Buchrezension
„Der Mensch ist gut“- Kampf gegen Krieg und für die Menschheit

Das leidenschaftlichste Buch gegen den Krieg, das die Weltliteratur aufweist, ist 1917 erschienen und den kommenden Generationen gewidmet. Es spricht den gesunden Menschenverstand an, der in Kriegszeiten erkrankt. Vor dem Hintergrund der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten sowie an Dutzenden weiteren Kriegsschauplätzen in dieser waffenstrotzenden Welt mit ihren menschlichen Gräueln und Elend ist dieses Buch von Leonhard Frank aktueller denn je. In dem kriegerischen Kampf um Leben und Tod „handelt es sich um nichts anderes als um Morden und Gemordet werden.“

„Alles Grauen, das der Krieg erzeugt, ist hier in einem zum Wahnsinn treibenden Extrakt zusammengebraut“, schrieb der Schriftsteller und Journalist Knut Pinkhus in seiner Buchrezension. „Alle pazifistischen Schriften klingen dagegen wie Säuseln“. Die Pazifisten sind in Wahrheit die Anständigen unter den Menschen, hebt der Schriftsteller Wolfgang Weyrauch in seinem Nachwort hervor, die heutzutage wieder diskreditiert werden. Leonhard Frank fragt in seinem Buch: Bringt der „unvermeidliche“ Krieg als das unmenschlichste Geschäft des Menschen, den edelsten Begriff des Menschen, den Pazifismus, in den Verruf de Narretei? „Seht ihr nicht die Berge zerrissener Menschenleiber? Sind die Menschen wahnsinnig, weil sie die Liebe vergessen haben?“

In seinem Vorwort schrieb Herbert Wehner: „Die tiefgehenden Erfahrungen und Erlebnisse derer, die den Weltkrieg 1914/1918 überstanden haben, sind nach den Erlebnissen und Erfahrungen im Weltkrieg 1939/1945 weder verdrängt noch ausgelöscht. Millionen und aber Millionen Menschen sind in den beiden Weltkriegen durch Tod oder Verstümmelung Opfer geworden. Die Gesamtzahl der Opfer und ihrer Familien ist riesengroß.“

Kriegserlebnisse aus der Sicht der Opfer

Die Erzählungen Leonhard Franks mit dem Sammeltitel „Der Mensch ist gut“ sind nicht nur packend und erschütternd, sondern auch klärend. Die Kriegserlebnisse aus der Sicht des Vaters, der Kriegswitwe, der Mutter, des Liebespaares und der Kriegskrüppel sind ergreifend und schockierend dargestellt:

„Unser Volk, wie wir es sehen, besteht nur noch aus Krüppeln und elend aussehenden Kindern, Frauen und Greisen. Wenn man jetzt noch die Arme und Beine, die losgetrennten Körperteile, die Millionen zerrissener Leichen, unter denen auch eure Söhne und Männer sind, von den Schlachtfeldern holen und auf eure Straßen werfen würde, euch vor die Augen, würdet ihr auch dann noch sagen: Man muss sich halt damit abfinden?“

„Ich will nicht leben, wenn ich nicht lieben darf“

„Oder würdet ihr endlich bereit sein zum Lieben, was auch dabei herauskomme? Würdet ihr dann endlich sagen: Ich will nicht leben, wenn ich nicht lieben darf? Würdet ihr einsehen, dass diejenigen, die euch das Lieben verbieten, Feinde sind? Feinde des Menschen! Volksfeinde! Seht ihr nicht die Berge zerrissener Menschenleiber?“ (Doch der Kriegsvirus ist heutzutage wieder ansteckend, über alle Zäune der Einfalt und Vernunft hinweg, so dass die „Vernünftigen“ auf der Armesünderbank fragen, was wohl mehr wert sei: atomare oder konventionelle Waffen zum Töten?)

