Wieder viele Absagen an Viertklässler
Essener Gymnasien überfüllt

Das Kettwiger Theodor-Heuss-Gymnasium musste 18 Schülern absagen. 
Foto: Henschke
  • Das Kettwiger Theodor-Heuss-Gymnasium musste 18 Schülern absagen.
    Foto: Henschke
  • hochgeladen von Daniel Henschke

Über 46 Prozent der Essener Viertklässler wechseln nach den Sommerferien auf ein Gymnasium. Während einige Schulen genügend Plätze vorhalten, führen Engpässe an anderen Gymnasien zu Absagen.

Zuletzt hatten zwölf Essener Familien gegen die Ablehnungen ihrer Kinder geklagt, aber nur drei damit Erfolg gehabt. Eine Klage ist nur dann erfolgreich, wenn der Schule nachgewiesen werden kann, dass sie bei der Auswahl Fehler gemacht hat.
Schuldezernent Muchtar Al Ghusain ist sich des Problems bewusst: „Durch die Bildung von einigen wenigen Mehrklassen werden wir allen angemeldeten Schülerinnen und Schülern in Essen ein Schulangebot machen können - wenn auch nicht immer an der gewünschten Schule, so aber in der gewünschten Schulform. Wir wissen aber, dass in den kommenden Jahren zahlenmäßig bedeutend stärkere Jahrgänge zum Übergang in die weiterführenden Schulen anstehen. Deshalb werden wir zusätzlichen Schulraum schaffen.“ Das hilft aber im Moment kein bisschen.

Ein Beispiel: Das Kettwiger Theodor-Heuss-Gymnasium vermeldete 138 Anmeldungen. Doch es gibt nur maximal 120 Plätze und so musste 18 Kindern abgesagt werden. Im vergangenen Schuljahr waren es nur 85 Anmeldungen, die dann in drei Klassen untergebracht wurden. Im Jahr 2020 hatte es 132 Anmeldungen gegeben, davon wurden 120 angenommen und auf vier Klassen verteilt. Schon damals kamen Beschwerden auf. Die Entfernung von Wohnsitz und Schule sei nicht berücksichtigt worden, was zur Folge habe, dass Kinder abgelehnt worden sein, die zum Teil nur „einen Steinwurf entfernt“ vom THG wohnen.

Schulplatzlotterie

Nun heißt es, es würden dieselben Fehler wie 2020 gemacht und Schüler aus Isenbügel und Breitscheid den Kettwiger Kindern vorgezogen. Eine Mutter macht sich Luft: „Unser Sohn ist Opfer der Schulplatzlotterie geworden. Alle seine Freunde sind angenommen worden, nur unser Junge ist rausgefallen im Losverfahren.“ Dabei hätte sie bei der Anmeldung im THG explizit nachgefragt, ob es zu Absagen kommen könne. Beim Infoabend sei auch gesagt worden, dass die Absagen 2020 eine absolute Ausnahmesituation dargestellt hätten: „Wir waren da wohl etwas sorglos und haben den Aussagen geglaubt.“ Am Karnevalsamstag flatterte der Brief mit der Absage ins Haus.

Nun müssen die Eltern ihrem Neunjährigen erklären, wieso er nicht in Kettwig zur Schule gehen darf. Wie andere Familien auch habe man Widerspruch eingelegt: „Mindestens zwei Familien überlegen ernsthaft, den Rechtsweg zu beschreiten.“ Das habe 2020 in einem Fall geklappt. Sollte eine Klageflut auf das Theodor-Heuss-Gymnasium zurollen, schade dies der Reputation der Schule.

Geschwisterkinder

Aus Sicht der Verwaltung  scheint das wichtigste Kriterium die Frage, ob schon ein Geschwisterkind die Schule besucht. Die Wohnortnähe sei da nur ein weiterer Faktor. Für Jugendliche seien bis zu drei Stunden für Hin- und Rückweg durchaus vertretbar. Der Grundsatz „Kurze Beine, kurze Wege“ gelte auch nur für Grundschulkinder. 

Was der Kettwiger Ratsherr Guntmar Kipphardt bissig kommentiert: „Nach den Sommerferien hat ein dann Fünftklässler ja nicht plötzlich deutlich längere Beine .“ Seine Kritik von 2020 gelte auch heute: „Wir haben immer noch keine Lösung. Warum ist die Verwaltung nicht in der Lage, hier rechtzeitig Vorsorge zu treffen?“ Es sei schon ärgerlich, dass die Stadt nicht reagiert habe, als das Nachbargrundstück zum Verkauf angeboten wurde: „Warum hat man sich das Areal nicht gesichert, um dort das Theodor-Heuss-Gymnasium zu erweitern? Jetzt werden dort Wohnungen gebaut. Da ist meiner Meinung nach eine Chance verpasst worden.“

Soziale Kontakte

Die Engpässe würden ja nicht geringer. Die CDU-Ratsfraktion habe daher den Antrag gestellt, Schulbauprozesse zu beschleunigen. Er habe auch vollstes Verständnis für die Verärgerung: „Ich kann nachvollziehen, wenn Eltern alles in Bewegung setzen, um ihre Kinder wohnortnah unterzubringen. Schließlich waren sie durch die Pandemie-bedingten Maßnahmen ohnehin schon von vielen sozialen Kontakten abgeschnitten.“

SPD-Ratsherr Daniel Behmenburg ärgert sich, dass in seinem Kettwig leider jedes Jahr dasselbe Problem auftrete: „Hier rächt sich einmal mehr, dass man bei den ganzen Neubauprojekten nicht auch die Infrastruktur im Umfeld mitdenkt. Wenn man attraktiven Wohnraum für junge Familien schafft, dann müssen auch Kita- und Schulplätze in ausreichendem Maße vorhanden sein. Ziel muss ein wohnortnaher Schulplatz für alle Schülerinnen und Schüler sein.“

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

13 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.