Interview mit der Taubenschützerin Katharina Ciak
"Das Tierleid muss ein Ende haben!"

Nicht nur Katharina Ciak sondern auch viele Mitbürger empfinden Fütterungsverbote in bestimmten Städten als herzlos und übertrieben. Anstatt Alternativen zu schaffen, gehen dort die Behörden radikal mit Bußgeldern gegen das Füttern vor. Foto: Ciak
  • Nicht nur Katharina Ciak sondern auch viele Mitbürger empfinden Fütterungsverbote in bestimmten Städten als herzlos und übertrieben. Anstatt Alternativen zu schaffen, gehen dort die Behörden radikal mit Bußgeldern gegen das Füttern vor. Foto: Ciak
  • hochgeladen von Michael Menzebach

Bereits vor über 20 Jahren, während ihrer Studienzeit an der Ruhr Universität Bochum, gab es plötzlich in ihrem Leben das erste junge Täubchen. Das hat Katharina Ciak sehr geprägt. Ihr Engagement für Stadttauben ist seitdem von Jahr zu Jahr gewachsen. Der Tierschutz ist ein zusätzliche zeitintensive Beschäftigung neben ihrem Job als Fachärztin für Allgemeinmedizin.

Um auf das Leid der Stadttauben aufmerksam zu machen, veranstaltet Katharina Ciak auch Demonstrationen für den Tierschutz in Dortmund. Die findet am 26. September (17.30 Uhr) auf dem Friedensplatz in Dortmund statt. 

Die Ruhrnachrichten bezeichnen Sie als die Taubenmutter von Dortmund. Was halten Sie von dieser Bezeichnung?
Über die Bezeichnung war ich ehrlich gesagt sehr überrascht, denn ich helfe den Tauben zwar täglich, jedoch fast ausschließlich im West Center und in der nahen Umgebung. Natürlich schaue ich nicht weg, wenn ich in anderen Stadteilen in Dortmund unterwegs bin - je nach Krankheitsbild werden die Tauben entweder vor Ort versorgt oder direkt mitgenommen.

Wie kam es dazu, dass Sie sich für Stadttauben engagieren?
Bereits vor über 20 Jahren, während meiner Studienzeit an der Ruhr Universität Bochum, gab es plötzlich in meinem Leben das erste junge Täubchen. Sie ist mir von ein paar Freunden aus Essen gegeben worden. Der Fundort damals war eine Baustelle, wo der Zugang zum Nest zugemauert wurde. Die Eltern konnten ihre Babys nicht mehr versorgen. Das Geschwisterchen lag bereits tot im Nest. Es hat mich sehr bewegt und ich habe sie aufgenommen. Sie wohnte mit mir zusammen, ist allerdings sonst jeden Tag und öfters auch mehrere Tage hintereinander Draußen unterwegs gewesen. Nach ungefähr 18 Monaten wurde sie plötzlich schwer krank. Trotz tierärztlicher Behandlung ist sie leider verstorben. Ich war so sehr traurig, dass ich noch am gleichen Tag ins Ausland gefahren bin. Ich musste weg.

Ins Ausland gefahren

Nach dem Uni-Abschluss im Jahr 2005 bin ich aus dem Studentenwohnheim ausgezogen und hatte nur vereinzelt schwerstkranke Tauben von der Straße gesichert und damals direkt in die Taubenklinik gefahren. Bis zum Jahr 2023 konnte ich nur ein paar Wildvögeln vereinzelt helfen. Im Februar 2023 wurde ich von einem Tierschützer, den ich zufällig ein paar Tage zuvor kennengelernt habe, gebeten, in die Garage in der Unionstr. 2 in Dortmund kurz zu schauen, ob dort kranke Tauben oder Küken gesichert werden müssen. Ich war schockiert über die Zustände dort und über die Vorgeschichte dieser Garage. Seit mindestens 5-6 Jahren hält sich dort eine Taubenpopulation (90 Prozent aus Zucht/Hochzeitstauben bestehend) auf. Letztes Jahr noch ca. 200 Tauben. Die Bilder dort haben mich so sehr bewegt, dass ich schon zwei oder drei Tage später den Mieter vor Ort aufsuchte und meine Hilfe anbot: Die Eier gegen Attrappen-Eier zu tauschen und sich um die Tauben dort zu kümmern. Der Erfolg sah man bereits in den ersten 8-10 Wochen nach Beginn des Eiertauschs. Zu so einer Aufgabe gehört auf jeden Fall viel Disziplin, Ausdauer, starke Nerven, Zeit und viel Geld.

Alleine auf mich angewiesen

Ich war zunächst ganz alleine auf mich angewiesen und unwissend was auf mich zukommt. Vom Februar bis September 2023 gab es dort im Durchschnitt monatlich 6 bis 7 kranke Tiere, die ich mitgenommen habe. Fahrten zum Tierarzt, schlaflose Nächte inklusive. Jungtiere, die mir in den Händen vor Ort verstorben sind oder gerade gestorbene Tauben, die dort auf dem Boden lagen. Verdurstet oder verhungert. Daneben zahlreiche Küken mit abgerissenen Köpfen. Anzeigen, die ich bei der Polizei erstattet habe, dazu E-Mails an die Umweltbehörde der Bezirksregierung in Arnsberg, ans Veterinäramt und zahlreiche E-Mails mit dem Beweismaterial an die Staatsanwaltschaft, gehörten ebenfalls dazu. Wenn man sich so einer Aufgabe annimmt, hat man automatisch einen ganz anderen Blick dafür, was sonst mit den Tauben auf der Straße passiert. Nur weniger Monate später meldete ich die erste Versammlung "Respekt für Tauben an". Die allererste in Deutschland. Sie fand am 23.12.2023 in Bochum statt.

