Politische Podiumsdiskussion im Gymnasium Essen-Werden
Eine Schicksalswahl?

Schulleiterin Felicitas Schönau begrüßte die Bundestagskandidaten im Gymnasium Essen-Werden.
Foto: Henschke
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Gute Tradition sind politische Podiumsdiskussionen des Gymnasiums Essen-Werden. Zur Bundestagswahl gab es eine Neuauflage. In der Aula saßen Schüler der Jahrgangsstufe Q2, die Q1 verfolgt die Diskussion per Livestream.

Die Fachschaft Sozialwissenschaften/Wirtschaft und Politik hatte Vertreter eingeladen von sechs Parteien. Auf dem Podium mit Kai Gehring (Bündnis 90 / Die Grünen), Matthias Hauer (CDU), Dirk Heidenblut (SPD) und Stefan Keuter (AfD) vier aktuelle Bundestagsabgeordnete und mit Ezgi Güyildar (Die Linke) sowie Rüdiger König (FDP) Zwei, die es noch werden wollen.

Demokratien in Gefahr

Schulleiterin Felicitas Schönau begann mit einem Aufruf: „Wählen ist ein Privileg. Von freien und gleichberechtigten Wahlen können andere Länder nur träumen. In einer Zeit weltweiter Krisen, Kriege und Katastrophen, in der Menschen bedroht sind, Frauen und Minderheiten unterdrückt werden, sind Demokratien und unser humanistisches Weltbild in Gefahr.“ Mit der Bitte um eine offene, faire und respektvolle Diskussion übergab sie ans Moderationsteam. Kirstin Anschott (EF), Levi Camata (Q1) und Lukas Stollenwerk (Q2) leiteten die Runde. Ihre grundlegende Bitte an die Politiker, kompakt zu antworten und nicht abzuschweifen, lief schon beim Auftakt aus dem Ruder. Die drei Moderatoren lösten ihre schwierige Aufgabe soweit gut, schwankten eventuell doch zu oft zwischen laufen lassen und dazwischen grätschen. Einerseits drängte die knapp bemessene Zeit, andererseits sollten es mit sozialer Gerechtigkeit, Bildung und Klima große Themenbereiche sein.

AfD

Stefan Keuter hatte begonnen. Bei der Digitalisierung, auch der Schulen, liege Deutschland weit zurück. Jeder Schüler müsse ein digitales Endgerät erhalten, unabhängig vom Einkommen der Eltern. Die AfD bezweifle menschengemachten Klimawandel: „Hat das nicht mit Sonnenwinden zu tun?“ Deutschland habe nur einen minimalen Anteil am CO2-Weltausstoß: „Der Klimahype ist großes Staatsversagen und wirtschaftsfeindlich.“ Keuter wurde vom Moderator gebremst und reagierte unwirsch. Auf facebook fällte er sein Urteil. In einem „der bevorzugteren Stadtteile von Essen“ wundere es nicht, wenn die moderierenden Schüler eine Vorliebe für „realitätsfremde rot-grüne Politik“ hätten.

FDP

Für die FDP trat Rüdiger König an: „Mietdeckel nützen gar nichts und würden Wohnraum nur umverteilen. Überbürokratisierung bremst aus.“ Wohnen außerhalb der Städte müsse interessant gemacht werden. Bei Bildung und Digitalisierung sehe er große strukturelle Probleme in Deutschland, zudem müssten die Lehrer die Digitalisierung auch mitgehen. Der Klimaschutz sei eine globale Herausforderung, zu dem man einen Beitrag leisten müsse: „Deutschland kann damit seine Wirtschaft stärken. Wir brauchen Lösungen im großen Stil, um die Energiewende voranzutreiben.“ König warb für ein festes Budget an CO2-Zertifikaten, das sich immer mehr verknappe.

CDU

Matthias Hauer warb für seine CDU: „Als Partei der sozialen Marktwirtschaft. haben wir gezeigt, dass wir regieren können.“ Um Wohnraum zu schaffen, müsse Planungsbeschleunigung her und nicht alle Menschen dürfe es in die Stadt drängen. Die Pandemie habe alle getroffen, auch mittelständische Unternehmen: „Das Herzstück unserer Wirtschaft.“ Man müsse dort Arbeitsplätze erhalten. Zugleich sei Kurzarbeitergeld gezahlt worden. Der Klimawandel sei eine starke Bedrohung, auch für die Wirtschaft. Deutschland müsse die erneuerbaren Energien ausbauen und damit Vorbild sein: „In Asien und Afrika werden Kohlekraftwerke gebaut. Die wollen auch in Wohlstand leben.“

Grüne

Der Grüne Kai Gehring betonte, Deutschland brauche nun eine Klimaschutz-Regierung: „Die Klimakrise findet längst statt. Wir erleben den ersten Kipppunkt.“ Es heiße immer, Klimaschutz sei teuer: „Dabei betragen die Hochwasserschäden alleine in dieser Schule eine Millionen Euro.“ In der Ausbildungspolitik brauche es einen Neustart: „In den 1970er Jahren hat jeder Zweite BAföG erhalten, nun sind es nur noch elf Prozent.“ Den Grünen schwebe da ein garantierter Grundbetrag für Studierende vor: „Mehr Arbeiterkinder auf den Campus.“ Er sprach soziale Ungerechtigkeit und Kinderarmut an: „Wir in Essen haben mit die reichsten und die ärmsten Stadtteile der Republik.“

SPD

Dirk Heidenblut sitzt für die SPD im Bundestag: „Das ist eine Schicksalswahl. Wir brauchen eine soziale Politik für eine lebenswerte Zukunft.“ Die Schere gehe auseinander zwischen Arm und Reich, die Frage besserer Bildung werde immer von einem zum anderen geschoben: „Da müssen wir zügig anpacken.“ Das Kohleausstieg-Szenario schließe einen früheren Ausstieg als 2038 ein: „Wir müssen grünen Wasserstoff nach vorne bringen als Energie der Zukunft. Das schafft neue Arbeitsplätze.“ Man müsse dringend bezahlbaren Wohnraum schaffen, auch für Studierende und Auszubildende. Der ÖPNV müsse angeschoben werden, das sei auch eine Frage des Klimaschutzes.

Linke

Die Linke Ezgi Güyildar gab sich kämpferisch: „Wer trägt die Kosten dieser Krise? Wieder die Armen? Oder die, die sich die Taschen vollgemacht haben? Wir wollen andere Verhältnisse in diesem Land. Wir wollen einen Systemwechsel.“ Es könne nicht sein, dass Menschen 40 bis 50 Prozent des Einkommens für Mieten ausgeben müssten. Die Bildung hänge weiterhin vom Geldbeutel der Eltern ab: „Wir wollen ein einheitliches Schulsystem. Frühe Trennung nimmt Kindern bildungsferner Familien die Chancen.“ Straßen- und Flugverkehr müssten wieder auf die Schiene. Ihre Partei fordere Klimaneutralität bereits 2035. Den nötigen Strukturwandel müssten als Verursacher die großen Unternehmen bezahlen.

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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