Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will Checklisten einführen
"Da haben sich einige Ärzte gekränkt gefühlt"
Pflege und Holo-Medizin werden aktuell so heiß wie kaum ein anderes Thema im Gesundheitswesen diskutiert. Während die Holo-Medizin ein enormer Fortschritt ist und Ärzten die Arbeit bei Operationen drastisch erleichtert, hakt es in der Pflege weiterhin. Bei seinem Besuch im Universitätsklinikum Essen teilte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Bediensteten mit, wie er die aktuelle Lage einschätzt.
"Jede zusätzliche Pflegekraft in den Krankenhäusern wird voll finanziert." Diese staatliche Förderung versprach Spahn Anfang März im Interview mit dieser Redaktion. Seit vergangener Woche kann gesagt werden: Versprechen gehalten. Da wurde das Gesetz zur "konzertierten Aktion Pflege" im Bundestag verabschiedet, das unter anderem die Refinanzierung jeder einzelnen Stelle in der Pflege beinhaltet.
50.000 bis 80.000 finanzierte Stellen unbesetzt
Verbessert hat sich die Lage trotzdem nicht, was für Spahn aber einen einfachen Grund hat. "Der Arbeitsmarkt ist leer gefegt." 50.000 bis 80.000 Stellen sind laut des Bundesgesundheitsministers aktuell finanziert, aber unbesetzt. Leiharbeit kann Lücken zwar füllen, ist für Spahn aber keine langfristige Option. "Leiharbeit darf keine Dauerlösung sein. Es ist ein Instrument, das für eine gewisse Zeit aber okay ist." Ein Pfleger meldete sich daraufhin zu Wort: "Ohne die Leiharbeiter wären wir abgeschmiert!"
Kräfte aus dem Ausland sollen Lücke füllen
Jetzt bemüht sich die Politik, Kräfte aus dem Ausland zu gewinnen. "Wir werden an Zuwanderern in der Pflege nicht vorbeikommen, denn gerade bei den nicht-akademischen Pflegeberufen haben wir ein Problem“, analysierte der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann bei einem Besuch im Seniorenstift Martin Luther in Essen-Dellwig vor wenigen Tagen.
Professor vom UKE warnt vor Ärztemangel
Doch nicht nur bei den nicht-akademischen Berufen gibt es Nachwuchssorgen, auch junge Ärzte fallen nicht vom Himmel, wie der stellvertretende Direktor des Universitätsklinikums Essen, Professor Joachim Klode, zu bedenken gibt. "Heute haben wir den Pflegemangel, morgen werden wir den Ärztemangel haben." Damit das nicht geschieht, will Spahn die Zugangsvoraussetzungen zu einem Medizinstudium vereinfachen. "Es bringt mir nichts, wenn ich einen Abiturienten mit einem Schnitt von 0,9 habe, der aber nicht mit Menschen zusammenarbeiten möchte." Deshalb sollen auch Abiturienten mit einem schlechteren Schnitt die Chance haben, ein solches Studium aufzunehmen. "Um das auch möglich zu machen, gibt es jetzt zwei neue medizinische Fakultäten in Bielefeld und Augsburg", sagt Spahn.
Kritik an Spahn
Von Ärzten gab es an Spahn zuletzt aber auch aus einem anderen Grund Kritik. Der 39-jährige CDU-Politiker will eine Checkliste für Ärzte einführen, die sie vor einer OP durchgehen sollen. "Da haben sich einige Ärzte gekränkt gefühlt", erzählt Spahn. Dabei geht es ihm um etwas ganz anderes und erklärt es am Beispiel eines Piloten. "Ein Pilot muss vor jedem Flug eine Checkliste durchgehen, obwohl er schon 30.000 Mal geflogen ist. Das sollen auch Ärzte machen, da es hier um etwas sehr wichtiges - nämlich Menschenleben geht." Die Hoffnung besteht darin, Risiken so nochmal zu minimieren.
Patienteninformationen als Hologramme
Doch Spahn will die Ärzte auch entlasten. So machte er sich selbst ein Bild von der hochmodernen Holomedizin. Diese umfasst innovative medizinische Anwendungen auf Basis von Hologrammen. Dabei werden medizinisch relevante Patienteninformationen, wie CT-, MRT- oder SPECT-Daten sowie Ultraschall-, Mikroskop- und Endoskop-Bildschirme als Hologramm in einer Mixed-Reality-Brille, im echten Raum angezeigt. Hologramme und Realität verschmelzen und interagieren miteinander.
Staunen über Holo-Medizin
"Es ist beeindruckend zu sehen, was holographisch alles möglich ist", staunt Spahn. "Es ist natürlich erstmal gewöhnungsbedürftig wie jede andere Technik auch. Aber man bekommt sehr schnell ein Gefühl dafür, dass es einen positiven Unterschied macht, weil sehr sehr leicht Informationen verfügbar sind." Ein Sonderlob bekommt abschließend auch das UKE vom Minister. "Es ist vor allen Dingen toll, dass wir hier in Deutschland die Ersten sind, die das anwenden - auch hier ist die Uniklinik Essen Vorreiter."
Autor:Christian Schaffeld aus Oberhausen |
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