Essener Stadtrat hilft Geflüchteten
An Seite der Ukrainer
Der Essener Stadtrat traf sich wieder im Rathaus. Zuletzt hatte man sich am 19. Februar 2020 dort eingefunden. Seitdem war zunächst in einer Messehalle und anschließend in die Grugahalle getagt worden.
Dort war aber kein Platz, andere geeignete Räumlichkeiten nicht zu bekommen. Also zurück an die alte Wirkungsstätte. Am Mikrophon saß der Grüne Rolf Fliß, der erst einmal feststellte: „Ich bin nicht der Oberbürgermeister.“ Der 3. Stellvertretende Bürgermeister war der letzte der Mohikaner, da nicht nur OB Thomas Kufen, sondern auch dessen andere Stellvertreter Julia Jacob und Rudi Jelinek ausfielen.
Kufen hatte sich per facebook gemeldet. Er und sein Mann seien positiv auf das Coronavirus getestet worden: „Wir beide haben nur sehr milde Symptome und uns geht es den Umständen entsprechend gut. In den kommenden Tagen befinden wir uns in häuslicher Isolierung.“ Auch blieben einige Sitze leer. Die Ratsleute wurden im Saal selbst und auch auf der Empore verteilt, die eigentlich für Zuschauer gedacht ist. Denen wurde im kleinen Saal die Möglichkeit eingeräumt, die Sitzung am Bildschirm live mitzuverfolgen.
Bewegte Gemüter
Das Schicksal der aus der Ukraine Geflüchteten und der noch im Land den russischen Angriffen ausgesetzten Menschen bewegte die Gemüter. So hatten die Fraktionen von CDU, FDP, Grünen und SPD eine Resolution eingebracht, die „den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg des Putin-Regimes gegen die Ukraine auf das Schärfste verurteilt“.
Zuvor sprach jedoch Harald Parussel von der AfD. Zwar sei der russische Angriffskrieg zu verurteilen, stehe die Aufnahme von Flüchtlingen in diesem Fall außer Frage: „Ganz im Gegensatz zu den Jahren 2015 und 2016.“ Die AfD lehne aber Waffenlieferungen an die Ukraine ab, auch einen Beitritt in EU und NATO: „Das trägt nur zur Eskalation bei.“
Sichtlich erschüttert trat Fabian Schrumpf (CDU) ans Rednerpult: „Ich möchte mich bei den Ukrainern, die dem Livestream folgen, für den vorherigen Redebeitrag entschuldigen. Wir stehen an der Seite der Ukrainer, die überfallen worden sind.“ Bis auf die AfD stimmten alle Ratsleute der Resolution zu, die sich gegen einen „Angriff auf die Grundpfeiler der europäischen Friedensordnung“ wendet. Die Stadtverwaltung solle auch in Zukunft den Dialog mit den in Essen lebenden Ukrainern und Russen fortsetzen. Auch solle die seit 1991 bestehende Städtepartnerschaft mit Nischni Novgorod bestehen bleiben.
Derzeit 3877 Ukrainer
In Essen sind derzeit 3.877 Menschen aus der Ukraine erfasst, die die Servicestelle für Flüchtlinge aufgesucht haben. Davon kommen 2.674 bei Familien, Freunden und Verwandten unter, 519 sind in städtischen Einrichtungen untergebracht sowie 500 in Landeseinrichtungen. Außerdem wurden 184 Ukrainer kurzfristig in Hotels untergebracht. 1.400 ukrainische Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sind bei der Stadt gemeldet, die hier in eine Kinderbetreuung oder in eine Schule gehen oder in Essen ihre berufliche Ausbildung starten sollen. Unter Hochdruck werden Sprach- und Integrationsangebote, Betreuungs- und Schulplätze oder Schulvorbereitungskurse organisiert.
Auch beschloss der Rat der Stadt, eine Millionen Euro bereitzustellen, um weitere Unterbringungsmöglichkeiten für aus der Ukraine Geflüchteten zu generieren. Sofern weitere Finanzmittel benötigt werden, werden diese bei der Stadtkämmerei beantragt. Die städtischen Einrichtungen hätten ihre derzeitige Höchstkapazität erreicht. Die Verwaltung prüft momentan etliche Standorte. Bereits bezogen sind das ehemalige Marienhospital Altenessen mit 340 Plätzen sowie das ehemalige Kardinal-Hengsbach-Haus in Werden mit 350 Plätzen.
Autor:Daniel Henschke aus Essen-Werden |
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