Psychologie und Sparsamkeit
Eigene Misserfolge und das Fehlen von konstruktiven sozialen Kontakten, würden Menschen antreiben, Geld anzusparen

Foto: Rostislav_Sedlacek - istockphoto.com

Finanzielle Sparsamkeit sei nicht nur eine Reaktion auf das wirtschaftliche Umfeld. Das Ansparen von Geld diene auch als psychologisches Gegengewicht für Selbstzweifel und ein Mangel an sozialen Ressourcen.

Zu diesen Ergebnissen kommt eine psychologische Studie, die von der American Psychological Association im Jahr 2019 veröffentlicht wurde.

Die Studie bestätigte folgende 3 Hauptannahmen:

  1. Personen, deren Selbstbild durch erlebte eigene Misserfolge bedroht ist, tendieren stärker dazu Geld anzusparen, als Personen, deren Selbstbild nicht durch erlebte eigene Misserfolge bedroht ist.
  2. Unter den Personen, deren Selbstbild durch erlebte eigene Misserfolge bedroht ist, neigen nur die Personen dazu, Geld anzusparen, die ihre erlebten eigenen Misserfolge der Vergangenheit und Gegenwart verallgemeinern und deshalb eine negative Erwartung an die eigene Zukunft haben.
  3. Die Personen, die trotz erlebter eigener Misserfolge positive Erwartungen an die Zukunft haben, werden nicht dazu neigen, mehr Geld anzusparen als Personen, deren Selbstbild aktuell nicht durch erlebte eigene Misserfolge bedroht ist.

Weiterhin bestätige die Studie auch Folgendes:

Es gäbe weitere Faktoren, die dem Antrieb zum Ansparen von Geld entgegenwirken bei Personen, deren Selbstbild durch erlebte eigene Misserfolge bedroht ist. Diese Faktoren seien im Einzelnen:

  • A) Die eigene Wahrnehmung, dass man über zuverlässige, die eigenen Ziele unterstützende soziale Kontakte verfügt
  • B) Die Fokussierung auf Bereiche, in denen man sich stark fühlt
  • C) Das Fehlen des Glaubens, dass Geld ein Mittel ist, um in der Zukunft eigene Ziele eigenständig zu erreichen

Die Faktoren A und B sind also alternative Strategien, um mit Misserfolgen emotional umzugehen. Der Punkt C stellt eine ungünstige Bedingung dar, für eine betroffene Person, da der konstruktive Mechanismus des Geldsparens als Ausgleich von emotionalen Leiden, für diese Personen versagt ist, da der Glaube an den Nutzen von Geld für die eigene Zukunft nicht ausreichend ausgebildet ist.

Welchen Nutzen können wir für unser eigenes Leben aus den Ergebnissen dieser Studie ziehen?

Um mögliche zukünftige Selbstbild-Bedrohungen durch Misserfolge, denen wir alle ausgesetzt sind, in ihrer Wirkung zu lindern, ist es ratsam, vorbeugend Geld anzusparen und dieses Ersparte nicht auszugeben. Das ersparte und gehütete Finanzpolster verringert für den Sparer Ängstlichkeit und Depression in der Gegenwart und Zukunft.

Der eigentliche Nutzen von finanziellen Rücklagen tritt für den Sparer also nicht in einer möglichen zukünftigen Situation von finanzieller Knappheit ein. Stattdessen ist der größte Nutzen finanzieller Rücklagen für den Sparer permanent in Kraft, da Ersparnisse psychologisch als eine Art Linderungsmittel gegen Ängste und Depressionen wirken.

Autor:

Gabriele Lindner aus Essen

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