Triathlon im hohen Norden
Nordtriathleten starten beim Ironman 70.3 in Jönköping, Schweden
Eine Mitteldistanz im fahrbaren Umfeld, und das auch noch im Monat der deutschen Langdistanzen? Nicht einfach, aber auch nicht unmöglich. Ein Rennen in der wunderschönen Provinz Småland sollte es sein. Julia Reinhardt, Max Niemand und Dirk Adolphs stellten sich der anspruchsvollen Herausforderung am Südende des Vätternsees.
Obwohl das eigentliche Rennen über 1,9 km Schwimmen, 90 km Radfahren und 21,1 km Laufen erst am Sonntag, den 07.07.2019 stattfand, machte man sich bereits am Donnerstagfrüh auf die 1.100 km lange Reise in die fünfgrößte Stadt Schwedens. Check-In, Racebriefing…viele kleine Dinge waren zu erledigen, und Hektik ist bekanntlich kein guter Ratgeber für große Aufgaben.
Für Julia Reinhardt und Max Niemand war es zugleich der erste Start auf der Halb-Ironman Distanz. Wenngleich man schon über eine gehörige Portion Ligaerfahrung verfügte, musste man sich doch noch ganz andere Gedanken vor dem Start am Munksjön See machen. Vertrage ich die Streckenverpflegung von Ironman, oder muss ich auf Eigenverpflegung zurückgreifen? Wie viele Gramm Kohlenhydrate muss ich eigentlich zuführen? Welche Pace kann man beim abschließenden Halbmarathon durchlaufen? Fragen, auf die man spätestens am Renntag eine Antwort haben sollte.
Bereits am Freitag stand das erste offizielle Event auf dem Programm. Die offizielle Registrierung durch den Veranstalter stand an. Bewaffnet mit einem schicken Rucksack und mit einem Armband zur Identifizierung war der erste Schritt gemacht. Ein kurzer Fun-Run mit dem schwedischen Triathlonstar Patrik Nilsson, schaffte außerdem einen Eindruck von der 7km Laufstrecke am Rande der Altstadt von Jönköping. Die Stadt hatte ebenfalls seine Hausaufgaben gemacht. Blumen, Flaggen und der Zielkanal vor dem Rathaus. Alles war angerichtet für einen tollen Triathlontag.
Leider hatte man die Rechnung ohne den Wettergott Petrus gemacht. Pünktlich zum Rad Check-In am Samstag öffneten sich die Himmelsschleusen. Regen, kühle Temperaturen und zunehmender Wind. Keine guten Voraussetzungen für ein schnelles Rennen. Die letzte Nacht vor dem Triathlon ist immer eine kurze, allerdings ganz besonders in Schweden. Tag hell war es bereits um 04:00 Uhr, so dass das Aufstehen nicht schwer fiel. 12 Grad Lufttemperatur und ein bewölkter Himmel begrüßte die Nordtriathleten aus Oberhausen. Am Start angekommen, wartete bereits geschäftiges Treiben in der Wechselzone. Letzte Vorbereitungen waren zu erledigen. Isogetränke und Fahrradcomputer waren zu befestigen, Wattsysteme zu kalibrieren und auch die Racebeutel wurden ein letztes Mal kontrolliert. Alles war perfekt vorbereitet und die Spannung stieg. Lediglich das Wetter spielte so gar nicht mit.
Durch die kalten Wassertemperaturen von 15,6 Grad Celsius war ein Neoprenanzug zum Schutz der 2.750 Athleten vorgeschrieben. Pünktlich zum Kanonenschuss, der als Startsignal der Profitriathleten die Innenstadt von Jönköping erzittern ließ, ging ein heftiger Regenguß auf die Sportler nieder. Der Neoprenanzug verhinderte aber weiteres Auskühlen vor dem eigenen Start. Der sogenannte Rolling-Start ermöglichte einen entspannten Schwimmstart, da alle vier Sekunden vier Starter in das kühle Nass springen durften. Vollgas stand nun auf dem Programm, um schnell auf Betriebstemperatur zu kommen. Nach 1,9 km und 33:40 Minuten im dunklen Münksjön See, war Julia Reinhardt standesgemäß als erste Nordlerin auf dem roten Teppich und damit auf dem Weg in die 800m entfernte Wechselzone, wo bereits die Fahrräder auf ihren Einsatz warteten. Aber auch Dirk Adolphs und Max Niemand machten einen guten Job und nahmen mit nur knapp über 2 Minuten Rückstand die Verfolgung auf. Viele Zuschauer säumten bereits jetzt die Strecke, so dass nun alles auf Angriff gesetzt wurde.
