Jan Niklas Sobotta berichtet aus dem Alltag eines Bestatters
Trauern in Zeiten des Corona-Virus
Das Corona-Virus hat unser Leben weiterhin im Griff. Und selbst dessen Ende wird von dem Virus beeinflusst. Schon seit Monaten sind Bestattungen nur im kleinen Kreis und unter strengen Auflagen möglich. Nico Jan Sobotta vom Trauerhaus Sobotta bemüht sich, den Abschied dennoch würdevoll zu gestalten.
„Derzeit sind maximal 25 Personen erlaubt, je nach Größe der Örtlichkeit. Vielen Angehörigen fällt es schwer zu entscheiden, welche Verwandten, Freude und Bekannte an der Beisetzung teilnehmen dürfen“, berichtet der junge Bestatter, dessen Institut im Essener Süden liegt, „Daher bieten wir, ähnlich wie andere Häuser, auch die virtuelle Übertragung an.“ So können auch Personen, die nicht vor Ort dabei sein können, Abschied nehmen, denn im Schnitt liegt die Gästeanzahl bei den von ihm beleiteten Beerdigungen zwischen 25 und 50 Personen. Bei der Trauerfeier setzt Sobotta schon seit der Gründung seines Trauerhauses vor fünf Jahren, auf die persönliche und zeitgemäße Gestaltung. Dieses Stil behält er auch in Zeiten des Corona-Virus bei. „Ich hatte bisher nur eine Person, die mit dem Virus gestorben ist“, sagt er. In diesen Fällen muss er sich besonders schützen. Neben den doppelten Handschuhen, die zum Standard gehören, trägt Sobotta bei der Arbeit mit infizierten Verstorbenen einen Schutzanzug sowie eine FFP2-Maske und Schutzbrille. Dazu kommt die umfassende Desinfektion, auch der Instrumente. Die Aufbahrung der Toten ist derzeit nicht erlaubt, sondern es findet eine sofortige Kremation statt. Eine Erdbestattung ist nur in Ausnahmefällen möglich.
Nach Rücksprache mit seinem Partner-Krematorium weiß Sobotta, dass dieses die aktuell höheren Todeszahlen in Essen auf den demografischen Wandel zurückführt. „Derzeit dauert eine Einäscherung bis zu drei Wochen, normalerweise sind es circa zehn Tage“, weiß der Bestatter aus Erfahrung, „ Wir haben zusätzlich noch eine Art Rückstau von den Feiertagen im Dezember.“ In dieser Zeit laufen die Öfen in der Regel nicht mit der vollen Kapazität, so heißt es.
Für Angehörige bedeute die längere Wartezeit immer auch eine Verlängerung der Trauerphase. Bereits geleistete Trauerarbeit wird durch das Ereignis der Beerdigung manchmal abgeschwächt, sodass Angehörige erneut in ein Loch fallen. Sobotta versucht, die Menschen in dieser Zeit zu unterstützen, indem er sie aktiv in die Vorbereitung und Durchführung der Bestattung einbindet: „Ich lasse die Angehörigen die Musik auswählen und Fotos. Dabei empfehle ich, ein Lied oder Bild aus dem Leben der verstorbenen Person zu nehmen, welches sie charakterisiert. So wird es persönlich.“ Sobotta hofft, dadurch auch dem Tod ein wenig von seinem Schrecken zu nehmen, denn noch immer ist dieses Thema mit einem gesellschaftlichen Tabu belegt. „Ich versuche deutlich zu machen, dass der Mensch viele Jahre gelebt hat, bevor er gestorben ist und das zu würdigen.“ Dabei seien die zeit von organza und Tüll vorüber so Sobotta, der sich wünscht, das seine Branche den Aufbruch in ein neues Zeitalter wagt. Hierzu hält er Vorträge und wird immer wieder zu Kollegen und in Ausbildungsbetriebe eingeladen, um über seine modernen Ansätze zu berichten. So bietet sein Trauerhaus die Erstellung eines Bildbandes an oder individuelle Erinnerungsstücke an die verstorbene Person. Auch bei der Grabgestaltung gibt es heutzutage viele Optionen. Allen voran die Auswahl des Grabmals, denn der klassische Grabstein ist nur eine von mehreren Optionen.
Jan Niklas Sobotta hat ein Ziel mit seiner Arbeit: „Ich versuche, schöne Augenblicke in der Trauer zu zaubern.“
Autor:Meike Coenders aus Essen |
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