(…) „Aus einem Herzen brach die entscheidende Menschheitsfrage heraus: Werden Wille und Sehnsucht die Gewalt sprengen, die Finsternis durchstoßen, den Geist befreien und sich so von ihm führen lassen, dass die tiefste, die radikalste Revolution, die Revolution der Liebe, zum Ereignis werden kann? Oder wird die Gewalt weiter bestehen und weiter siegen über die Sehnsucht nach Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, die der Menschheitszukunft in ewigem Flusse neu geboren wird vom tiefsten Sinne der Welt: von der Liebe?“

Aus dem Schilderungen eines Stabsarztes über die Kriegskrüppel

Kann die Liebe erst mit der grausamsten Erfahrung von Leid und Elend sowie Schmerz neu erwachen? Die Leser von Frank Leonhards Buch leiden bei den Schilderung eines Stabsarztes im Kapitel „Kriegskrüppel“ unendlich mit: „Auf jedem Strohsack ein Mensch, was von einem Menschen übrig geblieben ist. Zugedeckt bis zum Kinn. Die abgesägten Hände, Arme, Füße, Beine schwimmen in Blut, Watte und Eiter in einem meterhohen, zwei Meter breiten, fahrbaren Kübel, der bei der Tür in der Ecke steht und jeden Abend ausgeleert wird. (…) Der mit Zinkblech beschlagene Operationstisch steht im Mittelgang.“

„Diejenigen Amputierten, die nicht bewusstlos sind, nicht schlafen und doch reglos liegen, ganz unbeweglich und lautlos liegen, glänzende Fieberkugeln im Gesicht, sind verloren, entschweben schon. Die anderen brüllen, schmeißen sich hoch, krümmen, winden sich, wimmern wie neugeborene Katzen, Lachen im Fieberirrsinn, oder bewegen die verstümmelten Körper ganz langsam, aber ununterbrochen. Das Leben der Glücklichsten besteht abwechselnd darin, dass sie aus der Ohnmacht erwachen und wieder ohnmächtig werden. Dazu trägt der dicke Gestank bei. Es ist nicht sehr hell in der Metzgerküche.“

Im gegenwärtigen Krieg wird das Elend ausgeblendet

In den gegenwärtigen Kriegszeiten werden in der Berichterstattung alle Szenen von solchem Leid und Elend ausgeblendet. Keine genauen Zahlen und Bilder über die Toten, Verkrüppelten, Verbrannten und Erblindeten mit entstellten Gesichtern. Gefühlskalte Hinweise auf „Kollateralschäden“ und eingesetzte „Streumunition“. Bejubelte „Erfolgsmeldungen“ über besiegte und vernichtete Gegner bei Schlachten an der Front. Kaltblütige Unterscheidung zwischen Zivilbevölkerung und nur geopferten Soldaten – deren Leben weniger Wert ist, weil ja nur zwangsrekrutierte junge Männer mit trauernden Müttern und Witwen? Der völkerrechtlich sauber gehaltene und Menschen schonende moderne Drohnenkrieg? Der Wettkampf um die modernsten und wirkungsvollsten Waffen beim gegenseitigen Töten und Morden? Der Wettstreit der Rüstungsunternehmen um die höchsten Dax-Kurse?

Pazifistische Literatur in Kriegszeiten nur aus dem Untergrund?

Der Buchautor Frank Leonhard als Sohn eines Schreiners war Mechaniker-Lehrling, Arbeiter, Chauffeur, Anstreicher, Krankenwärter und Grafiker. Im Jahr 1914, dem ersten Jahr der Entmenschlichung, hat er seine ersten berühmt gewordenen Bücher geschrieben, die sein pazifistisches Engagement zum Ausdruck brachten. Seine Prosa-Werke wurden in den „Weißen Blättern“ gedruckt, die Schauspielerin Tilla Durieux in Berlin öffentlich las. Die dann in mehreren Sprachen in Buchform gebündelten Werke wurden in Deutschland verboten, kamen dann aber mitten im Krieg unter getarnten Titeln aus der Schweiz nach Deutschland und mit Hilfe der damaligen Sozialdemokraten in hoher Auflage an die Front.

