Schauspieler hat ein Herz für historisches Blech
Baum hat Bock auf Oldtimer

Schauspieler Henning Baum steht auf historisches Blech. Hier am Ford Capri III, "fahrender Darsteller" in einer Lieblingsfernsehserie des Essener Jungen Anfang der 1980er-Jahre. Foto: Marc Keiterling
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  • Schauspieler Henning Baum steht auf historisches Blech. Hier am Ford Capri III, "fahrender Darsteller" in einer Lieblingsfernsehserie des Essener Jungen Anfang der 1980er-Jahre. Foto: Marc Keiterling
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Historische Fahrzeuge erhalten, das spezielle Fahrgefühl und vor allem die Nostalgie erleben – das sind häufige Gründe, einen Oldtimer zu besitzen. Wer damit nichts am Hut hat, neigt womöglich dazu, historische Gefährte als „Dreckschleudern“ zu bezeichnen und deren sofortige Stilllegung, wenn nicht gleich Verschrottung, einzufordern. Aber: „Viele Leute haben Bock auf alte Karren!“ Dies sagt einer, der auch dieses meint: „Ein Oldie bringt Schönheit in den öffentlichen Raum.“

Henning Baum zählt zu den bekanntesten deutschen Schauspielern. In Essen 1972 geboren und auch dort lebend war er bisher in mehr als 70 Filmen zu sehen. Besonders verbunden wird er mit seiner Darstellung des „Mick“ Brisgau zwischen 2010 und 2014 in der Fernsehserie „Der letzte Bulle“. Neben ihm dort in einer markanten Rolle zu sehen: sein Dienstwagen. Ein bulliger Opel Diplomat.

Auch im wirklichen Leben steht Baum auf „Alt“. Er fährt vierrädrig einen Renault 5, produziert ab 1972, und ist ein begeisterter Biker. Sein ältestes Motorrad ist eine Yamaha XT 500, eine Enduro und das erste geländegängige Großserienmotorrad mit einem Einzylinder-Viertaktmotor. „Ich nutze generell gern alte Sachen. So sind auch die Schuhe, die ich heute anhabe, so ungefähr 20 Jahre alt“, sagt Baum beim Termin.

Als Kind faszinierten ihn im Fernsehen zwei Serien. „Die Profis“ und „Magnum“. Im Rückblick die jeweiligen Herangehensweisen der Produktion. Einst auch die beherrschenden Dienstfahrzeuge. Privatdetektiv Thomas Magnum fuhr einen Ferrari 308 GTS. Die beiden Profis, die britischen Agenten William Andrew Philip Bodie und Raymond Doyle, rasten in erster Linie mit Ford Capri der dritten Generation über die Insel.

Bettzeit für einen Achtjährigen

Das ZDF ließ Anfang der 1980er-Jahre 41 der 57 The Professionals-Episoden synchronisieren. Die 16 ausgelassenen Folgen waren dem ZDF zu brutal, wiesen handwerkliche oder dramaturgische Mängel auf oder beschäftigten sich zu ausführlich mit englischen Verhältnissen. Die Ausstrahlung startete hierzulande im Oktober 1981.

„Bei ,Die Profis‘ wurde damals eine neue Form des Erzählens, oder besser ein neuer Look gewählt. Das war viel dreckiger als alles, was man sonst so kannte. Es war auch tatsächlich gewalttätiger. Insgesamt viel dramatischer aufgeladen. Das hat sich von allen anderen Serien unterschieden. Ich war eigentlich zu jung, ich durfte das nicht sehen. Ich konnte nur gucken, wenn meine Eltern abends ausgegangen waren. Das kam mittwochs so gegen 21.20 Uhr, ich war da eigentlich zu müde und musste mich irgendwie wachhalten. Aber sobald dann dieser Trailer anfing mit der Musik, war ich hellwach und hab‘ das mit großer Begeisterung gekuckt.“

Aus der Serie „Magnum“ wurden zunächst zwischen 1984 und 1991 von der ARD 139 der 162 Episoden synchronisiert und gesendet. „Dieses Format war ganz anders. Es bestach durch seinen Charme und seine Leichtigkeit. Genial von Magnum-Darsteller Tom Selleck und seinen Kollegen gespielt. Gerade auch die ironische Brechung der Figur durch Tom Selleck, der zwar sehr charmant und gutaussehend war, aber immer etwas glücklos mit den Frauen. Da kam dann dieses lakonische Augenzucken. Tolle Idee, wie die das gemacht haben.“

Die Frage, ob er schon einmal einen 308 GTS oder einen Capri III gefahren sei, verneint Baum: "Aber klar, dieses Autos hatte ich fortan immer im Kopf."