Wie ist die Situation in Dortmund? Wie reagieren Ämter und Behörden auf Eure Kundgebungen und Aktionen, die sich für Tauben und Tierrechte stark machen?
Die Ämter und Behörden haben bisher auf die Kundgebungen (in Bochum und Dortmund) nicht reagiert. Zumindest nicht in der Form, wie sich der Tierschutz das gewünscht hätte: Die Taubenhäuser und Taubentürme fehlen immer noch.

Die Debatte um Tauben scheint sich immer weiter weg von der sachlichen Ebene zu bewegen. Welche Reaktionen erleben Sie aufgrund Ihres Engagements?
Bisher habe ich nur positive Feedbacks (mündlich und schriftlich) sowohl seitens der Bürger, des Veterinäramtes Dortmund und sogar am 09.08.2024 seitens des Mieters der Garage aufgrund meines Engagements erlebt.
Es sind weniger Tauben da als früher: Weniger Tauben heißt auch weniger Tierleid aber auch weniger Schmutz in der Garage. Das Veterinäramt Dortmund wurde meinerseits zuletzt im Mai über die Anzahl der getauschten Eier in der Garage informiert. Damals 313 Eier, bis heute sind es 467 Eier, die ich dort seit 18 Monaten getauscht habe.
Der Mieter erlaubte mir sogar letzte Woche die sechs offenen Stellen, an die ich mit meiner nur 5 Meter hohen Leiter nicht drankomme, zu verschließen. Eine neue Herausforderung steht bevor: Eine höhere Leiter muss gekauft oder eine Hebebühne geliehen werden, damit man die letzten sechs Stellen verschließen kann, damit auch dort keine Küken mehr schlüpfen.

In vielen Städten von NRW gibt es Vereine und Organisationen, die sich um Tauben kümmern. Gibt es ein Austausch oder ein Netzwerk?
Ja, die Vereine und die Organisationen gibt es und sie sind alle am Limit. Man darf die vielen privaten ehrenamtlichen Personen nicht vergessen, die ebenfalls sehr aktiv sind und ihr Engagement privat finanzieren. Diese sind aktuell auch alle am Limit. Ein Austausch erfolgt meistens über die Social-Media wie Facebook oder Instagram.

Viele Menschen sehen in Tauben nur Schädlinge und behaupten, dass Stadttauben ein beträchtliches Gesundheitsrisiko für den Menschen darstellen und Infektionskrankheiten übertragen können. Wie gehen Sie mit diesen Argumenten um?
Wenn ich ehrlich bin, muss ich an dieser Stelle lachen. Sie sind keine Schädlinge. Da haben meine vier kleinen Nymphensittiche mehr Schäden im Haus angerichtet als die Tauben. Bei einer bekannten Staub- oder Vogelstauballergie sollte man natürlich enge Kontakte zu solchen Tieren vor allem in geschlossenen Räumen meiden. Zu den Infektionskrankheiten, Parasiten etc.: Es besteht kaum ein Risiko. Grundsätzlich reichen die üblichen Maßnahmen nach einem Kontakt aus wie z.B. die Hände zu waschen oder zu desinfizieren.

Was bedeutet für Sie ein nachhaltiges Stadttaubenmanagement? Vor allem: Wer soll die Mittel dafür bereitstellen?
Definitiv die Taubentürme und Taubenhäuser an Hot Spots oder außerhalb von den Innenstädten, wo die Populationen mit frischem Wasser und artgerechtem Futter versorgt und durch den Eiertausch kontrolliert werden können. Solche Konzepte werden bereits in einigen Städten wie Augsburg, Hamburg oder in Gelsenkirchen erfolgreich umgesetzt. Ein Verbot von Hochzeitstauben, dazu ein Verbot von Taubensport. Die Taubenzucht sollte per Gesetz ganz verboten oder sehr stark reduziert werden und dann eine Steuer dafür einführen. Die Städte sollten die Mitteln zur Verfügung stellen.

Eine letzte Frage: Wenn ich eine verletzte Taube in Dortmund sehe, was soll ich tun?
Sichern. In die Hände nehmen oder in ein Tuch oder Karton mit vielen Löchern aufrecht hineinsetzen. Nichts in den Schnabel einflößen. Vorher beim Tierarzt, Tierheim oder Tierschutzverein anrufen ob man sie dorthin bringen kann. Sonst auch die Taubengruppen auf Facebook kontaktieren.

Zu dem Interview gibt es folgenden Beitrag: Wie soll man Stadttaubenpopulation in den Griff bekommen?

Autor:

Michael Menzebach aus Haltern

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