Essens Schauspiel sucht das Beste aus 12 Jahren
Lieblingsstücke
Am 30. September 2010 gab man im Grillo-Theater den Kleistschen Prinzen Friedrich von Homburg. Die erste Premiere unter der neuen Intendanz von Christian Tombeil. Es folgten über 150 weitere Stücke.
Im nächsten Jahr wird sich Christian Tombeil verabschieden als Schauspiel-Intendant. Bis dahin wird sich das Ensemble noch unzählige Male in faszinierende Charaktere verwandelt haben, wird auch in der Abschiedsspielzeit 2022/2023 für berührende und fantasievolle Momente gesorgt haben.
Vom 1. März an haben die Essener Theaterfans einen Monat lang die Möglichkeit, unbegrenzt ihre Lieblingsstücke aus zwölf ereignisreichen Jahren auszuwählen. Die zehn beliebtesten Stücke bekommen dann im nächsten Spielzeitheft einen Ehrenplatz.
In Erinnerungen schwelgen
Das Team um Tombeil lädt das Publikum ein, in Erinnerungen zu schwelgen, zurückzublicken auf vergangene Spielzeiten, an die unterschiedlichen Inszenierungen und nicht zuletzt an die Schauspieler zu denken. Was waren die spannendsten und bewegendsten Aufführungen auf den Bühnen des Essener Schauspiels, im Grillo-Theater, in Heldenbar und Casa, in der Box und in Außenspielstätten wie der ehemaligen Tanzschule in der Marxstraße?
Die Chefdramaturgin und Stellvertretende Intendantin Vera Ring lächelt: „Es würde uns total interessieren, welche Stücke dem Publikum im Gedächtnis geblieben sind. Wir sind supergespannt und lassen uns da komplett überraschen. Auf unserer Webseite kann man sich durchklicken und zur Abstimmung gelangen. Wir wollten ganz bewusst keinen repräsentativen Bildband machen. Den blättert man einmal durch und dann stellt man ihn ins Bücherregal.“
Natürlich werde im Team viel über diese Aktion geredet, und es ließen sich schon Präferenzen für gewisse Arbeiten erkennen. Dramaturgin Judith Heese hebt aber hervor, dass für sie und ihre Kolleginnen die Ergebnisse und Erfolge einzelner Stücke nicht getrennt werden könnten vom jeweiligen, oft mühseligen Arbeitsprozess: „Das ist nicht komplett rauszuziehen aus der persönlichen Betrachtung.“ Man sehe eigene Produktionen vielleicht auch kritischer als die Arbeiten anderer, wirft Vera Ring ein.
Das Publikum erreicht?
Sie gerate jetzt schon ins Philosophieren, gibt Judith Heese zu: „Welches Stück wird gewinnen? Vielleicht was Unterhaltsames? Oder unterschätzen wir das Publikum da?“ Dramaturgin Carola Hannusch hat eine große Hoffnung: „Dass gerade die Stücke ausgewählt werden, die nicht so der Publikumsschlager waren.“ Die eher sperrigen Werke. Vera Ring wird jetzt grundsätzlich. Die Abstimmung werde je nach Teilnehmerzahlen und Ergebnis auch eine Frage beantworten: „Haben wir unser Publikum erreicht?“ Das frage man sich gerade in der Pandemie: „Wir sind bis heute nicht vollbesetzt, der Blick ins Publikum ist ein anderer. Aber man spürt die Verbindung. Und mit dem Voting können wir auf leichte Art mit dem Publikum in Kontakt kommen.“
Die Vorfreude ist allen Drein anzumerken und Carola Hannusch freut sich diebisch: „Schon alleine das Durchklicken durch all‘ die Aufführungen macht Spaß.“ Allerdings komme dabei durchaus auch Melancholie auf. Welches Stück auch immer zum Sieger gekürt wird, eine Aufführung wäre wohl kaum denkbar. Denn Vera Ring gibt zu bedenken: „Wir bewahren die Bühnenbilder ja nicht auf. Und die Schauspieler sind auch nicht mehr alle da.“
Online-Abstimmung
Ab Dienstag, 1. März, ab 10 Uhr, ist unter www.theater-essen.de/lieblingsstuecke die Abstimmung möglich, und zwar bis einschließlich Freitag, 1. April. Unter allen Teilnehmern werden Premierenkarten verlost und ein exklusiver Besuch hinter den Kulissen während einer Vorstellung. Vera Ring verspricht, dafür eine Inszenierung auszuwählen, bei der Backstage die Fetzen fliegen: „Das Geschehen hinter der Bühne ist oft genauso spannend wie auf ihr.“
Autor:Daniel Henschke aus Essen-Werden |
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