Vorsicht Schulkinder

Seitdem die Empfehlung des Bildungsplans zur auslaufenden Auflösung der Holtener Kastellschule bekannt geworden ist, schlagen die Wogen der Empörung im nordwestlichen Randstadtteil hoch. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Schließung der Schule, welche den gesamten Stadtteil versorgt, einer verordneten Verödung Holtens gleichkäme.

Die Politik würde bei einem entsprechenden Beschluss zugunsten einer vermeintlich stabilen und finanzierbaren Grundschullandschaft einen kompletten Stadtteil brachlegen. Nicht nur, dass die Holtener Schulkinder praktisch in einem anderen Stadtteil aufwüchsen und jegliche durch Schule vermittelte Bindung an den eigenen im Keim erstickt würde. Auch wäre es für Familien ein deutliches Signal, sich künftig in Holten nicht mehr anzusiedeln – der Stadtteil würde zum Aussterben verurteilt.

Der Bildungsplan sieht vor, im Zuge der Auflösung der Kastellschule die Holtener Schüler in einer vier- bis fünfzügigen Großgrundschule in Schmachtendorf, eventuell gar in katholischer Trägerschaft, zu beschulen. Der Schulweg von Holten nach Schmachtendorf, so heißt es im Gutachten von Dr. Ernst Rösner (Dortmund), sei zumutbar und sicher.

Tatsächlich ist die Kastellschule hoffnungslos unterbelegt, die Kapazität des Schulgebäudes nicht annähernd ausgelastet. Dieser Umstand ist schon seit langem bekannt, dennoch wurden in der Vergangenheit keine Anstrengungen unternommen, diesem Missverhältnis strukturell zu begegnen. Die Gründung zweier IVK (Internationale Vorbereitungsklassen) ist in dieser Hinsicht keine nachhaltige Maßnahme, sondern ein rein quantitativer Ausgleich, schließlich kann eine Gemeinschaftsgrundschule nicht über einen bestimmten Anteil hinaus mit Flüchtlingskindern belastet werden. An der Kastellschule wurde zwischenzeitlich ein Anteil von 20% erreicht. Die Frage ist, wo man die schulpolitische Obergrenze zieht.

Was bisher fehlt, sind Alternativen zur empfohlenen Auflösung der Kastellschule. Im Bildungsplan werden sie vorsorglich gar nicht erst angedacht. Die theoretische Möglichkeit, die Schmachtendorfer Grundschulen in die Holtener Schule zu integrieren, wird aufgezeigt, nur um sie im gleichen Atemzug als undurchführbar vom Tisch zu wischen.

Dabei liegt eine vergleichsweise milde Lösung auf der Hand. Laut Bildungsplan soll die Königschule (Biefang) in die Grundschule Schwarze Heide eingegliedert werden, deren Räumlichkeiten allerdings erst entsprechend ausgebaut bzw. im Jargon des Bildungsplans ertüchtigt werden müssten. Die Kastellschule dagegen, welche für viele Biefanger Schulkinder keineswegs schwieriger zu erreichen ist, verfügt über solche Kapazitäten, ohne dass erst bauliche Maßnahmen geprüft und durchgeführt werden müssten. Weder Gutachter noch Verwaltung sehen die mögliche Verknüpfung der beiden Schulen, welche gerade mal – zugespitzt formuliert – durch eine Ampel getrennt sind. Dies legt den Verdacht nahe, dass man insbesondere in der Verwaltung auf diesem Auge blind sein will.

Das ist haushaltspolitischer Kahlschlag unter dem Vorwand schulpolitischer Vernunft. Eine Schulpolitik aber, welche sich nicht um die Besonderheiten der im jeweiligen Stadtteil verankerten Standorte schert, schießt zwangsläufig übers Ziel hinaus. Fern jeglicher Sozialverträglichkeit gebiert sie keine vernünftigen Perspektiven, sondern allenfalls Monster.

Autor:

Marco Schwinning aus Oberhausen

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