Die Radstrecke war auf der ersten Hälfte geprägt von vielen, teilweise auch steilen Anstiegen. Gut das man beim Racebriefing aufgepasst hatte, so informierte man bereits vorab über eine sehr langsame Durchschnittsgeschwindigkeit auf den ersten 40 Kilometern. Kein Grund also zur Sorge, sondern vielmehr Verpflichtung auf die Wattwerte im Anstieg zu achten. Dirk Adolphs übernahm kurz nach der ersten Verpflegungsstation die Führungsposition der Nordtriathleten. Max Niemand überholte die stark fahrende Julia Reinhardt ebenfalls, wurde allerdings von einem Plattfuß eingebremst. Die immer noch kühlen Temperaturen waren dann aber leider zu viel für den angeschlagenen ehemaligen Leistungsruderer Niemand. Die untere Rückenmuskulatur machte zu und der Rest der großen Radschleife wurde leider zur ausgedehnten Trainingsfahrt. An einen abschließenden Halbmarathon war leider nicht mehr zu denken. Eine große Enttäuschung für den ehrgeizigen Nordler, der aber sicherlich daran wachsen wird, um in der Zukunft richtig durchzustarten.
Dirk Adolphs und Julia Reinhardt setzten ihren Weg durch die traumhafte schwedische Natur weiter unbeirrt fort. Wälder, Seen und kleine Siedlungen mit den typischen roten Schwedenhäusern wechselten sich ab, so dass Langeweile wahrlich nicht aufkommen konnte. Nach 2:33:25- bzw. 3:05:26 Stunden waren die 90 km beendet und der abschließende Halbmarathon stand an. Menschen wohin man blicken konnte. Freudige Gesichter, motivierende Anfeuerung und ganz viel Leidenschaft. Die oft als kühle Nordlichter verschrienen Schweden machten tatsächlich ein Fest aus den letzten 21,1 km. Auch der Wettergott hatte ein Einsehen und die Sonne begrüßte die Läufer auf den drei bevorstehenden Laufrunden.
Dirk Adolphs konnte sein Pacing perfekt umsetzen und durfte als erster Nordtriathlet nach 1:36:32 Stunden in den proppenvollen Zielkanal abbiegen. Laute Musik und eine tolle Stimmung begleitete ihn auf den letzten Metern zu einer starken Endzeit von 4:55:36 Stunden. In der Endabrechnung bedeutete das Platz 23 in der Altersklasse M40-44 (Platz 202 von 2.131 Finishern). Begünstigt durch die Roll-Down Policy der Ironman Gruppe, reichte diese Platzierung sogar zur Qualifikation für die Ironman 70.3 Weltmeisterschaften im neuseeländischen Taupo im kommenden Jahr. Eine gute Leistung die allerdings nicht von einem Start in Taupo gekrönt wird, stehen doch die finanziellen und organisatorischen Aufwendungen in keinem Verhältnis zur sportlichen Herausforderung.
Julia Reinhardt, die bereits in den Ligarennen mit starken Leistungen auf sich aufmerksam machte, konnte den Halbmarathon ebenfalls ohne große Schwierigkeiten durchstehen und wurde von ihren Teamkollegen im Ziel beglückwünscht und gefeiert. 2:12:16 benötigte die Nordlerin für die drei Laufrunden und nahm nach einer Gesamtzeit von 5:59:52 Stunden überglücklich die Finishermedaille in Empfang. Ein Sub-6 Stunden Finish beim ersten Start auf der Halb-Ironman Distanz bedeutete Platz 26 in der Altersklasse F30-34 (Platz 1.148 von 2.131 Finishern). Ein toller Erfolg!
Rückblickend betrachtet wurde der "Notnagel" Jönköping zu einem tollen Erlebnis, an das sich die drei Nordtriathleten sicherlich noch lange zurückerinnern werden. Mit den Starts in Rheine, Hückeswagen und Vreden warten nun wieder die lokalen Events, bei denen sicherlich auch Max Niemand wieder motiviert und gesund angreifen kann.
Autor:Oliver Schillinger aus Oberhausen |
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