu prüfen und um mit dem Ex-Partner rechtliche Regelungen für die Zeit bis zur Scheidung und danach zu finden. Ein schnelles Scheidungsverfahren ist nur möglich, wenn sich beide Ex-Partner weitestgehend einig sind. Rechtsanwälte haben daher auch die Aufgabe, zu vermitteln und Spannungen abzubauen.

Viele Fragen wurden beantwortet

Unsere Online-Veranstaltung mit zwei Experten der Schleswig-Holsteinischen Rechtsanwaltskammer hat gezeigt, dass es rund um die Themen Trennung, Scheidung und Unterhalt noch viel Informationsbedarf gibt. Nachfolgend stellen wir eine Auswahl der wichtigsten Leserfragen, die im Rahmen des "Experten-Kompass" gestellt wurden, sowie der Antworten der Rechtsanwälte Anja Marquardsen (Barsbüttel) und Dr. Jürgen Krüger (Flensburg) vor:

Anja Marquardsen ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht aus Barsbüttel bei Hamburg. Sie ist Vorstandsmitglied der Schleswig-Holsteinischen Rechtsanwaltskammer. | Foto: Foto: Carlos Kella
  • Anja Marquardsen ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht aus Barsbüttel bei Hamburg. Sie ist Vorstandsmitglied der Schleswig-Holsteinischen Rechtsanwaltskammer.
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Wie hoch muss der Einkommensunterschied sein, um vor Gericht Trennungsunterhalt zu bekommen?

Trennungsunterhalt kommt immer dann in Betracht, wenn das Einkommen des einen Partners höher ist als das Einkommen des Ehegatten, der den Unterhalt verlangt. Aufgabe des Anwalts ist, unterhaltsrechtliche Einkommen beider Ehegatten genau zu berechnen. Hierbei reicht es nicht, das Einkommen aus den Gehaltsabrechnungen der Ehegatten heranzuziehen. Vielmehr sind oft weitere Einkommensbestandteile und auch Abzüge zu berücksichtigen.

Ich habe seit Beginn der Trennung vergeblich Unterhalt für unsere gemeinsamen Kinder verlangt. Bekomme ich den Unterhalt rückwirkend, wenn ich jetzt einen Anwalt einschalte?
Ja, sofern Sie Ihrem Ex-Partner hinreichend klar und deutlich gemacht haben, dass und ab wann Sie Unterhalt fordern. Am Anfang, wenn die endgültige Unterhaltshöhe oft noch nicht feststeht, ist auch eine Auskunftsaufforderung, zum Beispiel in Bezug auf die Gehaltsabrechnung, ausreichend. Der Anspruch auf Kindesunterhalt gilt ab dem ersten Tag des Monats, in dem der Unterhaltschuldner zur Zahlung eines konkreten Betrages oder zur Auskunftserteilung über sein Einkommen aufgefordert worden ist.

Ich möchte unser gemeinsames Haus verkaufen, meine Noch-Ehefrau jedoch nicht. Was kann ich tun?
Bevor Sie rechtskräftig geschieden sind, können Sie nur auf Ihre Ex-Partnerin einwirken. Nach Rechtskraft der Scheidung kann der „unteilbare“ Gegenstand im Zuge einer Teilungsversteigerung „teilbar“ gemacht werden. Dabei handelt es sich um eine Zwangsversteigerung, die Sie auch gegen den Willen Ihrer (dann) Ex-Frau durchsetzen können. Der Erlös wird hälftig unter Ihnen aufgeteilt, sofern Sie beide je zur Hälfte Eigentümer des Hauses waren. In aller Regel ist eine Teilungsversteigerung finanziell keine sinnvolle Idee, da deutlich geringere Beträge als bei einem einvernehmlichen Verkauf erzielt werden.

