Freiheit
Mit den Federgedichten einen Drachen reiten

Gestärkt und gut gelaunt verlassen wir dieses urige, abgelegene Dorf. Einige Kinder begleiten uns noch eine Weile. Ihre Neugier lässt sie scheinbar nicht los und wir haben das Gefühl, obwohl ein sprachlicher Austausch nicht möglich ist, dass sie so viel wie möglich von uns aufsaugen wollen. Wir sind verblüfft von ihrer Offenheit und lassen uns von ihrer Unbeschwertheit anstecken. Obwohl wir kein Wort verstehen, redet die Rasselbande noch eine ganze Weile auf uns ein. Nur anhand ihrer Gesten, an den Stimmfarben und an ihrer Aufgeregtheit können wir vermuten, dass sie von großen Abenteuern berichten. Wahrscheinlich Geschichten, die schon seit Jahrhunderten in dem Dorf von Generation zu Generation weiter getragen werden und die sie uns nun mit auf den Weg geben möchten.

Unser Ziel ist diesmal nicht ganz klar. Es ist später Nachmittag und wir wandern Richtung Osten. Die Sonne im Rücken wirft lange Schatten vor unsere Füße. Der frische Wind fegt uns durchs Gesicht. An einer kleinen Hängebrücke bleiben die Kinder stehen. Ihre Gesten lassen vermuten, dass sie sich an dieser Stelle verabschieden und umkehren werden. Aus Höflichkeit imitieren wir die Gesten bevor sich die Gruppe umdreht und sich von uns entfernt, in jene Richtung aus der wir gemeinsam gekommen waren. Uns aber hat nun die Abenteuerlust gepackt und einer nach dem anderen erreicht die andere Seite über die wackelige Brücke. Ein seltsames Gefühl mitten im Nirgendwo zu stehen mit nichts im Gepäck außer dem Ruf unserer Herzen. In welche Richtung sollen wir nun weiter gehen?

Der Weg führt geradewegs auf eine Felsenkette zu. Höchstwahrscheinlich lässt sich dort ein sicherer Ort finden um die Nacht zu verbringen. Also beschließen wir dem Weg zu folgen, den bestimmt schon seit Wochen kein Mensch mehr gegangen ist. Die Sonne verschwindet schon fast am Horizont hinter uns als wir die ersten Anhöhen erreichen. Wir halten Ausschau nach einer geschützten Stelle und finden eine weite Mulde von Hügeln umgeben. Als wir sie betreten ist die Dämmerung bereits fortgeschritten und außer einer Schattenlandschaft ist nichts erkennbar. Wir nehmen seltsame Geräusche war, die wahrscheinlich vom Wind stammen, der über die Mulde hinweg weht. Unzählige keine Hügel in dieser Mulde laden ein sich dort anzulehnen und zur Ruhe zu kommen. Sie strahlen eine wohlige Wärme aus. Jeder lehnt sich an einen dieser warmen Hügel und bereits nach kurzer Zeit sind alle im Traumland verschwunden.

Plötzlich weckt uns der schrille Schrei eines wilden Tieres. Wir öffnen unsere Augen, bemerken den Zugwind und stellen fest, dass wir in Bewegung sind. Sterne und Wolken ziehen vorbei. Wir schauen uns um – jeder von uns befindet sich auf einem fliegenden Wesen: einem Drachen! Im ersten Moment stockt der Atem doch bereits nach kurzer Zeit realisieren wir, dass die warmen Hügel schlafende Drachen waren die uns nun einfach mit auf ihrem Flug in den Sonnenaufgang genommen haben. Voraus in der Ferne wird es bereits heller und die Gebirgslandschaft unter uns wird erkennbar. Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus und beginnen den Flug zu genießen.

Ich mag gar nicht mehr aufhören zu erzählen… Wer Lust hat kann mir ja in die Kommentare schreiben, was er bei seinem Flug mit dem Drachen gesehen und erlebt hat.
Das heutige Gedicht heißt „Drache in mir“

Mächtig wildes Schuppentier,
von magischer Natur,
prächtig, stolz deiner Anblick Zier,
du weise Kreatur.

Gold schimmerst du im Sonnenlicht,
hellblau wenn Regen fällt,
schnaubend wendet dein Gesicht,
der Blick durchdringend und erhellend.

Sanfter Behüter, kluger Freund,
bleibst treu an meiner Seite,
überblickst was nicht erkannt,
in vollkommener Weite.

Spannst deine Flügel breit heraus,
beschützt was darunter Zuflucht sucht,
und wenn der Wind weht geradeaus,
dann zeigst du deine Wucht.

Dann steige ich auf deinen Rücken,
wir starten durch, wir heben ab,
nichts kann uns beide noch erschrecken,
nichts bringt uns zwei vom Wege ab.

Aus "Federgedichte" von Bine von Deckert, ISBN 978-3754342299

Ich möchte gar nicht viel zu diesem Gedicht sagen, denn ich würde mir wünschen von euch völlig unvoreingenommen zu erfahren, was ihr davon haltet. Ob ihr denkt, dass ihr ebenfalls so ein Wesen in euch haben könntet, das euch überall hinbringen kann - oder vielleicht nur Anteile davon?

Meine Challenge für heute heißt: Zeige deine Drachengüte! Damit meine ich: du darfst dir und anderen etwas gönnen. Sei großzügig zu dir selbst und verbiete dir nicht die kleinen Dinge, die dich glücklich machen. Und auch anderen Gegenüber darfst du Abstand nehmen von Neid und Missgunst und „Ja“ sagen zu der Art von Mitfreude, die dir fast das Gefühl gibt selbst ein unglaublich schönes Geschenk erhalten zu haben.

Es ist so schön mit euch auf den Drachenrücken ins ungewisse zu fliegen. Ich bin sehr gespannt auf das nächste Abenteuer!

Bis bald,

Eure Bine

Autor:

Bine von Deckert aus Essen

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