Jugendkirche „Tabgha“ wandert von Oberhausen nach Duisburg
Pilgern durchs Ruhrgebiet
Rund zwölf Kilometer sind die Jugendlichen und das Team der Jugendkirche „Tabgha“ von Oberhausen nach Duisburg gepilgert. Mit der Hälfte ihres Holzkreuzes auf den Schultern. Eine symbolische Reise für den bald anstehenden Umzug in die Nachbarstadt nach 20 Jahren in der Oberhausener Heimat.
Feiner Nieselregen landet auf den orangefarbenen Buchstaben über der Kirchentür, perlt sanft über die Backsteinfassade. Die Glastüren sind weit geöffnet, ein heller, dicker Holzbalken schiebt sich langsam aus der Kirche nach draußen. Vorsichtig tragen die Jugendlichen eine Hälfte ihres großen Holzkreuzes, machen sich gemeinsam auf den Weg nach Duisburg – dem zukünftigen neuen Standort der Jugendkirche „Tabgha“.
20 Jahre hatte sie ihre Heimat in Oberhausen-Buschhausen, jetzt zieht die erste Jugendkirche Deutschlands bald in die St.-Joseph-Kirche am Duisburger Dellplatz. Für Teamerin Michele Przybyla hat der Umzug zwei emotionale Seiten. „Natürlich ist ein bisschen Wehmut dabei, diesen Ort hinter uns zu lassen. Aber wir sind super motiviert, freuen uns die neue Kirche mit den Jugendlichen gestalten zu können“, sagt die 28-Jährige.
Mit dem Holzkreuz in ihrer Mitte laufen 20 Jugendliche und Teamer die Oberhausener Fichtestraße entlang, überqueren Zebrastreifen, passieren laute Hauptstraßen und kleine Seitenstraßen – gefolgt von neugierigen Blicken vom Schulhof und aus der Pommesbude an der Straßenecke. Das erste Ziel ist erreicht. Denn mit ihrer besonderen Pilgerreise wollen die Jugendlichen auf ihren Umzug und die baldige Ankunft in Duisburg aufmerksam machen und um Spenden für die zukünftige Jugendarbeit werben.
Nach zwei Kilometern biegt die Pilgergruppe zum Rhein-Herne-Kanal ab. Gesprächsfetzen wirbeln durcheinander, es geht oft um Schule, die Uni, den Job. Immer wieder wechseln sich die Jugendlichen beim Tragen des Kreuzes ab, wird es zu schwer, ziehen sie es auf einem Bollerwagen. Anna-Lena Hilker ist jetzt dran, legt den Balken auf ihre rechte Schulter und trägt ihn mit drei anderen jungen Frauen weiter. Die 21-Jährige geht seit zwei Jahren regelmäßig in die Jugendkirche, schätzt vor allem die Gemeinschaft: „Man hat immer Jemanden zum Quatschen, der einem zuhört, das ist einfach schön.“
Die Oberhausenerin will Tabgha auch in Duisburg treu bleiben. So geht es auch Michael Gerdes und Lennart Schaaf. Sie sind durch eine Theatergruppe der KjG zu Tabgha gekommen, proben dort wöchentlich und führen auf. Der Umzug wird auch für sie nicht leicht, viele Requisiten müssen nach Duisburg und sie befürchten, dass der Weg für viele junge Schauspieler zu weit sein könnte. „Hoffentlich ziehen aber viele von uns mit, und in Duisburg gibt es Jugendliche, die mitmachen wollen, das wäre natürlich super“, sagt der 18-jährige Michael.
Die Oberhausener Jugendgruppen mitnehmen, Jugendliche aus der zukünftigen Heimatgemeinde mit einbringen und neue Jugendliche aus Duisburg dazugewinnen – das wünscht sich auch Michele Przybyla für den neuen Standort. Erste Gespräche mit dem BDKJ gab es schon, die Messdiener in St. Joseph haben das neue Kirchencafé als Treffpunkt mit geplant, „das ist unser Herzstück“, sagt sie. Die erhofften ersten Spendengelder sollen aber vor allem in eine Kletterwand in der Kirche investiert werden. Besonders erfolgreiche Projekte wie die Erlebnisausstellung soll es auch in Duisburg geben. Ansonsten lässt das Team viel Platz für Kreativität. „Wir wollen erstmal ankommen, es auf uns zukommen lassen“, sagt Przybyla.
Eucharistie unter der Kanalbrücke
Am Kanal entlang sind etwa vier Kilometer geschafft, als es plötzlich passiert. Mit wenigen Schritten haben die Pilger die Stadtgrenze zu Duisburg überschritten. Pfarrer Christoph Schulte begrüßt die Jugendlichen, begleitet sie ab hier gemeinsam mit seinem Hund Ben bis zu seiner Heimatkirche am Dellplatz. Für ihn ist der Einzug von Tabgha eine Bereicherung, bei der Standortsuche vor rund zwei Jahren habe er sich sehr dafür eingesetzt, dass die Oberhausener zu ihm kommen. „Für unsere Pfarrei und die Stadt Duisburg ist das ein großer Gewinn, rund um den Dellplatz gibt es viele Schulen, ganz viele Jugendliche“, freut er sich. Auch die zentrale Lage in der Innenstadt und das kulturreiche Viertel seien Vorteile des neuen Standorts.
Immer wieder machen die Jugendlichen kurze Pausen, kommen zur Ruhe, machen sich mit Texten und Musik per Bluetooth-Box Gedanken zum Abschied und Neuanfang. Unter einer Kanalbrücke feiern sie eine kleine Eucharistie. Dann geht es weiter, weg vom Kanal, von Wasser und Natur zurück in die Großstadt. Auf der Aakerfährbrücke bricht kurz die Sonne durch die Wolken, wärmt die langsam müden Pilger für die letzte Strecke. Nach rund zwölf Kilometern ist es dann geschafft. Mit dem halben Kreuz laufen die Jugendlichen quer über den Dellplatz, warten vor den hohen rotbraunen Flügeltüren der Kirche auf Einlass. Leise klappern die Schlüssel, dann öffnet Pastor Schulte von innen die Tür für die Jugendlichen. Drei junge Männer tragen das Kreuz in die Mitte der Kirche, legen es vorsichtig auf dem grauen Steinboden ab.
Die Pilgergruppe setzt sich mit Stühlen rund um das Kreuz, erschöpft, aber glücklich. Daneben steht ihre kleine Musikbox. Leise sitzen die Jugendlichen nebeneinander, hören in sich hinein und auf die Worte von Musiker Olli Schulz, die langsam den Raum erfüllen: „Doch wir wachsen, wachsen, wachsen. Irgendwann sind wir erwachsen.“
Autor:Michael Köster aus Essen |
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