Wählen in Zeiten der Pandemie
Wählen mit Corona-Umsicht? Nicht im Essener Rathaus

Das Essener Rathaus aus der Frosch-Perspektive | Foto: Elke Brochhagen, Stadt Essen
  • Das Essener Rathaus aus der Frosch-Perspektive
  • Foto: Elke Brochhagen, Stadt Essen
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Zur Direktwahl im Essener Rathaus finden sich diejenigen ein, die nicht am eigentlichen Wahltag im Wahllokal wählen können oder möchten. Zusammen mit mir waren das am vergangenen Montag vor allem ältere Bürger*innen - möglicherweise, um sich vor einer Ansteckung zu schützen. Allerdings sollte man sich von dieser Entscheidung keinesfalls eine Erleichterung gegenüber dem Prozedere im Wahllokal versprechen.

Zu meiner Überraschung verzichtet nämlich die Stadtverwaltung Essen auf eine allgemeine Maskenpflicht im Rathaus, auch da, wo sich Menschen begegnen. Mitarbeiter*innen und Besucher*innen müssen keine Maske tragen, wie sie beispielsweise beim Aufenthalt im Shopping Center direkt nebenan erforderlich ist. Eine bedenkliche Haltung, zumal die Angestellten im Rathaus berufsbedingt mit vielen Personen in Kontakt kommen, auch wenn jetzt ausschließlich terminierte Besuche stattfinden. Diejenigen, die zur Wahl kommen, müssen allerdings eine Maske tragen. Die Mund- und Nasenfreiheit ist keine durchgängige Haltung in NRW: So sind im Rathaus von Lüdenscheid Masken vorgeschrieben.

Die Mitarbeiter*innen, die den Wahlablauf erklären, sitzen zwar hinter einer Scheibe, hantieren aber mit den Personalausweisen ohne Handschuhe oder Desinfektionsmittel. Der für die Wahl reservierte Raum ist für die Zahl der Personen, die sich darin aufhalten, deutlich zu klein (Personal und Wähler*innen). Beim Abholen der Wahlscheine kommt man denjenigen in die Quere, die ihren Wahlplatz verlassen. Die Einhaltung des Mindestabstandes, die hier komplett den Wähler*innen überlassen wird, ist schlicht unmöglich.

Essen als Großstadt mit knapp 600.000 Einwohner*innen bietet zur Direktwahl genau einen Ort - und damit ebenso viel wie das deutlich kleinere Bad Berleburg im Süden NRW`s mit ca. 20.000 Menschen. Der entsprechende Andrang zu Pandemiezeiten ist vorprogrammiert; man hätte sich also mit umsichtigerer Planung darauf einstellen können. Zum Vergleich: Köln bietet an zwei Standorten Wahlmöglichkeiten für alle Bürger*innen; zusätzlich kann in den neun Bezirksrathäusern am jeweiligen Wohnort gewählt werden.

Da werde ich als gesundheitsbewusste Person richtig wütend: Ich verkneife mir viele Freizeitvergnügungen oder überlege mir genau, in welcher Form ich sie wahrnehmen kann, um Menschenmengen und Ansteckungsgefahren zu meiden. Um dann bei der Wahrnehmung eines elementaren Rechtes festzustellen, wie (nach) lässig meine Stadtverwaltung mit diesen allseits bekannten Risiken umgeht.

Nun tun sich mit der Maskenpflicht ohnehin diejenigen schwer, bei denen Rücksichtnahme auf andere nicht so hoch im Kurs steht. Stellt sich abschließend die Königsfrage: Wie erwartet die Stadtverwaltung Verständnis und Akzeptanz für eine solche Pflicht, wenn sie selbst nicht mit gutem Beispiel voranschreitet?

Autor:

Stefanie Alteheld aus Sundern (Sauerland)

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