Auswirkungen auf Oberhausen
Ukraine-Krieg begann vor einem Jahr
Über dem Rathaus an der Schwartzstraße wehte vergangenen Freitag, 24. Februar, wieder die ukrainische Flagge: Ein Jahr nach dem völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine setzte die Stadtverwaltung damit ein sichtbares Zeichen ihrer Solidarität – mit den Menschen in der Partnerstadt Saporishja und der ganzen Ukraine, aber auch mit denen, die vor dem Grauen des Krieges geflohen sind und in Oberhausen Zuflucht gefunden haben. Wie sich die Situation auf Oberhausen auswirkt, zeigt die folgende Analyse, die von der Stadt veröffentlicht worden ist.
Oberhausens Bevölkerung ist seit dem um rund 1,5 Prozent gewachsen
Rund 3200 aus der Ukraine geflüchtete Menschen leben ein Jahr nach Kriegsbeginn in Oberhausen. Mehr als 1000 von ihnen sind Kinder und Jugendliche. So ist Oberhausens Bevölkerung innerhalb weniger Monate um etwa 1,5 Prozent gewachsen. „Die Unterbringung, Versorgung und Betreuung der Geflüchteten war ein gemeinsamer Kraftakt und ein Stück gelebte Solidarität, für die ich allen Beteiligten zutiefst dankbar bin“, sagt Oberbürgermeister Schranz mit Blick auf das vergangene Jahr.
Eines von vielen Beispiel ist das Thema Schule: Während es in vielen Kommunen zum Teil lange Wartelisten mit Jungen und Mädchen gibt, die einen Schulplatz brauchen, sind in Oberhausen bis auf sehr wenige, gerade angekommene Kinder und Jugendliche alle bereits in Schulen eingegliedert. „Das ist keineswegs selbstverständlich, sagt der Beigeordnete Frank Motschull, der den Ukraine-Krisenstab leitet.
„Dass die Registrierung und Versorgung der Menschen so reibungslos geklappt hat und weiter klappt, hat neben dem großen Engagement aller Beteiligten auch damit zu tun, dass wir sofort die richtigen Strukturen aufgebaut haben“, erklärt Sozialdezernent Motschull. Wenige Tage nach Kriegsbeginn hatte der Oberbürgermeister einen Runden Tisch und wenige Wochen später einen Krisenstab einberufen. In den ersten zwei Wochen nach dem 24. Februar 2022 waren bereits rund 450 Flüchtlinge in Oberhausen angekommen.
Große Sorge um Oberhausens Partnerstadt Saporishja
Ein Krieg in Europa: Diese Situation erschüttert viele, die den Frieden für nahezu selbstverständlich gehalten hatten. Der Krieg in der Ukraine schockte viele Oberhausenerinnen und Oberhausener aber auch, weil sie persönliche Verbindungen zu Menschen in der Partnerstadt Saporishja haben.
„Der Jahrestag macht noch einmal deutlich, dass hinter unseren Freundinnen und Freunden in Saporishja und in der ganzen Ukraine ein wirklich schwarzes Jahr liegt“, stellt Oberbürgermeister Schranz fest: Russische Angriffe auf die Infrastruktur, Raketeneinschläge in Wohnblocks, Tote, Schwerverletzte und Hunderttausende Binnenvertriebene, die auf ihrem Weg aus den umkämpften Gebieten in sicherere Regionen versorgt werden müssen, gehören für die Menschen und die Behörden in Saporishja zum schrecklichen Kriegsalltag.
„Bereits am Tag des Überfalls, am 24. Februar, war die russische Armee auf dem Gebiet der Region Saporishja“, rekapituliert Desbina Kallinikidou vom städtischen Büro für Interkultur die Berichte aus der Partnerstadt. Der Vormarsch habe in den folgenden Tagen gestoppt werden können, die Front verläuft seit Anfang März 2022 etwa 40 Kilometer von der Stadt Saporishja entfernt. „Dennoch erklärte Wladimir Putin auch unsere Partnerstadt Anfang Oktober nach Scheinreferenden zu unabhängigen Gebieten, die in die Russische Föderation eingegliedert werden sollen“, erinnert Kallinikidou.
Riesengroße Hilfsbereitschaft in Oberhausen
Nach dem Überfall Russlands war schnell klar geworden, dass die riesengroße Hilfsbereitschaft der Bürgerschaft koordiniert werden sollte, um den größtmöglichen Nutzen aus ihr zu ziehen. Der gemeinnützige Verein „Oberhausen hilft“, seit mehr als zehn Jahren in und für Saporishja aktiv, sammelt Sach- und Geldspenden und organisiert in Kooperation mit der Stadtverwaltung und der Feuerwehr Hilfsgütertransporte.
14 Transporte hat Oberhausen im ersten Kriegsjahr in die Partnerstadt geschickt – unter anderem mit Lebensmitteln und Hygieneprodukten, Medikamenten und Verbandszeug, Spezialausrüstung für Rettungskräfte, Winterkleidung und Schlafsäcken, Öfen zum Heizen und Kochen, Stromgeneratoren, aber auch ein Löschfahrzeug und zwei Krankenwagen, die die Feuerwehr ausgemustert hatte. „Insgesamt haben wir bisher 120 Tonnen Hilfsgüter im Wert von rund 550.000 Euro nach Saporishja geschickt“, berichtet Marc Grunenberg vom Büro für Interkultur, das die Städtepartnerschaften pflegt. „Ich danke all denen, die Geld oder Sachen, Zeit, Arbeitskraft und Aufmerksamkeit gespendet haben“, sagt Oberbürgermeister Schranz: „Diese Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft zeichnet Oberhausen aus, und die Spenderinnen und Spender sollen wissen, dass die Menschen in Saporishja für diese Unterstützung extrem dankbar sind.“
Oberhausener Engagement wird in Berlin wahrgenommen
Das Engagement der Oberhausener Bürgerschaft und Verwaltung wird auch in Berlin wahrgenommen: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte für Freitag, 24. Februar, mit dem ukrainischen Botschafter Oleksii Makeiev zur zentralen deutschen Veranstaltung zum Jahrestag des russischen Überfalls ins Schloss Bellevue eingeladen. Oberbürgermeister Schranz hat die Stadt Oberhausen dort vertreten.
Oberhausen: Kundgebung und Kunst zum Jahrestag des Kriegsbeginns
Am Freitag, 24. Februar, riefen mit den Jusos, der Jungen Union und den Jungen Liberalen die Jugendorganisationen Oberhausener Parteien gemeinsam mit dem Deutsch-Ukrainischen Integrationsverein zu einer Solidaritätskundgebung auf dem Saporishja-Platz auf.
Der Verein „kitev“ eröffnete mit Unterstützung des städtischen Büros für Interkultur in der Galerie „Unterhaus“, Friedrich-Karl-Straße 44, die Ausstellung „Records of Resistance – Zeugnisse des Widerstands“. Ukrainische Künstlerinnen und Künstler, die an der „Biruchiy“-Residenz in der Region Saporishja teilgenommen haben, zeigen in Oberhausen Werke, die seit dem Tag der großen russischen Invasion im Februar 2022 entstanden sind. Die Ausstellung ist bis Freitag, 3. März, täglich von 10 bis 20 Uhr geöffnet.
Autor:Karin Dubbert aus Oberhausen |
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