Sonderausstellung auf Zollverein
"Glückauf - Film ab! Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets" im Ruhr Museum

"Glückauf - Film ab! Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets" im Ruhr Museum auf Zollverein in Essen
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Mit der Ausstellung " Glückauf - Film ab! Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets" feiert das Ruhr Museum den 100. Geburtstag des Essener "Filmstudios Glückauf". Die Ausstellung zeigt in 19 Kapiteln mit über 900 Objekten die über hundertjährige Geschichte des Kinos und des Films im Ruhrgebiet.
Ganz großes Kino!

Schon im Treppenhaus wird man auf die Ausstellung eingestimmt: der Countdown läuft... und... Film ab für die große Schau auf der Bunkerebene in einmaliger Industriekulisse.
Die Ausstellung ist zwar chronologisch aufgebaut, aber einen vorgeschriebenen Rundgang gibt es nicht und so kann man hin und her flanieren, gucken, staunen und vollends eintauchen in die Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets. Und zu sehen gibt es eine ganze Menge, von der Eintrittskarte bis hin zu den schweren Film-Projektoren der ersten Stunde. Auf raumhohen Vorhängen flimmern Filmszenen, große Projektionsflächen sind an der Decke angebracht. Über 900 Exponate wie Plakate, Requisiten, Drehbücher, Autogrammkarten , Filmwerbung, Filmausschnitte, Fotografien, Filmpreise und Auszeichnungen, sogar Kassenhäuschen , Leuchtreklame, Sperrsitz und Plüschsessel sind zu sehen. Die Objekte sind Leihgaben aus Museen, Archiven, Kinos oder stammen aus Privatbesitz von Filmschaffenden. Das Kuratoren-Team hat ganze Arbeit geleistet, um die vielen Exponate zusammenzutragen. Die Vorbereitung hat über 2 Jahre gedauert.

Am Anfang stand die Kinematographie
Seit die Bilder laufen lernten, spielt der Film bzw. das Kino eine große Rolle im Ruhrgebiet. Denn auch schon Ende des 19. Jahrhunderts wollten die hart arbeitenden Menschen unterhalten werden. Der Wittener Kohlenhändler und Gastronom Wilhelm Wiedau wurde 1898 zum Kinopionier. Sein hölzerner "Kasten" konnte Filmszenen aufnehmen und auch projizieren und machte ihn damit zum Wanderkinobetreiber. Theodor Beulmann wiederum etablierte mit seinem „Bottroper Welt-Theater“ den ersten gastronomischen Betrieb, in dem regelmäßig Filmvorführungen stattfanden.

In den 1920er Jahren wurden in den Zentren der Ruhrgebietsstädte Kinopaläste mit über 1000 Sitzplätzen gebaut. 1924 ist denn auch das Geburtsjahr des "Filmstudios Glückauf“, das als sogenanntes Reformkino gegründet wurde. Auf Druck konservativer Kreise sollte es mit anspruchsvollen Filmen den befürchteten Gefahren des sitten- und jugendgefährdenden neuen Mediums entgegenwirken. Bemerkenswert ist, dass das Kino in den 2000er Jahren durch das Engagement der Essener Bevölkerung vor dem Abriss bewahrt wurde. Es gilt als das älteste bestehende Kino in Essen und ist eines der ältesten im ganzen Ruhrgebiet.

Blick in die Ausstellung "Glückauf - Film ab! Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets" im Ruhr Museum.
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Kinoboom in den 1950ern
Die Hochzeit der Kinos waren die 1950er Jahre. Die Ruhrindustrie blühte, die Menschen in den Wirtschaftswunderjahren träumten nach Kriegswirren von einer unbeschwerten Welt. Es gab 500 Kinos im Revier. Das Kino war ein Magnet mit glanzvollen Filmpremieren, Stars auf dem roten Teppich, Autogrammstunden und es war für jedermann. Unterhaltung ohne Schwellenangst. Es gab ja auch keine Alternative. Wer Filme schauen wollte, musste ins Kino gehen. Das langsame Kinosterben setzte mit der Konkurrenz des Fernsehens ein. Heute muss es sich gegen weitere Medienformate behaupten. Dennoch existiert in Essen mit dem "CinemaxX" das größte Multiplex-Kino und mit der "Lichtburg" der größte Kinosaal mit 1250 Plätzen in Deutschland.

Das Ruhrgebiet als Drehort
Das Ruhrgebiet wurde spätestens ab den 1950/60er Jahren selbst zum Drehort für Spielfilme. Der Niedergang von Stahl und Kohle veränderte ab den 1970ern auch die Filme im und über das Revier. Schlote, Hochöfen, Kanäle, kurzum die imposante Industriekulisse eignete sich hervorragend für Sozialdramen, Krimis und Roadmovies, aber auch für Komödien, in denen Underdogs mit coolen Sprüchen agierten. Es war auch der Beginn dokumentarischer Filmarbeit. Der Strukturwandel rückte in den Focus einer neuen Generation von Filmschaffenden. Studenten der Filmhochschulen in Berlin und München begleiteten mit ihren Kameras den Widerstand gegen den Verlust von Arbeitsplätzen und Wohnsiedlungen. Rund 5000 Dokumentationen sollen im Revier gedreht worden sein.
Das Ruhrgebiet war und ist ebenso fester Spielplatz vieler Filmfestspiele. Die "Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen", die 2024 zum 70. Mal stattfanden, sind nur ein Beispiel. Vorgestellt wird auch die vielfältige Kinokultur der migrantischen Communities.

Dreharbeiten zu "Die Verdammten", Luchino Visconti drehte 1969 in der Essener Straße in Oberhausen. Blick in die Ausstellung "Glückauf - Film ab! Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets" im Ruhr Museum.
  • Dreharbeiten zu "Die Verdammten", Luchino Visconti drehte 1969 in der Essener Straße in Oberhausen. Blick in die Ausstellung "Glückauf - Film ab! Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets" im Ruhr Museum.
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Die Ausstellung ist mit ihren 19 Themenbereichen ungeheuer vielschichtig. Neben Film- und Kinotechnik sowie Architektur der Lichtspielhäuser werden auch u.a. Kinobesitzer und Kinobetreiberinnen vorgestellt, ebenso Filmschauspieler/innen, die im Ruhrgebiet gedreht haben oder hier geboren sind. Film und Politik, Film und Montanindustrie, Film- und Kinowerbung, Film und Avantgarde und nicht zu vergessen: Skandale im Lichtspielhaus. Um ihnen auf die Spur zu kommen, muss man eine Treppe tiefer steigen...

Die Ausstellung im Ruhr Museum ist in Kooperation mit den Essener Filmkunsttheatern und der Kinemathek des Ruhrgebiets entstanden.

Laufzeit: 29.06.2024 bis 02.03.2025
Zur Ausstellung ist ein Katalog im Klartext Verlag, Essen erschienen.

Weitere Infos zum Besuch und zum umfassenden Rahmenprogramm unter
www.ruhrmuseum.de

Die Fotos sind bei der Vorpräsentation entstanden.
Weitere Infos in den Bildunterschriften.
Viel Vergnügen - Film ab!

Autor:

Andrea Gruß-Wolters aus Duisburg

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