Perspektivwechsel
Vierte Station der Federgedichte – Die Schmetterlinge und ihre Lieblingsorte
Meine Tochter hat etwas mit mir geschimpft, wegen dieses Zwischenstopps in Portugal. Aber es war doch soooo schön dort! Naja – Kinder und Geduld, das ist halt so eine Sache… Andererseits ich kann es schon verstehen, wo wir so viel Schönes mit den Delfinen erlebt haben ist sie jetzt auch an der Reihe. Und ihr habt es bereits der Überschrift entnommen, es geht um meinen kleinen Schmetterling. Denn bei ihr war es so, dass während der Schwangerschaft in meinen Träumen immer wieder Schmetterlinge auftauchten.
Nachdem uns nun die Delfine an der britischen Steilküste abgesetzt haben, müssen wir nicht lange darauf warten, dass uns neue Weggefährten in Empfang nehmen. Fasziniert und mit großen Augen stehen wir an der Küste, auf der einen Seite verabschieden wir die Delfine auf der anderen Seite ist der Himmel gespickt mit unzähligen Faltern in unterschiedlichsten Größen und Farben. Sie kommen uns immer näher. Zum Glück bleiben wir vom britischen Dauerregen verschont. Der Himmel ist so klar wie die Luft und auch die Sonne lässt die Umgebung erstrahlen. Wie hypnotisiert von dem atemberaubenden Anblick bewegen wir uns auf den Schwarm zu. So wie sich dieser neugierig auf uns zu bewegt. Als wir dem ersten Schmetterling so nah kommen, dass wir ihn berühren könnten, bewegt sich unsere Hand in seine Richtung - aber hält dann doch inne. Nicht dass diese zerbrechlichen Wesen einen Schaden davon tragen, wenn wir zu nah hinlangen. Aber der Abstand ist höchstens einen Millimeter, vielleicht etwas weniger oder viel weniger; und doch ist gerade mal ein Hauch zu spüren sowie ein leichter Windzug vom Flügelschlag auf der Haut. Das Herz pocht so laut, scheinbar mit dem Flügelschlag der Falter im Takt. In diesem Moment, wo wir das Gefühl haben einen Schmetterling zu berühren und es doch nicht tun, entsteht eine Spannung und diese wiederum erzeugt ein Magnetfeld und wir beginnen scheinbar zu schweben - fühlen uns schwerelos. Wir sind nun mitten im Schmetterlingsschwarm. Wohin wir auch blicken überall sind diese wunderschönen, zarten Tiere, die elfengleich durch die Lüfte schweben. Wir dürfen heute ein Teil davon sein, denn die Schmetterlinge möchten uns ihre Lieblingsorte zeigen. Sie bringen uns zu den bunten Blumenwiesen, wirbeln auf und ab und hin und her. Dort in der Baumhöhle ist ihr Schlafplatz, aber es gibt auch noch unzählige weitere Verstecke, die wir nun alle erkunden dürfen. Wir sehen die Natur aus einer völlig anderen Perspektive. Eine unvergessliche Erfahrung!
Nun fiel es mir anfänglich etwas schwer ein Gedicht zum Schmetterling zu schreiben, denn alles was mir immer wieder in den Sinn kam war dieses Kinderlied: „Schmetterling, du kleines Ding.“ Puh, nein das war nicht das richtige für meine Tochter. Da kam mir die Idee ein anderes Wort für Schmetterling zu suchen. Kein deutsches Wort und aus diesem Grund sind wir jetzt in Großbritannien gelandet. Das Gedicht enthält englische Vokabeln. Man kann es aber auch verstehen, wenn man des Englischen nicht so mächtig ist, denn die gleichen Worte tauchen in jeder Strophe zuvor bereits auf Deutsch auf. Es ist also gar nicht schlimm, wenn eine Übersetzung nicht sofort gelingt, der Sinn ergibt sich trotzdem. Das Gedicht heißt: My Butterfly – Mein Schmetterling.
So zart, dezent und fein zerbrechlich,
tanzt durchs Leben sorgenfrei,
voller Energie und doch verletzlich,
my tiny, tender butterfly.
Lächelt mir so frech entgegen,
strahlt sonnig nur so nebenbei,
aus diesen großen, braunen Augen,
my sunny, shining butterfly.
