Besuch im "Bookshop" des GOP Varieté Theaters
Zauberhafte Literaturzitate am rissigen roten Faden
Ja, es war wieder nett und schön und unterhaltsam. Zwei Stunden, an die man sich gern erinnert. Doch man muss auch sagen: Es hat schon bessere Programme gegeben im Essener GOP Varieté Theater.
Woran mag's liegen? Bestimmt nicht daran, dass Frau Sonntag (was für ein sympathischer Name!) mit französischem Akzent einen englischen Bookshop führt. Oder daran, dass bei manchen Nummern ein berühmter Buchtitel in den Saal gepfeffert wird, die Erwartungen an diese Meilensteine dann aber von der Darstellung nicht erfüllt werden?
Viele Figuren werden eingeführt: Rapunzel, die böse Hexe, Momo, Robinson Crusoe, die kleine Meerjungfrau. Doch der Bookshop lässt sie nur kurz antanzen und verliert den roten Faden, der die literarischen Helden mit realen Menschen an seiner Registrierkasse zusammenführt. Frau Sonntag (Amélie Demay) liefert Zitate, bedient Märchen, Romantik und Drama und sorgt dabei für reichlich Wirbel und die komödiantische Würze. Doch die Anleihen aus der hohen Kunst des Geschriebenen erreichen das Publikumsherz nicht im gewohnten Maße.
Klar, es gibt Ausnahmen: Shakespeares "Romeo und Julia" vereinen Körperkraft und Seele am Pole. Die Postzusteller Vlad und Axel begeistern mit artistischer Höchstleistung, wenn der eine den anderen auf seinen Fußsohlen balanciert und die Bühnenluft wirbelt. Auch Gwenadou kann als "Beatrix Kiddo" aus Tarantinos "Kill Bill" mit familienkompatibler Hulahoop-Show überzeugen.
Amélie Demay und ihr Gehilfe Joel Baker (der lacht wie "Pennywise" in "Es") sind die Garanten fürs Lustige, aber auch in Sachen Artistik auf der Höhe. Die drahtige Bücherfrau zeigt ihr Allround-Talent auch beim Tanzen und Singen. Die Musiker des TriOle-Ensembles liefern den musikalischen Rahmen: Mit Schlagwerk, Vibraphon und Kontrabass gelingt ihnen stets die exquisite Begleitstimmung fürs Bühnengeschehen - von der Polka bis zu zauberhaften Traumklängen, während Helena Jans im Strapaten-Duett mit dem "Knochenmann" die Schwerkraft aushebelt.
Klar, man verlässt den schnuckeligen Varieté-Saal positiv gestimmt. Und wenn man dann noch im Foyer die Kollegin aus Hünxe und die Mama des Kumpels aus Dinslaken trifft, die auf die Bus-Rückfahrt mit dem Heimatverein Hiesfeld wartet, dann in die Theaterwelt doch wieder in Ordnung. Wie immer also - jedenfalls im GOP.
Autor:Dirk Bohlen aus Hamminkeln |
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