Dr. Jürgen Krüger ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht sowie Notar mit Amtssitz in Flensburg. Er ist Vorstandsmitglied der Schleswig-Holsteinischen Rechtsanwaltskammer. | Foto: Dr. Krüger
  • Dr. Jürgen Krüger ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht sowie Notar mit Amtssitz in Flensburg. Er ist Vorstandsmitglied der Schleswig-Holsteinischen Rechtsanwaltskammer.
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Können wir den Versorgungsausgleich einvernehmlich „unter uns“ regeln?
Sie können gemeinsame Regeln zum Versorgungsausgleich, also zum Ausgleich der Rentenansprüche aus der Ehe, festlegen. Beispielsweise könnten Sie den Nichtausgleich einzelner Rechte vereinbaren oder in einigen Fällen komplett verzichten. Regelungen zum Versorgungsausgleich müssen immer von einem Notar beurkundet oder gegebenenfalls von einem Gericht protokolliert werden. Es gibt jedoch enge Grenzen: Der Gesetzgeber gibt vor, dass beide Ex-Partner für das Alter abgesichert sein müssen, wenn sie aus der Ehe gehen. Das Familiengericht hat hier eine Prüfaufgabe und kann sich jede getroffene Vereinbarung noch einmal anschauen.

Mein Mann hat während unserer Ehe erfolgreich einen Betrieb aufgebaut und ich habe die Kinder betreut. Ist ein Zugewinnausgleich überhaupt möglich?
Prinzipiell setzt ein Zugewinnausgleich, der Ausgleich des in der Ehe hinzugewonnenen Vermögens, den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft voraus. Dann ist es möglich, den Zugewinn beim Wert des Betriebs durch einen Sachverständigen schätzen zu lassen. Ihre Rechtsanwälte sollten versuchen, eine vermittelnde Regelung ohne das Gericht zu erzielen. Anschließend muss ein Notar die Regelung in einer Scheidungsfolgenvereinbarung fixieren.

Gehört das Trennungsjahr noch zum Zugewinn?
Grundsätzlich berücksichtigt der Zugewinnausgleich auf den Tag genau die Zeit zwischen der Eheschließung und der Zustellung des Scheidungsantrags. Aber wenn ein Ex-Partner behauptet, dass sein Vermögen zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags geringer war als zum Zeitpunkt der Trennung, muss er nachweisen, wie es dazu gekommen ist. Andernfalls nimmt das Gericht eine Benachteiligungsabsicht an. So will der Gesetzgeber finanziellen Missbrauch im Trennungsjahr verhindern, also dass sich ein Ex-Partner absichtlich ärmer macht oder Werte beiseiteschafft.

Kann meine Frau im Hinblick auf den nachehelichen Unterhaltsanspruch verpflichtet werden, von ihrer Arbeit in Teilzeit auf Vollzeit zu wechseln?
Wenn keine kleinen Kinder mehr betreut werden, muss die Erwerbstätigkeit im Regelfall schon während der Trennung ausgeweitet werden und umso mehr nach der Scheidung. Entscheidend ist, ob es gemeinsame Kinder gibt und wie alt diese sind. Ist eine Fremdbetreuung gut möglich, muss jeder seinen eigenen Unterhalt so gut wie möglich selbst bestreiten. Daneben kann dann noch ein Anspruch auf Unterhalt bestehen.

Wir leben bereits in getrennten Wohnungen, sind uns aber mit der Scheidung noch unsicher. Müssen wir das trotzdem dem Finanzamt melden?
Sie müssen eine Trennung zum 1. Januar des direkten Folgejahres dem Finanzamt melden und in die Steuerklasse 1 oder 2 wechseln. Dies gilt auch, wenn die Scheidung erst einige Jahre später erfolgt. In der Regel gestatten Finanzämter einen ernsthaften Versöhnungsversuch mit der Folge, dass Sie noch einmal die günstigeren Steuerklassen wählen können. Dieser gemeldete Versuch muss aber nachvollziehbar sein.

Was kostet eigentlich eine Scheidung?
Das kommt auf den Einzelfall an. Rechtsanwälte berechnen ihre Kosten anhand bestimmter Gegenstands- und Verfahrenswerte nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Eine wichtige Rolle spielt, ob nur die Scheidung und der Versorgungsausgleich oder zum Beispiel auch Unterhalt, Zugewinnausgleich, Umgangsrecht und Sorgerecht zu regeln sind. Hinzu kommt, was die Ex-Partner verdienen, was sie besitzen und wie viele Rentenansprüche sie erworben haben. Der jeweilige eigene Anwalt kann eine Prognose treffen.

Autor:

Miriam Dabitsch aus Velbert

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