Willensstark und kämpferisch,
verfolgt das Ziel mit Mogelei,
verwickelt mich ganz spielerisch,
my strong-willed, cheating butterfly.
Lange schlafen, morgens muffeln,
doch schlechte Laune geht vorbei,
lieber barfuß als Pantoffeln,
my grumpy, barefoot butterfly.
Erzählt von seiner eigenen Welt,
von Magie und Zauberei,
hat alles selber ausgezählt,
my story telling butterfly.
An Schönheit kaum zu übertreffen,
überrascht mich täglich neu,
hat selbstbewusst seinen Stil erschaffen,
my beauty, self-assured butterfly.
Sei beschützt und sei behütet,
meine kleine Kostbarkeit,
was immer Dir das Leben bietet,
du bleibst my precious, lovely butterfly.
Aus „Federgedichte“ von Bine von Deckert, ISBN: 978-3754342299
Ich finde das Gedicht sagt alles über Schmetterlinge aus, was es zu sagen gibt und auch über meinen kleinen Schmetterling. Google hat mir noch verraten, dass ein Schmetterling etwa 10 bis 15 Mal pro Sekunde mit den Flügeln schlägt. Daher wohl auch die Theorie des Butterfly Effekts. Davon spricht man, wenn man in einem unübersichtlichen System eine kleine Veränderung vornimmt und nicht erahnen kann welche Folgen das hat. Bildlich gesprochen besagt die Theorie, dass ein Schmetterling mit seinem Flügelschlag einen Sturm auszulösen vermag. Tja, wer weiß welche Folgen es hat, dass ich gerade diese Zeilen hier tippe – jeder Buchstabe ein Flügelschlag. Aber zurück zum Thema: diese Theorie ist zum Beispiel auch ein Grund dafür, dass ich aufgehört habe mich über Politiker aufzuregen. Ich, von außen kann überhaupt nicht beurteilen, welche Effekte ihre Entscheidungen haben und ich glaube, dass es manchmal auch verdammt schwer für sie selbst ist alles abzuwägen und dann das Beste zu tun. Man kann es eben nicht immer jedem Recht machen. Ich stehe diesen Menschen inzwischen sehr ehrfürchtig gegenüber. Jedenfalls den meisten von ihnen.
So wie jeder Schmetterling im Schwarm, hat jeder Mensch seine eigene Perspektive. Mal sieht er mehr als wir und mal weniger und dann aber vielleicht auch einfach nur ganz anders. Was für den einen Menschen völlig logisch ist, ist für einen anderen noch lange nicht so, denn er hat eine andere Sichtweise auf die Welt. Deswegen ist er kein besserer oder schlechterer Mensch – er ist einfach ein anderer Mensch mit einer anderen Geschichte.
Lasst uns heute mal versuchen, Dinge anders zu betrachten. Ich meine damit nicht sich in einen Menschen hineinzudenken. Das wäre viel zu viel. Am besten ist immer, bei sich selbst anzufangen. Also gerade in den Momenten, wo wir zu selbstkritisch sind können wir eine andere Perspektive suchen. Zum Beispiel die Spinnweben an der Decke sind doch wunderschöne Kunstgebilde. Das muss ja nicht heißen, dass es beständige Kunst ist. Es geht mir auch darum mit welchem Gefühl man sie dann entfernt. Klar kann man sich ekeln oder ärgern – man könnte aber auch sagen: „Danke liebe Spinne für dein hübsches Geschenk. Es ist nur leider am falschen Ort.“ Und das Chaos im Wohnzimmer – ist es nicht ein Zeichen von Leben und Veränderung. Es ist gut ab und zu mal Chaos zu haben um seinen eigenen Platz im Leben zu finden. Oder wie bei der ersten Challenge im Straßenverkehr nicht auf die Autofahrer zu achten, die uns aufregen sondern den Fokus auf jene legen die ganz gut fahren. Man kann so viele Dinge von der einen sowie von der anderen Seite betrachten. Heute wählen wir einen neuen Blickwinkel. Und morgen vielleicht wieder einen anderen. Ich bin gespannt ob ihr es probiert und wie es euch damit geht.
Ich glaube mein nächstes Gedicht führt uns nach Russland. Mal schauen was uns da erwartet!
Bis bald, eure Bine!
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