Beim Diplomat wurde geschummelt

Zum letzten Bullen, der populären Serie am Standort Essen. Und zur Frage nach dem Auto. „Den Diplomat habe ich selber ausgesucht. Alles was gut ist, mache ich ja selber! (lacht) Das ist natürlich Blödsinn, so was zu sagen. Aber das Kokette ist insofern richtig, dass ich mir Gedanken gemacht habe, was möchte ich für ein Auto für die Figur des Mick Brisgau? Der Charakter des Autos muss zum Charakter der Figur passen. Ich wollte ein deutsches Auto, das so amerikanisch wie möglich ist. Der Diplomat war genau der Richtige. Also die V8-Legende in einem deutschen Auto.“

Experten erkannten darin allerdings eine Legende. Bei dem verwendeten Wagen handelte es sich nicht um den achtzylindrigen Diplomat, sondern um einen Sechszylinder mit der Karosse eines Opel Admiral. Zwischen April 1976 und Juli 1977 klebte Opel den stärkeren Versionen des Admiral einfach den Schriftzug des Diplomat ans Heck. In Opel-Kreisen heißen diese Exemplare „Diploral“. „Man musste vor Drehbeginn schlicht sehen, was ist zu kriegen und was ergibt Sinn. Egal, er hat seine Funktion erfüllt“, ordnet Henning Baum ein. Beim Termin nutzte er die Gelegenheit, mal wieder hinter dem Lenkrad eines solchen Exemplars Platz zu nehmen.

Der Essener Kommissar Brisgau war, wie Kenner der Stadt wissen, beim Dreh nur in wenigen Szenen tatsächlich dort im Einsatz. Köln war meist Essen. Ein Ärgernis für den gebürtigen und bekennenden Essener? „Das ist natürlich etwas, was man sich nicht wünscht. Es sollte idealerweise alles dort spielen, wo es spielen soll. Das ist aus produktionstechnischen Gründen allerdings oft nicht zu leisten. Es wurde viel in Köln gedreht. Köln ist aber eben nicht das Ruhrgebiet. Das Ruhrgebiet hat schon einen ganz eigenen Look und ein ganz eigenes Flair. Aber man muss als Filmemacher auch Kompromisse machen.“

„Geschummelt“ wurde auch in einer Szene, die einen Dialog zwischen Mick Brisgau und Tanja Haffner im Innenraum des Fahrzeugs zeigt. Mit dem „Diploral“ fuhren sie vor. Die folgende Szene wurde jedoch in einem anderen Auto gefilmt, in einem Mercedes der Baureihe 123. Wie kam es dazu? „Ich kann mich an die Szene erinnern. Ich weiß allerdings nicht mehr, warum wir da nicht im Opel saßen. Vermutlich stand er aus irgendwelchen Gründen gerade nicht zur Verfügung und es wurde ein anderes Auto genommen. Dann wurde bei der Kamera nicht auf den richtigen Ausschnitt geachtet, um das zu ,vermogeln‘. Vielleicht hat man auch drauf gehofft, dass die Situation zwischen Tanja und Mick so dramatisch ist, dass keiner drauf achtet.“

"Schönheit im öffentlichen Raum"

Henning Baum war zuletzt Gast bei der Präsentation der „Retro Classics Essen“. Diese Oldtimer-Veranstaltung löst 2026 die bekannte „Techno Classica“ in den Messehallen der Gruga ab. Dabei hielt der Schauspieler auch ein Plädoyer für die Szene allgemein. „Viele Leute haben Bock auf alte Karren! Oldtimer sind für mich mit einer bestimmten Zeit verbunden. Eine Zeit der schönen Erlebnisse. Ich habe den Geruch der Autos in der Nase, es steigen Erinnerungen auf, das ist mit tollen Geschichten verbunden. Diese Fahrzeuge verbinden heute Menschen miteinander, da können echte Freundschaften entstehen. Das ist doch etwas Wunderbares!

Ich finde, so ein Oldie bringt gleich ein bisschen Schönheit in den öffentlichen Raum. Oldie-Fans schonen auch die Ressourcen. So muss der Stahl ihrer Autos nicht neu gegossen werden.
Ich hab´ damals das Driften auf einem Parkplatz hier in Essen an der Gruga gelernt. Da stand nix im Weg, wir haben das geübt, bis wir´s draufhatten. Das kommt mir bis heute entgegen. Wenn in einem Film so etwas gefragt ist, mache ich das selber. Also echte Stunts natürlich nicht, aber den Drift lasse ich mir nicht nehmen.“

Autor:

Marc Keiterling aus Essen

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