MIT KAMM UND SCHERE GEGEN CORONA
FRISÖRE IN OBERHAUSEN
So, da geht das Ordnungsamt diese Woche hin und schließt einige Frisörläden, um einen Tag später zu sagen, dass es doch keine klare Richtlinien gibt, alles gar nicht richtig amtlich war und der Salon wieder öffnen kann.
Großes Kino.
Viele Betriebe haben eh schon wenig Kunden und finanzielle Einbußen, da wird der Laden fälschlicherweise vom Ordnungsamt zu gemacht und man hat noch weniger Kunden, während andere Frisöre weiter geöffnet haben.
Ich finde ja, die Frisöre sollten so wie andere Firmen auch geschlossen sein. Der Beruf ist nicht systemrelevant. Darüber habe ich mich mit Samantha H.*, einer Frisörin aus Oberhausen unterhalten.
Sie berichtet, dass der Laden nach wie vor gut besucht sei. Hauptsächlich von älteren Damen. Sie fragt sich auch, was die Omas nicht verstanden haben. Gerade ältere Menschen sollen doch jetzt zuhause bleiben. Aber die müssen sich noch Dauerwelle, Strähnchen und Co machen lassen, da sie bald auf einen 70. Geburtstag eingeladen sind. FINDE DEN FEHLER!
Im Internet gibt es das Video einer Frisörin aus Hattingen, die in einem Protestvideo zeigt, wie man aus zwei Metern Abstand Haare waschen soll. Vernünftig kann man das natürlich nicht machen. Ihr müsst euch das Video mal ansehen.
Frisörin Samantha H. berichtet, dass Kunden zusammen zucken, wenn sie ihnen nach deren Meinung zu nah kommt. Dabei hat sie den gleichen Abstand wie immer. Spitzen schneiden mit Fernrohr aus zwei Metern Entfernung geht nun mal nicht. Warum bleiben diese zuckenden und ängstlichen Menschen dann nicht einfach zuhause?
Beim Schneiden, Waschen, Föhnen gibt es immer viele verschiedene Themen: das Wetter, Angebote im Supermarkt, Arbeitslosigkeit, Gewichtszunahme und natürlich die Welt der Reichen und Schönen. Doch momentan ist Corona Gesprächsthema Nummer Eins. Da meckern und diskutieren Kunden mit nassen Haaren rund um den Virus während sie aus tiefster Seele husten und niesen.
Im Internet gibt es zur Zeit einen Beitrag, der Frau H. auf die Palme bringt: Frisöre bleiben geöffnet, weil sie einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit leisten. Viele mikrobiologische Kleinstlebewesen leben zwischen Bart- und Kopfhaaren. Würde es vernachlässigt werden diese zu pflegen, könne man krank werden. Also tragen Frisöre zu unserer Gesundheit bei.
Falls ihr jetzt ins Stocken gekommen seid, lest euch den letzten Abschnitt nochmal durch. Klingt das für euch auch so unwahrscheinlich wie für mich? So übertrieben?
Es gibt Menschen, die waschen sich tagelang nicht die Haare. Sind die jetzt schwer krank? Was ist mit den "Bob Marley Verschnitten", die ihre Dreadlocks jeden Tag auf dem Kopf zur Show stellen? Die waschen und pflegen ihre verfilzten Zottel bestimmt nicht täglich. Die müssten ja laut Bericht kurz vorm Exitus stehen.
Samantha hat Kunden, die gestern dort waren, vorgestern dahin gefahren sind, letzten Samstag in der Kneipe waren und Personen kennen, die in Quarantäne sind. Diese Kunden hatten also in den letzten Tagen nicht gerade wenig Kontakt zu anderen Menschen, sind vielleicht sogar schon mit Covid-19 infiziert und sitzen jetzt gemütlich plaudernd im Frisörstuhl.
Samantha H. macht sich Sorgen. Nicht nur um sich, sondern auch um ihre Familie. Ihr Kind darf die nächste Zeit nicht raus und sitzt zuhause, weil die Schule geschlossen ist. Aber sie muss jeden Tag zur Arbeit und sich vielen Personen aussetzen, weil das Ordnungsamt nicht eindeutig Stellung bezieht und alle Frisörläden schließt. Und vielleicht auch, weil ihr Chef nicht genug Eier in der Hose hat, um seiner Fürsorgepflicht nach zu kommen und zum Schutz der Mitarbeiter den Laden zu schließen.
Leute, was denkt ihr euch? Wenn ihr schon an Corona erkrankt, dann aber hoffentlich mit schöner Frise?
Haare waschen kann ich auch zuhause, sogar mit Trockenshampoo, wenn ich kein Flüssigshampoo habe. Und falls mich irgendwas stört, kann ich auch selbst zur Schere greifen. Ansonsten werden die Haare halt ein wenig länger werden (sieht vielleicht beim Ein oder Anderen sogar ganz gut aus). Bevor ihr Haare wie Rapunzel habt und diese aus der Quarantäne herunterlassen könnt, wird es hoffentlich eine Lösung für bzw. gegen Corona geben.
Ansonsten hat jeder bestimmt auch noch eine Mütze zuhause rum fliegen.
Ich möchte hier an dieser Stelle die Omas und Opas etwas verteidigen. Natürlich sollen sie zuhause bleiben und sich und andere schützen. Ich denke, dass es viele einfach aus Einsamkeit heraus machen und sich in dem Moment nicht mit Corona und den Folgen beschäftigen. Wie viele ältere Menschen waren schon vor Corona einsam und hatten wenig soziale Kontakte? Und jetzt dürfen sie nicht mehr raus und zum Teil auch ihre Enkel nicht mehr sehen. Welche Oma hat ein internetfähiges Handy oder einen Computer um mit anderen online in Kontakt zu treten? Die Wenigsten. Die Allerwenigsten. Für viele war der Frisörbesuch das Highlight eines ganzen Monats. Einfach mal raus kommen und mit der Frisörin über Gott und die Welt sprechen.
Manche Senioren möchten sich auch einfach mal "aufhübschen". Nicht für andere, sondern für sich. Das ist ihnen wichtig. Sozusagen das letzte bißchen Ehre und Stolz, was sie in der finalen Phase ihres Lebens noch haben. Kann man es ihnen verübeln? Sie sind alt und manchmal auch mit ihrem Tun zu "eingefahren". Ich möchte dieses Verhalten nicht total entschuldigen, sondern ein wenig Verständnis wecken. Das ist eine andere Generation. Und wer weiß, wie wir sind, wenn wir alt werden. Einsamkeit lässt zu, dass wir Fehler machen.
Es gibt einen Spruch: "Denn die Menschen sind für vieles geschaffen, doch nicht für die Einsamkeit."
Für Kinder gibt es jetzt jeden Tag im Fernsehen Sondersendungen, z. B. die "Sendung mit der Maus". Dadurch sollen Kinder abgelenkt sein. Langeweile soll für dreißig Minuten weichen. Warum gibt es das nicht für alte Menschen? An die Kinder wird medientechnisch gedacht. Wieso nicht an Senioren? Jeden Tag einen ganz alten Film von früher zeigen. Heinz Rühmann und Co. Das freut die Omas und hält sie vielleicht auch vom Frisörbesuch fern.
Eigentlich müssten wir aus Solidarität mit den Frisören alle unsere Haare abrasieren, dann brauchen wir auch den Frisörbesuch in den nächsten Wochen nicht mehr. Also, setzt ein Zeichen: Ran an die Locken.....
*Name geändert
Autor:Nina Benninghoff aus Oberhausen |
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