Den heutigen „kriegstüchtigen“ Sozialdemokraten wäre das auch in den Sinn gekommen? Wohl kaum: SPD-Vorsitzender Lars Klingbeil sieht „militärische Gewalt als ein legitimes Mittel der Politik“ an und distanziert sich von Entspannungspolitiker und Friedensnobelpreisträger Willy Brandt, der Kriege als „ultima irratio“ ablehnte und Waffenexporte als „Exporte des Todes“ verurteilte. Auch der russische Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow ermahnte, auf eine Politik der Gewalt zu verzichten: „Nie wieder Krieg – Kommt endlich zur Vernunft! (…) Wir sind eine Menschheit auf einer Erde unter einer Sonne“. Wirklicher Friede könne nur erreicht werden unter einer demilitarisierten Politik: „Keine Herausforderung, der die Menschheit im 21. Jahrhundert gegenübersteht, kann militärisch gelöst werden.“

Wie sich die Zeiten ändern, oder eben nicht

Von Heinrich Mann bekam Pazifist Frank Leonhard damals den Kleist-Preis. Heute sind in Zeiten des Ukraine-Krieges pazifistische Schriften und Äußerungen nicht verboten, aber pazifistische Gesinnung durchaus verpönt und propagandistisch verrufen. Aus dem politischen Diskurs in Talkshows und Printmedien sind Pazifisten und Kriegsgegner weitgehend ausgegrenzt und die tonangebenden Bellizisten und Militaristen sowie Rüstungslobbyisten weitgehend unter sich.

Sie sind eifrig dabei, nach dem brutalen russischen Angriffskrieg auf die Ukraine diesen als Vorwand zu nehmen, um nun eine dauerhafte Aufrüstung und Militarisierung unserer Gesellschaft voranzutreiben. Soll unser Denken und Fühlen einem „Mentalitätswandel“ (im Sinne von Umerziehung?) von oben unterworfen werden, wie uns von der Politik und der einflussreichen Rüstungslobby aktuell abverlangt wird?

Das Buch von Leonhard Frank ist lesenswert, aber keine leichte Kost

Doch der Mensch ist gut und sehnt sich nach Liebe…Der Weg dorthin führt wieder einmal durch das Leid? Das Buch von Leonhard Frank „Der Mensch ist gut“ wird wohl nicht in hoher Auflage neu aufgelegt, ist aber wieder im Buchhandel und -versand sowie im Antiquariat erhältlich. Die Beschaffung und Lektüre lohnt sich. Das Buch ist lesenswert, aber keine leichte Kost. Der Leser und die Leserin laufen Gefahr, danach zum Pazifismus umzuschwenken und einen veränderten Blick auf die aktuellen Kriegsschauplätze zu richten.

Wilhelm Neurohr, 07. Januar 2024

Siehe auch:

Texte zu Krieg und Frieden
In Memoriam Wolfgang Borchert, Erich Kästner, Ingeborg Bachmann und Kurt Tucholsky

Pazifismus
Krieg bedeutet:

Abschlachten
Abschreckung
Antipersonenminen
Beutezug
Einschüchterung
Entbehrung
Entehrung
Entmenschlichung
Entrechtung
Folterung
Gefangenschaft
Geiselnahme
Genozid
Gräueltat
Granaten
Grausamkeit
Habgier
Heimatlosigkeit
Hinrichtung
Hunger
Landminen
Massaker
Menschliche Schutzschilde
Misshandlungen
Morde
Phosphorbomben
Plünderungen
Sprengkraft
Streumunition
Töten
Trauer
Unrecht
Vergewaltigung
Verlust
Verstümmelung
Vertreibung
Verwüstung
Zerstörung
Zwangsrekrutierung

Auf einem Grabmal
des alten Soldatenfriedhofs nebenan
wo die Helden von einst
ruhen
sitzt eine weiße Taube.
Sie weint
rote Tränen.

„Mentalitätswandel“ = Umerziehung?

