Kommentar zur Winnetou-Debatte
Mal einen anderen Blickwinkel einnehmen
Die aktuelle Winnetou-Debatte ist entstanden durch den Ravensburger Verlag. Dieser hat das Kinderbuch zum neuen Film ,,Der junge Häuptling Winnetou“ aus dem Sortiment genommen. Empörte Reaktionen ließen nicht lang auf sich warten. Schnell war von Verbotskultur die Rede.
Auslöser für die Handlung des Ravensburger Verlages waren Vorwürfe in den sozialen Medien, die Bücher reproduzierten rassistische Stereotypen, seien kolonialistisch, romantisierend und würden sich kultureller Aneignung in Bezug auf die Ureinwohner Nordamerikas bedienen. Im Statement von Ravensburger auf Instagram heißt es: ,,Euer Feedback hat uns deutlich gezeigt, dass wir mit den Winnetou-Titeln die Gefühle anderer verletzt haben. Wir entschuldigen uns dafür ausdrücklich. Das war nie unsere Absicht.“
Was ist an den Vorwürfen dran?
Karl May veröffentlichte die Bücher zur Zeit des Kolonialismus, ohne je selbst in Amerika oder mit den Ureinwohnern Nordamerikas in Kontakt gewesen zu sein. Anatol Stefanowitsch, deutscher Sprachwissenschaftler und Dozent der Freien Universität Berlin, kritisiert: ,,Bei Karl May werden Native Americans als Stereotype und dem weißen, deutschen Mann unterlegene Menschen charakterisiert." Das sei rassistisch.
Den Menschen ist ein Völkermord, Ausbeutung, Landraub und Unterdrückung widerfahren durch weiße Kolonialisten. Das kommt in Karl Mays Winnetou-Erzählungen nicht vor. Daher kommt der Vorwurf der Romantisierung und falschen Darstellung der damaligen Zeit und die Debatte um den Inhalt der Bücher. Deshalb kritisieren Menschen die Werke von Karl May nicht ohne Grund.
Außerdem lässt sich die berechtigte Frage stellen, wie realistisch das Bild der indigenen Bevölkerung sein kann, das Karl May gezeichnet hat, wenn er damit persönlich nie in Berührung gekommen ist. Natürlich sind Romane fiktiv, doch die Winnetou-Bücher suggerieren Echtheit. Besonders für Kinder ist es schwer zu differenzieren und Inhalte werden meist nicht hinterfragt.
Der Kolonialismusforscher Prof. Dr. Jürgen Zimmer sagte gegenüber dem Bayerischen Rundfunk: ,,Es war eine deutliche Enttäuschung, nach dem Motto, wie konnte ich in meiner Jugend begeistert sein und das nicht merken, den Antisemitismus, den Rassismus in den Werken. Von der Frauenfeindlichkeit ganz zu schweigen.“
So kann es gehen
Meiner Meinung nach sollte es weniger um die Diskussion des Verbots des Buches an sich, sondern mehr um die Aufarbeitung von Kolonialismus und Rassismus gehen. Ein Lösungsvorschlag aus diesem Grund ist: Kinder lesen die Bücher mit Lehrern, die den Inhalt mit ihnen kritisch hinterfragen und in den Kontext der damaligen Zeit einordnen.
Die Winnetou-Debatte hat den MDR übrigens dazu veranlasst, in Zukunft Filme mit Warnhinweisen zu versehen, wenn sie rassistische Stereotypen enthalten.
Das letzte Wort in der Winnetou-Debatte ist in jedem Fall noch nicht gesprochen.
Autor:Joyce Noll aus Essen |
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