HAT CORONA FOLGEN FÜR PFERDE?
DER STERKRADER REITERHOF IN ZEITEN DER PANDEMIE
In den letzten Wochen lesen wir kaum etwas anderes als über Corona.
Aber dieses Thema bestimmt ja momentan die Gesundheit, die Politik, die Bildung, die Wirtschaft und sämtliche Ratgeber.
Auch mein Bericht befasst sich heute mit der Corona-Krise. Ich möchte mich aber im speziellen den Tieren widmen.
Dazu habe ich den Sterkrader Reiterhof auf der Kirchhellener Straße in Oberhausen besucht, wo mir Inhaber Simon de Witt und Reitlehrerin Janine Newe eine ganze Menge Fragen beantwortet haben.
Schon beim Betreten des Hofes merkt man, dass etwas anders ist. Es fehlen die Kinder, die zum Reitunterricht kommen, Eltern, die ihre Kinder abholen, Reiter/innen, die ihre Pferde striegeln und satteln, Teenies, die zusammen stehen und sich unterhalten.
Es ist ruhiger und einsamer geworden.
Vierzig Pferde stehen derzeit auf dem Reiterhof, davon sind dreizehn Schulpferde und die anderen sind Einstellpferde.
Natürlich gilt es auch hier Menschenansammlungen zu vermeiden und den vorgegebenen Sicherheitsabstand einzuhalten. Dadurch findet natürlich auch logischerweise kein Reitunterricht mehr statt.
Mal abgesehen vom finanziellen Aspekt, den ich später noch erläutern werde, bedeutet dies natürlich auch eine Veränderung bei den Tieren.
Die Pferde haben eine Verbindung zu den Reitschülern aufgebaut. Diese fehlt nun.
Die Aufgaben der Angestellten (ein kleines Team) sind größer geworden. Neben Fütterung und Pflege der Schulpferde müssen die Tiere natürlich auch ausreichend freie, als auch kontrollierte Bewegung haben. Das ist wichtig für das Wohlbefinden der Tiere und den Erhalt der Fitness. Bei zu wenig Bewegung bilden sich außerdem sonst Muskeln zurück (gerade bei den älteren Tieren). Die Vierbeiner sollen also neben dem freien Weidegang auch abwechslungsreich kontrolliert bewegt werden (geritten, geführt, longiert, Bodenarbeit, etc). Im Schnitt wurden durch den Reitunterricht vor Corona-Zeiten bereits einige Stunden Bewegung am Tag abgedeckt, die durch reinen Weidegang auf Dauer nicht gut zu ersetzen sind.
Veränderungen bei den Tieren merkt man auch. Es gibt untereinander schon mal Kebbeleien, weil die Tiere nicht ausgelastet sind. Früher wollten die Pferde oftmals nicht von der Koppel. Jetzt stehen die Tiere sogar Schlange und warten, da sie sich über Menschen und Zuwendung so sehr freuen.
Die Reitschüler/innen wissen, dass sie momentan nicht auf den Hof dürfen. Das fällt ihnen natürlich schwer, so dass Reitlehrerin Janine Newe auch zwischendurch Nachrichten bekommt, in denen Kinder schreiben, dass sie die Pferde vermissen und sich erkundigen wie es diesen geht.
Während die Schulpferde vom Reiterhof-Team versorgt werden, kümmern sich die Besitzer der Einstellpferde überwiegend selbst um ihre Tiere.
Im Stall und auf dem Reiterhof gelten klare Regeln. Es gibt die mittlerweile üblichen Schilder mit dem Mindestabstand von 1,5 Metern. Tätigkeiten, wie zum Beispiel die Pflege der Tiere finden überwiegend draußen statt, damit sich nicht alle in der Stallgasse tummeln. Die Pferde werden mehr verteilt, alle Reitplätze werden genutzt. Im Stallinneren und in der Reithalle herrscht Maskenpflicht. Sättel, Trensen, Schuhe und Kleidung werden desinfiziert. Frau Selling von der Firma KSD berät den Reiterhof zu Hygienemaßnahmen im Stall. Zudem müssen sich die Besucher des Reiterhofes in eine Anwesenheitsliste eintragen. Einstaller sind dazu angehalten nur das Nötigste mit ihrem Pferd zu tun, um die Aufenthaltszeit und die Personenanzahl auf dem Hof damit so gering wie möglich zu halten.
