Thema der Woche
Wie soll man die Stadttaubenpopulation in den Griff bekommen?
Gefeiert als Friedenssymbol, geliebt als Rennpferd des kleinen Mannes und gehasst als Ratten der Lüfte: Wenn es um Tauben, genauer gesagt Stadttauben geht, sind Konflikte vorprogrammiert.
Vorläufiger Höhepunkt der Kontroverse: In Limburg sollten Stadttauben von einem Falkner mit Futter in einen Fangschlag gelockt, anschließend durch einen stumpfen Schlag auf den Kopf betäubt und dann von Hand das Genick gebrochen werden. Doch die bundesweite mediale Aufmerksamkeit rettete die gut 200 Tauben. Diese sollen nun nicht getötet, sondern in ein Taubenhaus in der Oberpfalz umgesiedelt werden. Doch warum wurde überhaupt eine solche drastische Lösung in Betracht gezogen? Schon länger gibt es Städte, die tierschutzgerechte Lösungen praktizieren.
Tierschutzgerechte Lösungen
Sebastian Everding, für die Partei Mensch Umwelt Tierschutz (Tierschutzpartei) Mitglied im Europäischen Parlament und Bürgerreporter auf lokalkompass.de, beschäftigt sich schon länger mit der "Taubenproblematik" in den Städten, vor allem auch in Dortmund. Er weiß: "Die einzige wirksame und tierschutzgerechte Methode, um die Taubenpopulationen auf Dauer zu verkleinern und gesunde Tiere zu bekommen, ist die Einrichtung betreuter Taubenschläge nach dem Augsburger Modell."
Die Stadt Augsburg betreibt dabei als bundesweiter Vorreiter zwölf betreute Taubenschläge im Stadtgebiet. Dadurch nimmt die Präsenz von futtersuchenden Taubenschwärmen in der Innenstadt und damit die Belästigung der Bürger durch bettelnde Tauben ab. In den Taubenschlägen können Tauben Paare bilden und brüten. Die Eier werden allerdings ausgetauscht gegen Attrappen, so dass die Tiere weiter an ihr Nest gebunden bleiben, aber keine Küken aufziehen werden.
Keine Küken aufziehen
Everding erklärt weiter: "Betreute Taubenschläge werden bereits in vielen Städten mit Erfolg betrieben, ein einzelner ist jedoch nicht ausreichend, um der Situation in einer Großstadt wie Dortmund gerecht zu werden." In vielen Städten wird das Fütterungsverbot als Lösung propagiert. Tatsächlich aber ist das Nicht-Füttern tierschutzwidrig. Ein Gutachten, das von Dr. Kathrin Herrmann, Tierschutzbeauftragte des Landes Berlin, in Auftrag gegeben wurde, hat diese Futter-Verbote als rechtswidrig und Verstoß gegen das Tierschutzgesetz eingestuft. Die Stadt Dortmund hat inzwischen reagiert: Seit Anfang 2023 ist Dr. Katharina Kalka die erste Tierschutzbeauftragte der Stadt Dortmund. Mit dem Ziel, den gemeinsamen Austausch der Dortmunder Tierschutzvereine zu fördern, hatte die promovierte Tierärztin vor einem knappen Jahr zum ersten „Runden Tisch Tierschutz“ geladen. Die Veranstaltung stieß auf großes Interesse: 15 Vereine folgten der Einladung, darunter auch Vertreter der Taubenhilfe Dortmund, Lünen und Umgebung sowie Mitarbeiter des Tierschutzzentrums Dortmund. Themen des ersten Treffens waren unter anderem die Situation der Tauben in Dortmund und der tierärztliche Notdienst in Dortmund. Doch wer letztendlich für die Stadttauben zuständig ist, bleibt auch nach dem letzten Treffen im Januar unklar.
Ein Runder Tisch zum Thema Tierschutz
Ein Sprecher der Stadt erklärt dazu: "Grundsätzlich kümmert sich das Ordnungsamt der Stadt Dortmund um Tiere, denen durch Maßnahmen Dritter Leiden, Schmerzen oder Schäden zugefügt wurden – wenn zum Beispiel bei Fassadenschutzmaßnahmen Tauben eingesperrt werden, sodass dadurch Taubennestlinge von ihren Eltern getrennt werden. Die Zuständigkeiten bezüglich des Taubenfütterungsverbotes nach der OBVO (Ordnungsbehördliche Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung) obliegen ebenfalls dem Ordnungsamt. Ansonsten kümmert sich der Tierschutzverein Groß-Dortmund e.V. um die Betreuung des Taubenturms im Stadtgarten. Die Tierschutzbeauftragte der Stadt Dortmund wäre Ansprechpartnerin für beispielsweise Konzepte hinsichtlich der Regulierung der Taubenpopulation oder anderer präventiver Maßnahmen oder Umsetzungen. Für einzelne verletzte Stadttauben gibt es keine behördliche Zuständigkeit, weil es sich um wildlebende Tiere handelt".
Taubenschlag in Essen-Borbeck
Auch in Essen ist die Problematik der Stadttauben-Population allgegenwärtig. Dort engagiert sich der Verein Stadttauben Essen: Mit einer kleinen Arbeitsgruppe bei Facebook fing dort vor ein paar Jahren alles an. Aus der Idee folgten Taten: Im Dezember 2018 unterstützten die Tierschützer den Plan, einen Taubenschlag in Essen-Borbeck zu errichten und schließlich einen Verein zu gründen, die Stadttauben Essen. Der Verein kümmert sich ehrenamtlich um kranke, verletzte oder verwaiste Tauben. Und auch hier setzen die Tierschützer wie in Dortmund auf die Anwendung des so genannten Augsburger Modells.
Zu dem Beitrag gibt es folgendes Interview: "Das Tierleid muss ein Ende haben!"
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