Wir müssen aufrüsten, sagt der Kanzler.
Bürger, sag JA!

Wir müssen die Rüstungsproduktion erhöhen, sagt der Vize-Kanzler.
Bürger, sag JA!

Wir müssen den Rüstungshaushalt verdoppeln, sagt der Finanzminister.
Bürger, sag JA!

Wir müssen kriegstüchtiger werden, sagt der Verteidigungsminister.
Bürger, sag JA!

Wir führen einen Krieg gegen Russland, sagt die Außenministerin.
Bürger, sag JA!

Wir müssen mehr Waffen liefern, sagt die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses.
Bürger, sag JA!

Wir müssen schneller Waffen liefern, sagt der Vorsitzende des Europaausschusses,
Bürger, sag JA!

Wir müssen das BÖSE vernichten, sagt der Rüstungsexperte,
Bürger, sag JA!

Wir müssen die Möglichkeit eines Dritten Weltkrieges denken, sagt der Militärexperte. Bürger, sag JA!

Deutschland braucht die atomare Teilhabe, sagt der NATO-Generalsekretär,
Bürger, sag HURRA!!!

Abgeordneter des Deutschen Bundstages,
sag NEIN zur Aufrüstung!

Ingenieur,
sag NEIN zur Erfindung von Kriegsmaterial!

Arbeiter in der Industrie,
sag NEIN zur Herstellung von Kampfjets und Kriegswaffen!

Näherin in der Fabrik,
sag NEIN zur Herstellung von Kriegsuniformen!

Flugzeugpilot,
sag NEIN zum Abwerfen von Bomben!

Panzerfahrer,
sag NEIN zum Angriff!

Soldat,
sag NEIN zum Angriffskrieg!

Journalist,
sag NEIN zu Kriegsberichtserstattung und Kriegspropaganda!

Musikproduzent,
sag NEIN zur Produktion von Kriegsliedern und Marschmusik!

Mutter,
sag NEIN zum Kriegseinsatz deines Sohnes!

Männer und Frauen im wehrpflichtigen Alter,
sagt NEIN zum Töten von unschuldigen Menschen!

Alle Bürger des Landes,
sagt NEIN zur Militarisierung.

Alle Bürger aller Länder,
sagt NEIN zur Abschaffung des PAZIFISMUS.
Sagt JA zum Leben.

MILITARISIERUNG der Gesellschaft

Wir brauchen wieder Orden für unsere Soldaten
Wir brauchen bessere Uniformen
Wir brauchen einen Veteranen-Tag für unsere Kriegserprobten
Wir brauchen wieder die Wehrpflicht für alle
Wir brauchen öffentliche Gelöbnisse für unsere Rekruten
Wir brauchen Marschmusik und Zapfenstreich
Wir brauchen militärische Werbung in den Schulen
Wir brauchen eine Ächtung des Pazifismus
Wir brauchen Militärparaden
Wir brauchen sichtbare Kasernenhöfe
Wir brauchen vorzeigbare Kampfgeräte in den Medien
Wir brauchen klare Feindbilder
Wir brauchen mehr militärische Präsenz unserer Soldaten auf dem Globus und in den Weltmeeren
Wir brauchen eine stolze Rückbesinnung auf unser Soldatentum in den beiden zurückliegenden Weltkriegen
Wir brauchen wieder die Bereitschaft, fürs Vaterland zu sterben
Wir brauchen mehr Waffen Waffen Waffen

WIR BRAUCHEN ENDLICH WIEDER EINEN KRIEG...

ZITATE

„Niemand gewinnt Kriege, alle verlieren“ sagt der UNO-Generalsekretär.

„Krieg ist immer eine Niederlage“ sagt der Papst. „Der Krieg an sich ist ein Irrtum und ein Horror!“

"Töten im Krieg ist nach meiner Auffassung um nichts besser als gewöhnlicher Mord", sagte Albert Einstein.

Autor:

Wilhelm Neurohr aus Haltern

Webseite von Wilhelm Neurohr
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