Dadurch, dass der Reitunterricht nicht mehr stattfinden kann, hat Simon de Witt natürlich auch finanzielle Einbußen. Im April durften die Reitschüler bzw. deren Eltern selbst entscheiden, ob sie den Beitrag für diesen Monat weiter bezahlen oder mit der Zahlung aussetzen. Der überwiegende Teil hat trotz Ausfall des Reitunterrichtes den Monatsbeitrag weiter bezahlt. Dafür ist das Reiterhof-Team mehr als dankbar und weiß auch, dass dies nicht selbstverständlich ist.
Während beispielsweise Fitnessstudios den Mitgliedsbeitrag trotz Schließung weiter laufen lassen, setzt Simon de Witt den Beitrag für den Monat Mai aus. Das finde ich wirklich großherzig und eine gute Tat in dieser besonderen Zeit.
Dem Reiterhof fallen zudem Einnahmen aus der Organisation von Kindergeburtstagen und von Sonderprogrammen (z. B. geführte Ausritte) weg.
Das traditionelle Osterfeuer auf dem Sterkrader Reiterhof musste dieses Jahr bekannterweise leider ausfallen.
Wie es mit anderen Veranstaltungen weitergeht, ist unklar. Großveranstaltungen wurden in Deutschland bis Ende August abgesagt, davon sind auch vermutlich das Turnier am 21. Juni und das Sommerfest am 30. August betroffen.
Ob dieses Jahr das Martinsfeuer, die Hubertusmesse oder die Weihnachtsfeier stattfinden können, bleibt offen.
Viele Sportarten sind ja momentan untersagt, doch das Reiten (auch Ausreiten) wurde mit einer Sondergenehmigung in Oberhausen erlaubt, da das Tierwohl im Vordergrund steht, da ausgeglichene Pferde ausreichend Bewegung brauchen.
Und so ein Ausritt pflegt nicht nur die Pferdeseele, sondern auch die Reiterseele.
Der Reiterhof in Oberhausen grenzt an Bottrop und Dinslaken. In Bottrop ist das Ausreiten ebenfalls erlaubt, aber nicht in Dinslaken. Wenn man jetzt also mit seinem Pferd durch den Wald reitet, muss man aufpassen, dass man nicht plötzlich in Dinslaken ist.
Daher ist es wichtig, dass es Reitkarten gibt, wo die Stadtgebiete eingezeichnet sind, damit man sehen kann, wo man sich gerade befindet. Das sind alles Dinge, von denen ich zum Beispiel gar nicht wusste, dass man darauf achten muss. Aber solche Themen gehören für Simon de Witt und sein Team zum jetzigen Alltag. Alles muss komplett durchdacht und geplant sein, ebenso wie die Logistik. Tierfutter wird oft im Ausland bestellt. Als die Corona-Richtlinien im März bekannt wurden, hat der Reiterhof-Besitzer extra mehr Futter bestellt, da nicht klar war, ob die Grenzen zu Deutschland auch weiterhin für Transporter geöffnet sein würden.
Sonst hätte es passieren können, dass die Tiere irgendwann nicht mehr genug Futter gehabt hätten.
Wie und wann es genau weitergeht, kann man jetzt noch nicht sagen. Fakt ist aber, dass noch eine Menge Fragen offen sind. Es muss viel vororganisiert und bedacht werden. So können die Pferde zum Beispiel nicht von null auf hundert wieder die volle Leistung bringen.
Simon de Witt bringt es mit einem Satz auf den Punkt: "Pferde sind keine Maschinen."
Ich hoffe, dass ich euch mit meinem Bericht etwas näher bringen konnte, was diese Corona-Krise für die Pferde und den Reiterhof bedeutet.
Es wäre schön, wenn sich alle Reiter/innen, Pferdeverrückten und Freunde des Reiterhofes bald gesund auf dem Sterkrader Reiterhof wieder sehen.
Ich möchte den Bericht mit einem Zitat von Lucinda Prior Palmer abschließen:
"Pferde tragen die Geschichte der Menschheit auf ihrem starken Rücken."
(Und zu der Geschichte gehört auch die Corona-Krise.)
Autor:Nina Benninghoff aus Oberhausen |
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