Essenerin Gudrun W. spricht über ihre pflegebedürftigen Schwiegereltern
"Ein Pflegeheim kommt nicht infrage"
3,41 Millionen Menschen waren im Dezember 2017 pflegebedürftig. Das geht aus Zahlen des statistischen Bundesamtes hervor. Zwei von ihnen sind die Schwiegereltern der Essenerin Gudrun W. (Name von der Redaktion geändert). Während ihr Schwiegervater von einer 24-Stunden-Pflegekraft betreut wird, die bei ihm im Haus wohnt, bevorzugt ihre Schwiegermutter das Leben im Pflegeheim.
Die Schwiegereltern der Essenerin Gudrun W. leben schon lange getrennt voneinander - zu unterschiedlich waren ihre Vorstellungen vom Leben. So ist es wenig verwunderlich, dass sie auch im Alter völlig andere Wege gehen. "Das Heim, in dem meine Schwiegermutter lebt, bereichert ihr Leben. Sie schätzt die gemeinsamen Bingo-Abende, die Spaziergänge und das Gedächtnistraining."
Pflegebedürftichkeit hat mit neuer Hüfte begonnen
Angefangen hat die Pflegebedürftichkeit ganz klassisch mit einer neuen Hüfte. Fortan war an ein Leben alleine nicht mehr zu denken. "Danach haben mein Mann und ich gemerkt, dass sie Hilfe braucht", erzählt W.. Ihr Schwiegervater war zu diesem Zeitpunkt noch fit. Doch auch bei ihm sollte sich das kurze Zeit später ändern. "Bei meinem Schwiegervater wurde dann Parkinson diagnostiziert. Das ist natürlich eine Krankheit, bei der es nach und nach nicht mehr funktioniert, sich selbst zu versorgen." Schwer zu händeln ist die regelmäßige Medikamenteneinnahme. Trotzdem kam für W.'s Schwiegervater kein Pflegeheim infrage. "Für ihn war von Anfang an klar, dass er da nicht hin möchte. Mit der Größe seines Hauses war es auch kein Problem, eine 24-Stunden-Pflegekraft ins Haus zu holen." W. gibt aber zu: "Am Anfang war es für ihn schon eine Umgewöhnung, auf einmal eine fremde Person bei sich einziehen zu lassen." Doch die Zweifel waren schnell verflogen. "Alle Kräfte sind sehr umgänglich. Sie sind da, wenn man sie braucht, ziehen sich aber auch zurück und lassen meinem Schwiegervater seine Freiräume", sagt W. zufrieden.
Hilfe bim Kochen und Anziehen
Die Pflegekraft unterstützt den Senior seitdem bei den alltäglichen Dingen im Haushalt. "Sie kocht für ihn und unterstützt ihn beispielsweise beim Anziehen." Das Waschen und Zähneputzen dagegen schafft der 84 Jährige meist selbstständig. "Parkinson ist eine Krankheit, die in Wellen verläuft. Manche Dinge funktionieren ganz gut, während er bei gewissen Tätigkeiten Hilfe benötigt." Auch der 84 Jährige ist nach Angaben seiner Schwiegertochter mit der Pflegekraft sehr zufrieden. "Sonst hätte er schon dafür gesorgt, dass sich da etwas ändert" lacht W.. Doch es ist wichtig, eine seriöse Agentur zu wählen, die sich auf die Bedürfnisse des Patienten einstellt. "Uns wurde zu Beginn ein umfangreicher Fragebogen ausgehändigt. Darin konnten wir wählen, was wir wünschen. Soll gekocht werden? Sind medizinische Indikationen notwendig? Ist Gesellschaft gewünscht? All diese Punkte werden hinterfragt. Dementsprechend wird das Personal dann gebrieft."
Personal kann jederzeit gewechselt werden
Da es jederzeit die Möglichkeit gibt, das Personal auszutauschen, ist es für Angehörige und Betroffene leichter. Heißt: Wenn der Betroffene mit der Pflegekraft nicht zurecht kommt, kann diese gewechselt werden. "Den Fall hatten wir zum Glück noch nie", sagt W.. Die einzige unglückliche Situation gab es vor einigen Jahren. "Die Frau, die damals bei meinem Schwiegervater gelebt hat, konnte nicht so gut Deutsch. Das war schwierig, da ältere Menschen ja eher kein Englisch sprechen", erinnert sich W.. Alle drei Monate wechselt die Pflegekraft, da sie dann für kurze Zeit zu ihrer Familie zurückkehrt. "Bei meinem Schwiegervater findet der Wechsel zwischen zwei Kräften statt."
Doch es hängt auch von der Persönlichkeit des jeweiligen Menschen ab. "Der Vater einer Freundin war mit der 24-Stunden-Pflege unzufrieden, weil die Dame nicht so kommunikativ war. Er lebt jetzt in einem Pflegeheim und ist total glücklich, weil er dort unterhalten wird."
Beide Pflegeformen haben Vorteile
Welche Pflegeform die bessere ist, mag Gudrun W. nicht beurteilen. "Ich denke das hängt von der Persönlichkeit ab. Im Pflegeheim muss man kompromissbereiter sein, als in der 24 Stunden-Pflege." W. spricht insbesondere den kleineren Wohnraum und das gemeinsame Essen an. Doch es fördert auch die sozialen Kontakte. "Meine Schwiegereltern sind beide über 80 Jahre alt. Da gibt es eine natürliche Selektion. Freundschaften und Bekanntenkreise verlieren sich. Meine Schwiegermutter geht im Heim total auf." Wichtig ist für Gudrun W. die Frage danach, wie man einen Angehörigen pflegen lassen möchte. "Wir haben uns regelmäßige Intervalle gesetzt." Bedeutet: Gudrun W. und ihr Mann haben anfangs keinen Pflegedienst beauftragt. Nach einem halben Jahr haben sie die Situation erneut betrachtet und festgestellt, dass ein solcher jetzt notwendig ist. "Diese Intervalle setze ich noch heute. Wenn ich merke, dass mein Schwiegervater vereinsamt, müssen wir die Situation besprechen." Aktuell ist das nicht der Fall und der 84 Jährige fühlt sich in seinen eigenen vier Wänden wohl.
Zusätzlicher ambulanter Pflegedienst
Neben der 24-Stunden-Pflege kommt allerdings mittlerweile dreimal pro Woche ein ambulanter Pflegedienst, der die Pflegerin zusätzlich unterstützt, beispielsweise wenn er doch mal Probleme beim Waschen hat. Zudem kommt zweimal pro Wache ein Physiotherapeut ins Haus des Rentners, um mit ihm die Mobilität zu trainieren, damit diese nicht ganz einschläft.
Autor:Christian Schaffeld aus Oberhausen |
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