Thema der Woche
Achtung Aufnahme: Ordnungsdienst und Polizei setzen auf Bodycams
Sie werden bedroht, verprügelt, angespuckt und beschimpft: Mitarbeiter vieler Ordnungsämter in Nordrhein-Westfalen fühlen sich im Einsatz immer mehr Gefahren ausgesetzt. Mit der Corona-Pandemie kam es immer wieder zu Vorfällen dieser Art. Deswegen wurde im Sommer 2021 in NRW die Gesetzes-Grundlage für den Einsatz von Bodycams bei Ordnungsämtern geschaffen.
Die Cams sind nach Schlagstöcken das zweite Polizei-Utensil, das die Ordnungsmitarbeiter nutzen dürfen. Die Schlagstöcke sind seit einigen Jahren im Einsatz.
Inzwischen gilt auch seit gut einer Woche eine Tragepflicht für Bodycams bei der NRW-Polizei. Ein entsprechender Erlass wurde an alle Polizeibehörden versandt. Christoph Wickhorst, (Sprecher für Polizeiangelegenheiten) aus dem Innenministerium NRW, erklärt dazu: "Durch das nunmehr verpflichtende Tragen der Bodycam" für Polizisten im Außendienst werde "ein landeseinheitliches Vorgehen sichergestellt". Zudem sollten die Beamten die Bodycam künftig "in einem früheren Gefahrenstadium" einschalten, wenn dadurch eine deeskalierende Wirkung beim Gegenüber erzielt werden könne.
Deeskalierende Wirkung
Dieses Vorgehen scheint Signalwirkung zu haben, denn auch Städte wie Bochum, Essen und Duisburg rüsten ihre Mitarbeiter mit diesen Kameras aus. Maximilian Löchter von der Pressestelle der Stadt Dortmund: "Bei uns startet in diesem Jahr noch eine entsprechende Testphase zum Einsatz der Bodycams." Aus der Pressestelle der Stadt Bochum heißt es: In den letzten Jahren sei die Zahl der Übergriffe auf Ordnungskräfte deutlich angestiegen. Dies hänge zum einen mit den gestiegenen Einsatzzahlen zusammen, zum anderen aber auch mit einer immer größer werdenden Aufgabenvielfalt. "Für die Mitarbeitenden im kommunalen Ordnungsdienst sind während der Corona-Pandemie die Kontrollen der Corona-Maßnahmen ebenso hinzugekommen wie Sicherungs- und Evakuierungsmaßnahmen bei Bombenentschärfungen", umschreibt Bochums Stadtsprecher Thomas Sprenger die gestiegenen Anforderungen.
Im Einsatz angegriffen
Immer häufiger würden die Mitarbeitenden bei ihren Einsätzen beleidigt, bedroht und teilweise sogar körperlich angegriffen und verletzt. Wurden 2019 noch keine Übergriffe dokumentiert, gab es ein Jahr später fünf Fälle, 2021 acht Fälle und 2022 sechs Fälle in Bochum. Die Konsequenz: Die Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes werden aktuell mit körpernah getragenen Aufnahmegeräten im Dienst ausgerüstet. Insgesamt 15 Kameras hat die Stadtverwaltung Bochum zunächst beschafft. Die Kameras sind im Standby-Modus, werden nur nach Ansprache und Hinweis eingeschaltet.
Bereits seit Juli 2022 hat die Stadt Duisburg im Rahmen eines Pilotprojektes rund 20 mobile Videokameras im täglichen Einsatz. Sie haben nach Angaben der Stadt in der Testphase bereits viele Situationen entschärft. Insgesamt hat die Stadt Duisburg 110 Bodycams bestellt.
Rechtsgrundlage angepasst
Die Rechtsgrundlage für die Verwendung der mobilen Kameratechnik hat der nordrhein-westfälische Landtag im Sommer 2021 geschaffen. Die Kameras sollen zur Beweissicherung dienen und zudem abschreckend und deeskalierend wirken. Kritiker führen allerdings immer wieder den Datenschutz ins Feld.
Auch, dass Daten auf Amazon-Servern gespeichert werden, führt zu Kritik. Auf Nachfrage äußerst sich dazu Daniel Strunk, Pressesprecher der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit: "Nach unserem Kenntnisstand erfolgt die Datenspeicherung beim Einsatz von Bodycams durch die Polizei ausschließlich auf polizeilichen Servern. Unsere datenschutzrechtlichen Bedenken hinsichtlich Bodycams sind vor allem grundsätzlicher Natur: Es ist nach wie vor nicht empirisch belegt, dass die Kameras den Zweck, zu dem sie eingeführt wurden – Eigenschutz der Polizeibediensteten – auch erfüllen. Problematisch ist zudem, dass häufig auch unbeteiligte Personen mit aufgezeichnet werden." Beim Einsatz der Bodycams im Bereich der Ordnungsämter kritisiert Daniel Strunk: "(...) Als besonders problematisch haben wir den Einsatz von Bodycams innerhalb von Wohnungen durch Ordnungskräfte bewertet und empfohlen den Einsatz zumindest auf den Eingangs- und Wohnungstürbereich zu begrenzen. Der Bereich der eigenen Wohnung unterliegt nach Art. 13 GG besonderem Schutz. In den Schutzbereich der Wohnung darf nur aus besonders wichtigen Gründen eingegriffen werden. Diese waren für uns nicht ersichtlich."
Gewalt hat seit Corona zugenommen
Wie die DPA berichtet, hat sich vor allem während der Corona-Pandemie sich die Zahl von Gewalttaten gegen Mitarbeiter der kommunalen Ordnungsämter fast vervierfacht. 1967 Attacken wurden 2020 registriert, im Jahr zuvor nur 516, sagte ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Innenministeriums der Deutschen Presse-Agentur. Nach internen Auswertungen sind Kontrollen der Corona-Schutzmaßnahmen der Grund für den deutlichen Anstieg.
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