„Weihnachtsbescherung“ bei Opel Bochum: 10.000 Jobs in Gefahr?
Erst starb der Bergbau, dann die Stahlindustrie, jetzt der Autobau: 50 Jahre, nachdem in Bochum der erste Kadett vom Band lief, ist die bittere Wahrheit auf dem Tisch: Nach Auslaufen der Zafira-Produktion 2016 werden in Bochum keine Autos mehr produziert.
In Spitzenzeiten fertigten hier 20.000 Opelaner bis zu 250.000 Fahrzeuge pro Jahr - derzeit sind es noch rund 3.000 Menschen, die für den Autobauer im Bochumer Opel-Werk arbeiten, hinzu kommen nochmal über 1000 Mitarbeiter von Fremdfirmen. Und die Absatzahlen von Opel sinken seit Jahren. Spätestens seit 2004 ist klar: Opel steckt in der Krise.
Am Samstag will das Unternehmen eigentlich mit Bürgern bei einem Tag der offenen Tür das 50-jährige Jubiläum des Bochumer Werkes feiern. Der Betriebsrat will dieses Fest nun für eine Protestaktion nutzen.
Die Opelaner sind von der Ankündigung des Produktionsende geschockt - die Ankündigung des Managements, dass die Logistik und eventuell eine Teileproduktion am Standort Bochum erhalten werden solle, ist nicht viel mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Doch auch die Politik in Stadt, Land und Bund - reagiert mit Entsetzen:
OB Ottilie Scholz: „Wir haben uns alle in Bochum gewünscht, dass es ernsthafte Verhandlungen über die Zukunft von Opel in Bochum gibt und es keine Schließung des Werkes auf Raten geben wird. Seit Montag wissen wir, dass dies nicht die Strategie des Opel-Vorstandes ist“, so die Oberbürgermeisterin. „Heute liefert GM das Ergebnis der jahrelangen Zermürbungstaktik. Immer wieder wurden die Opelaner vertröstet und hingehalten. Das GM nun keine Autos mehr in Bochum nach 2016 produzieren wird, ist ein herber Verlust für die Stadt und die Region.
Klaus Franz: „Für die Opel-Beschäftigten ist diese Nachricht ein wirklich schwerer Schicksalsschlag. Sie haben lange für den Erhalt des Opel-Werkes gekämpft. Der Zeitpunkt für eine solche Nachricht ist ebenso unsensibel gewählt, wie die Hängepartie der letzten Jahre für die Beschäftigten unerträglich war.“
Axel Schäfer: „Das angekündigte Aus für die Automobilproduktion bei Opel-Bochum nach fast genau 50 Jahren hat entscheidend das Management zu verantworten: Jahrelang wurde spekuliert, fehlgeplant, zuweilen gedroht, immer wieder Verantwortung an andere abgeschoben, wurden Führungspersonen ausgewechselt. Die Belegschaft hat währenddessen hart gearbeitet, gute Autos gebaut und auch Nachteile in Kauf genommen. Das kann nicht alles vergebens gewesen sein!
Hannelore Kraft: „Dies ist eine traurige Nachricht für Opel, die Beschäftigten und ihre Familien, aber auch die Region und das Land. Jetzt muss es darum gehen, den Opel-Vorstand beim Wort zu nehmen. Es muss ernsthaft und belastbar an einer Perspektive für den Standort gearbeitet werden.“
Ingrid Fischbach: „Es ist schon erstaunlich: Noch vor wenigen Monaten war Bochum der Opelstandort mit dem höchsten Qualitätsstandard und der besten Produktivität im Opelverbund. Diese harten Fakten sollen jetzt nicht mehr ausreichen, um hier vor Ort erfolgreich Autobau betreiben zu können. Es muss jetzt gelingen, für diese Menschen auch über 2016 hinaus Perspektiven zu finden.“
„Das ist ein schwarzer Tag für den deutschen Automobilbau. GM opfert den Standort, an dem der mit dem Goldenen Lenkrad 2012 ausgezeichnete Zafira produziert wird, weil andere Automarken dem Konzern wichtiger sind. Ein Bekenntnis zur Marke Opel jedenfalls sieht anders aus“, erklärt der Vorsitzende der Bundesfraktion Die Linke, Gregor Gysi.
Der Produktionsstopp im Jahre 2016 setze eine große Zahl mittelständischer Zulieferbetriebe der Region massiv unter Druck. Daher sei es umso wichtiger, zügige Lösungen zur Nutzung der bestehenden wirtschaftlichen Potenziale zu finden, so Herbert Schulte, Landesgeschäftsführer des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW)“
Eindringlich forderte Ruhr-Bischof Franz Josef Overbeck Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften auf, alles zu tun, um der Opelbelegschaft existenzsichernde Perspektiven zu bieten. Gerade in dieser Zeit sei es notwendig, dass sich die Sozialpartnerschaft von Arbeitgebern und Arbeitnehmern bewährt. Nach Auffassung des Ruhrbischofs ist dazu auch ein konstruktives Zusammenwirken von Betriebsrat und Arbeitgebern dringend geboten. „Die Kirche stehe an der Seite der Arbeitnehmer und ihrer Familien, die gerade jetzt solidarische Hoffnungszeichen benötigten“, so der Bischof.
Autor:Holger Crell aus Wattenscheid |
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