Oberbürgermeister Daniel Schranz zur Corona-Krise in Oberhausen
"Wir haben viel dazugelernt"
Eine Sieben-Tage-Inzidenz weit über 100, was sind die größten Sorgen, was muss jetzt geschehen, um diese kritische Zahl auch in Oberhausen wieder in den Bereich zu drücken, dass das Gesundheitsamt die Infektionsketten wieder nachvollziehen und unterbrechen kann? Oberbürgermeister Daniel Schranz beantwortet dazu die wichtigsten Fragen:
Wir befinden uns in der zweiten Corona-Welle. Die Infektionszahlen in Oberhausen steigen auf Rekordniveau. Ist die Situation besorgniserregend?
Wie gefährlich das Virus ist, zeigen die deutlich ansteigenden Zahlen der Covid-Patienten in unseren Krankenhäusern. Nach dem relativ milde verlaufenen Sommer belegen die Zahlen, dass wir es nach wie vor mit einem sehr ernstzunehmenden Virus zu tun haben. Aber wir haben schon im Frühjahr gezeigt, dass wir gemeinsam mit Disziplin, Entschlossenheit und Solidarität der Krise begegnen können. Aus diesem Grund beurteile ich die Situation mit großem Respekt, aber auch mit Zuversicht.
Ist es von Vorteil, dass wir nicht am Anfang der Pandemie stehen und bereits Erfahrungen im Umgang mit dem Virus gesammelt haben?
Wir haben wichtige Erfahrungen sammeln können und viel dazugelernt, das ist richtig und daraus schöpfe ich auch meinen Mut. Obwohl noch kein Impfstoff vorhanden ist, kennen wir uns im Umgang mit dem Virus besser aus. Wir halten Abstand, intensivieren die Hygienemaßnahmen und bleiben gemeinsam Zuhause. Und wir minimieren die sozialen Kontakte, auch wenn der Verzicht vielfach schwerfällt. Aber: Der zurückliegende Sommer war die Belohnung für unsere Disziplin im Frühjahr. Diese Disziplin brauchen wir jetzt wieder und dabei kommt es erneut auf jeden Einzelnen und jede Einzelne von uns an. Es gilt besonnen, aber entschieden zu handeln, um auch den Winter mit möglichst geringen gesundheitlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schäden zu überstehen.
Welche Schlüsse haben Sie aus den ersten Monaten der Pandemie gezogen?
Als Oberbürgermeister zieht man in solch einer Situation seine Schlüsse nicht alleine, sondern steht in engem Austausch mit medizinischen Fachleuten und den Mitgliedern des Krisenstabs mit Michael Jehn an der Spitze. Zusammen haben wir in Oberhausen viele wichtige und – wie ich finde – richtige Entscheidungen getroffen. Unsere Testkapazitäten wurden deutlich ausgebaut, der Drive-In ist in ein winterfestes Quartier in der Feuerwache in Alt-Oberhausen gezogen. Das Personal im Gesundheitsamt wurde erheblich verstärkt, zuletzt durch 15 Bundeswehrkräfte. Seit Anfang November haben wir die Maskenpflicht in Oberhausen ausgeweitet, so unter anderem in den Fußgängerzonen, in der Neuen Mitte und auf den Wochenmärkten. Wir bessern permanent nach und lernen dazu.
Zuletzt hörten wir von technischen Problemen bei der Übermittlung der Infektionszahlen.
Ja, leider. Und das ärgert uns sehr. Aber je höher die Zahlen werden und damit auch der Aufwand, desto stärker kommen wir – nicht nur in Oberhausen – an unsere Grenzen und leider auch darüber hinaus. Wir arbeiten fieberhaft weiter und tun alles, um die Kontaktverfolgung so gut wie möglich sicherzustellen.
Wie stehen Sie zu den Maßnahmen der Bundesregierung, die seit dem 2. November gelten?
Der Bund und die Länder haben sich auf einen Kurs für die nächsten Wochen verständigt, der die Kontakte und somit die Chancen der Übertragung des Virus stark einschränkt, aber weniger restriktiv ist als noch Anfang des Jahres. Das unterstütze ich ausdrücklich. Auch zusätzliche staatliche Hilfen für die betroffenen Bereiche sind diesmal zeitgleich beschlossen worden, was auch für uns in Oberhausen wichtig ist.
Viele Menschen sind trotzdem beunruhigt und machen sich Sorgen?
Wir sind alle betroffen, sei es im privaten oder beruflichen Leben. Da finde ich es vollkommen normal, dass man sich Sorgen macht. Aus diesem Grund ist es auch so wichtig, dass wir bei den Maßnahmen alle an einem Strang ziehen und solidarisch bleiben, auch wenn es manchmal schwer fällt. Jeder vermisst doch Umarmungen oder einen freundschaftlichen Händedruck, ein volles Sportstadion oder ein ausverkauftes Konzert mit bester Stimmung.
Ihr Dank geht oft an die im medizinischen Bereich tätigen Menschen.
Natürlich geht mein Dank in diese Richtung. Mein Dank geht aber auch an alle Personen, die seit Beginn der Pandemie täglich bis an die Grenzen des Leistbaren gehen – oder darüber hinaus, ob im Krankenhaus, im Supermarkt oder in der Verwaltung mit Gesundheitsamt, Ordnungsamt oder Feuerwehr. Ich möchte mich in diesem Zusammenhang aber auch bei jeder Oberhausenerin und jedem Oberhausener bedanken, die oder der sich an die gemeinschaftlichen Regeln hält. Denn ohne Solidarität hilft der größte Einsatz nichts. Jetzt müssen wir alles daran setzen, die Ansteckungsraten deutlich abzusenken.
Wie stehen Sie zu Verschwörungstheoretikern oder Corona-Leugnern?
Unsere Demokratie muss auch das aushalten können. Was allerdings keineswegs heißt, dass wir diesen Menschen nicht energisch widersprechen sollen. Ich bitte alle: Lassen Sie sich nicht von Corona-Leugnern oder Verschwörungstheoretikern durcheinanderbringen oder beeinflussen.
Gibt es neben den AHA-Regeln weitere Maßnahmen, die Ihnen am Herzen liegen?
Da gibt es einige. Ich appelliere noch einmal, die Corona-Warn-App herunterzuladen und zu nutzen. Und gerade im Winter dürfen wir das Lüften nicht vergessen. Darüber hinaus: Bei Symptomen nicht erst das Testergebnis abwarten, bei intensivem Kontakt zu einem Infizierten nicht erst auf den Anruf des Gesundheitsamtes warten, sondern sich zu Hause in Quarantäne begeben. Staatliches Handeln und Eigenverantwortung müssen Hand in Hand gehen. Eine weitere solidarische Maßnahme ist für mich die Aktion „Wir sind Oberhausen“. (www.wirsindoberhausen.de) Hier wird den Menschen in unserer Stadt und unseren Betrieben aus der Gastronomie sowie den Kultur- und Freizeitanbietern geholfen, ein Stück Normalität zu leben.
Autor:Jörg Vorholt aus Oberhausen |
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