Frohnhausen
Kunstraum Notkirche zeigt Performance von Johanna Reich
WOHIN? lautet der Titel einer Performance für drei autonom fahrende Crawler, die die Kölner Künstlerin Johanna Reich im Kunstraum Notkirche der Evangelischen Kirchengemeinde Frohnhausen, Mülheimer Straße 72, zeigt. Die Ausstellung, die am Mittwoch, 11. Mai, um 19 Uhr mit einer Vernissage eröffnet wird und bis zum 22. Juni besichtigt werden kann, ist Teil einer Reihe der Evangelischen Kirche im Rheinland zum Pfingstfest 2022: Unter der Überschrift „RUACH – Atem.Wind.Geist“ sind Kunstwerke von Aurel Dahlgrün, Johanna Reich, Holger Hagedorn, Dorothee Bielfeld und Aljoscha in Köln, Essen, Trier, Saarbrücken und Düsseldorf zu sehen.
Zur Installation WOHIN?
Unsere Gesellschaft erzeugt moderne Nomaden: Der stetige Fluss an Informationen und Erkenntnissen, die andauernde Jagd nach Neuem und ein häufiger Wechsel der Orte lenken den Menschen. Der wiederum versucht, alles Geschehen zu erforschen, zu analysieren und zu verstehen – und merkt dabei kaum, dass er dadurch seiner eigentlichen Welt immer fremder wird. Alles scheint zielgerichtet. Doch was passiert, wenn unverhoffte Fragen gestellt und ungeplante Ereignisse erlebt werden? Die künstlerische Arbeit WOHIN? von Johanna Reich im Kunstraum Notkirche greift diese Momente auf. Sie lässt drei selbstfahrende Crawler das Kirchenschiff durchkreuzen, die die Besucherinnen und Besucher mit Gottes Worten konfrontieren.
In seiner ursprünglichen Bedeutung bezeichnet Crawler eine Software, die das Internet automatisch nach vorgegebenen Begriffen durchforstet und Webseiten analysiert. Johanna Reich hat sie das Alte und Neue Testament nach Fragen durchsuchen lassen und übersetzt diese in mehrere Sprachen. „Weshalb seufzt du?“ Die Ansprache aus Hesekiel 21,12 erklingt auf Deutsch, Türkisch und Griechisch. Menschen hören, sprechen und verstehen eine ihnen zuvor unbekannte Sprache: Auch das ist Pfingsten, und die Betrachter spüren bei der Begegnung mit einem Crawler, dass Fremdheit und Distanz durch das Reden überwunden werden können.
Konkrete Antworten und Lösungen bietet die Installation von Johanna Reich jedoch nicht. Ihr Algorithmus findet die Fragen allein; sie erscheinen den Besucherinnen und Besuchern im Kunstraum Notkirche mitunter vollkommen neu und unerwartet. Intensiv und im Kontrast von Sprache und Stille können sie dabei dem Wirken des Heiligen Geistes begegnen.
Die Notkirche in Frohnhausen, der ein Entwurf des Kirchenarchitekten Otto Bartning zugrunde liegt, bietet für diese Performance einen passenden Rahmen. Sie entstand nach dem Zweiten Weltkrieg, als Menschen aus vielen Richtungen zusammenkamen und in ihr einen gemeinsamen Ort für das Entdecken von Gottes Wort fanden.
Vernissage, Begleitprogramm, Öffnungszeiten
Die Vernissage am Mittwoch, 11. Mai, um 19 Uhr findet im Beisein der Künstlerin statt. Nach der Begrüßung durch Pfarrer und Kunstkurator Werner Sonnenberg, der auch dem Beirat „Kunst und Kirche“ der Evangelischen Kirche im Rheinland angehört, überbringt Maren Kockskämper die Grüße der Landeskirche. Den Hauptteil bildet ein Gespräch mit Dr. Frank Vogelsang, Direktor der Evangelischen Akademie im Rheinland, und Johanna Reich. Für die musikalische Gestaltung sorgt Christian Strube auf der Querflöte.
Zum Begleitprogramm zählen das Orgel- und Chorkonzert RUACH am Mittwoch, 1. Juni, um 19.30 Uhr in der benachbarten Apostelkirche und ein Ökumenischer Open Air-Gottesdienst am Pfingstmontag, 6. Juni, um 10.45 Uhr am Gänsereiterbrunnen; im Anschluss können die Gäste an einer Führung durch die Ausstellung teilnehmen.
Besichtigungen sind während der Öffnungszeiten des Kunstraums Notkirche dienstags bis donnerstags von 10 bis 17 Uhr, freitags und samstags von 10 bis 13 Uhr und sonntags von 11.30 bis 13 Uhr möglich (nicht am Pfingstsonntag, 5. Juni). Individuelle Führungen für interessierte Schulklassen können mit Pfarrer Werner Sonnenberg, Telefon 0201 740788 veranstaltet werden.
Zur Person: Johanna Reich
Johanna Reich, geboren 1977 in Minden, lebt und arbeitet heute in Köln. Ihr Studium der Freien Künste absolvierte sie unter anderem bei den Professoren Andreas Köpnick an der Kunstakademie Münster und Wim Wenders an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg. Ihr Oeuvre entzieht sich gängigen Kategorisierungen. Ihre Themen und Vorgehensweisen reichen über den Einsatz von Fotografie, Video und Computer hinaus und beziehen auch Malerei, Skulptur, Performance und historisches Bildmaterial ein.
Sie selbst sagt: „In Anbetracht der Digitalisierung besteht die vielleicht wichtigste Funktion der Kunst darin, sich der Freiheit (der Kunst) bewusst zu sein. Diese Freiheit bedeutet, Dinge, Verbindungen, Rollen oder soziale Muster auf eine neue und aufgeschlossene Weise zu sehen.“ Johanna Reichs Arbeiten sind in zahlreichen internationalen Ausstellungen und Sammlungen wie z. B. im Museo Reina Sofia, Madrid (2009), in der Stella Art Foundation, Moskau (2010), im Palais de Tokyo, Paris (2014), dem Holographic Center, New York (2020) vertreten. Seit 2020 lehrt sie als Vertretungsprofessorin an der Akademieder Bildenden Künste München.
Die Ausstellungsreihe RUACH – Atem.Wind.Geist
Er ist weitgefasst, entwirft schillernde Bilder und lässt Bewegungen entstehen: In der hebräischen Bibel steht der Begriff „Ruach“ für den fließenden Atem der Menschen, den wehenden Wind in der Natur und den alles durchströmenden Geist Gottes. Seine künstlerische Darstellung präsentiert die Evangelische Kirche im Rheinland zu Pfingsten 2022 an fünf Orten mit der Ausstellungsreihe RUACH – Atem.Wind.Geist. Fünf international renommierte Künstlerinnen und Künstler finden in ausgewählten Kirchen einen Raum für das Entfalten und Gestalten.
Ihr Herangehen spiegelt das elementare Erleben der biblischen Geistkraft Ruach: Sie inspiriert die Kunst ebenso wie der Glaube, sie schafft Raum und bewegt, sie führt aus der Enge in die Weite und macht lebendig. Auf diese Weise wird die Ausstellungsreihe zu einem Experiment mit großem Potential und offenem Ausgang. Jede der fünf Ausstellungen wirkt für sich. In ihrer Gesamtheit entwerfen sie gemeinsam ein ganzheitliches Bild von Ruach, bei dem die Besucherinnen und Besucher den Geist auf unterschiedliche Weisen erleben können.
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