Kleiner Schatz
Die Federgedichte und russischer Kartoffelbrei
Vielleicht ist es momentan gar keine so kluge Idee nach Russland zu reisen. Aber für uns spielen Raum und Zeit ja keine Rolle, daher denken wir uns einfach in eine Zeit, in der unproblematisch ist – in jeglicher Hinsicht. Wir erreichen das Ziel inmitten des Schmetterlingsschwarms. Und es ist Zeit sich von ihnen zu verabschieden, damit sie wieder in ihre Heimat zurückkehren können. Sanft setzen uns die bunten Falter in einer endlos wirkenden Graslandschaft ab. Wir blicken ihnen noch eine Zeitlang nach, wie sie über uns immer kleiner werden und schließlich völlig aus unserem Blickfeld verschwinden. Schauen wir nach rechts sehen wir einen Fluss, der sich unbeschwert seinen Weg durchs Gelände bahnt. Scheint als würde er von Zeit zu Zeit übers Ufer treten oder seinen Lauf auch mal komplett verändern. Wenden wir unseren Blick nach links erkennen wir in weiter Ferne ein Gebirge, welches sich am Horizont aufbaut. Es ist ein klarer Tag. Die Sonne scheint, aber der Wind ist frisch und kühl.
Während wir uns in alle vier Himmelsrichtungen umschauen, spüren wir einen ziehen in der Magengegend. Wird wohl Zeit etwas zu essen. Hungrig, wie wir sind, machen wir uns auf den Weg in ein abgelegenes Dorf, das sich auf einer kleinen Anhöhe befindet. Nur ein unbefestigter Weg aus roter Erde führt dort hinauf. Es ist unvorstellbar, dass dieser Weg begehbar sein soll in Jahreszeiten in denen es viel regnet. Das Dorf wird größer und bald schon erreichen wir die ersten Häuser. Alles wirkt wie von der Zeit vergessen. Es ist Mittag und hinter einem offenen Fenster erkennen wir eine typisch russische Babuschka, die in ihrer Küche beschäftigt ist und etwas Leckeres kocht. Als sie uns sieht, lächelt sie zunächst breit übers ganze Gesicht. So, dass die fehlenden Zähne deutlich erkennbar werden. Denn strahlt sie eine gütige Zufriedenheit aus. Dann werden wir Zeugen der russischen Gastfreundschaft, als sie uns zu sich winkt.
In dem heutigen Gedicht geht es um Kartoffelbrei, das habe ich bereits in der Überschrift verraten. Ich weiß noch genau, wie dieses Gedicht entstanden ist. Ich hatte mir vorgenommen regelmäßig etwas zu schreiben um genug Inhalt für mein Büchlein zu haben. So stand ich mittags am Herd, zauberte etwas für die Kinder und fragte mich worüber ich wohl als nächstes schreiben könnte. Nichts lag näher als das, was gerade genau vor meiner Nase passierte. Das heutige Gedicht heißt „Kartoffelbrei“.
Im großen Kochtopf brodeln sie,
die goldgelben Kartoffeln,
gesalzen, Deckel offen,
garen sie auf Stufe vier.
Mit der Gabel wird geprüft,
wann der rechte Zeipunkt ist,
das verrät ein kleiner Piks,
dann wird das Wasser abgeschöpft.
Mit Milch und feiner Butter,
stampft man das Gemüse klein,
Salz und Muskat kommt noch hinein,
alles mischen drüber, drunter.
Fertig ist das Leibgericht,
bleibt heut' nichts von übrig,
und die Kinder lachen selig,
etwas besseres gibt es nicht!
In Russland weiß man auch Bescheid,
Püree heißt dort "kleiner Schatz",
und ich sag's mit einem Satz:
So wertvoll ist unsre Lieblingsmahlzeit.
Aus Federgedichte von Bine von Deckert, ISBN 978-3754342299
Die letzte Strophe muss ich erklären: Leider heißt Kartoffelbrei auf Russisch nicht „Kleiner Schatz“. Aber es wäre schon spannend, wenn es so wäre! Ich habe in meinem Bekanntenkreis gerade einige Leute die Russisch sprechen und dann bekam ich Lust diese Sprache auch ein wenig zu lernen. Nun kann ich leider nur reden und nicht schreiben, das heißt ab jetzt bitte ich alle die der russischen Sprache mächtig sind um Verzeihung – ich schreibe nur in meiner eigenen Lautschrift. Also mein erster Satz war: Ya hochu pagalsta chokolad (Ich möchte gerne Schokolade). Als nächstes konnte ich chokolad durch kartoschka frie (Pommes) ersetzten. Also sollte ich nach Russland kommen, verhungern werde ich jedenfalls nicht! Viele Vokabeln lernte sich per Whattsapp-Nachricht an meine Freundin. So schrieb ich ihr „Was heißt Gute Nacht?“ und sie antwortete „Wir sagen Träume schön = sladki snow“.
Als dann mein Gedicht über die Herstellung von Kartoffelbrei fertig war, dachte ich ein Highlight fehlt noch und ich wollte etwas Russisch in das Gedicht einbauen. Also schrieb ich eine Nachricht „Was heißt Kartoffelbrei auf Russisch?“ Die Antwort verstand ich zunächst nicht. Da gab es kein russisches Wort in der Nachricht! „Püree heißt es kleiner Schatz.“ Lautete die Antwort. Ich dachte das 'es' ist irgendwie zu viel, ich strich es gedanklich. So wurde aus der Nachricht „Prüree heißt kleiner Schatz“. Und trotzdem dachte ich „Mist, ich hätte schon gerne das rusissche Wort gewusst. Naja, muss ich bei Gelegenheit nochmal fragen.“ Und dann dichtete ich die letzte Strophe…
Später, klärte sich das Missverständnis natürlich auf. Kartoffelbrei heißt in Russland auch Püree (unvorstellbar –oder?) und der kleine Schatz, tja – damit war ich wohl gemeint (genauso unvorstellbar?). Ich sagte ihr dann „Jetzt muss ich die letzte Strophe wohl umdichten.“ Aber sie meinte „Auf gar keinen Fall! Es ist perfekt, so wie es ist.“ Und somit ist es das einzige Gedicht zudem ich eine Anmerkung machen muss, um keinen Unfug in die Welt zu schicken. Trotzdem gefällt mir die Vorstellung, dass Kartoffelbrei „Kleiner Schatz“ heißen könnte sehr gut!
Wie geht es euch bei dem Gedanken, ihr könntet etwas Besonderes sein, zum Beispiel ein Schatz? Ich hab jetzt schon so viel geschrieben, ich halte diese Challenge deswegen ganz kurz: Schreibe einen Liebesbrief an dich selbst!
Viel Spaß und eine schöne Zeit.
Bis zum nächsten Mal,
Eure Bine!
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