Oberhausens Ärger mit dem Müll

Die überhöhten Müllgebühren, die jeder Oberhausener seit Jahren zu zahlen hat, sorgen weiterhin für Ärger. Nun widersprechen sich auch Bezirksregierung und Stadt. Im Fokus: das aktuell ruhende Preisprüfungsverfahren.
  • Die überhöhten Müllgebühren, die jeder Oberhausener seit Jahren zu zahlen hat, sorgen weiterhin für Ärger. Nun widersprechen sich auch Bezirksregierung und Stadt. Im Fokus: das aktuell ruhende Preisprüfungsverfahren.
  • hochgeladen von Marc Keiterling

Mauschelnde und mauernde Behörden“. „Illegale Bereicherungsmaschine mit Müllgebühren“. „Beugung des Preisrechts in einem Rechtsstaat“. Das Politmagazin „Frontal 21“ des Senders ZDF sparte am Dienstag nicht mit schallenden, verbalen Ohrfeigen für die Bezirksregierung Düsseldorf und die Regierenden der Stadt Oberhausen beim Thema Gesamtmüllverbrennungsanlage Niederrhein. Schon 2012 hatte die Redaktion berichtet.

Grundsätzlich ist es so: Die GMVA - die sich im gemeinsamen Besitz der Städte Oberhausen und Duisburg, sowie des Entsorgungsunternehmens Remondis befindet - gewinnt mit der Müllverbrennung Energie. Im Gegensatz zu einem Kohle- oder Gaskraftwerk wird hier aber nichts verfeuert, was angekauft werden muss. Sondern es wird der Müll des Bürgers entsorgt, der für diesen Vorgang auch noch zahlen muss.

Gebühren dürfen nur Kosten decken

Was er zahlt, sind Müllgebühren. Gebühren sind ausschließlich zur Deckung von Kosten zu erheben. Nach Berechnungen von „Frontal 21“ hat Remondis (kaufte 2001 49 Prozent der GMVA für umgerechnet rund 125.000 Euro) seit 2005 mit der Gesamtmüllverbrennungsanlage Niederrhein einen Gewinn von 55,8 Millionen Euro erwirtschaftet. Dies entspräche einer Eigenkapitalverzinsung von mehr als 5.500 Prozent pro Jahr. Bis 2021 läuft der Vertrag zwischen den Städten und dem am Profit interessierten Unternehmen. Auch die beiden Städte streichen aus den überhöhten Gebühren von knapp 160 Euro pro Tonne netto (also in Summe gut 189 Euro) Gewinne ein.
Dazu sagte Dr. Dieter Birk, Verwaltungsrechtler der Universität Münster, im ZDF: „Das ist illegal. Es widerspricht der Rechtsprechung unserer höchsten Gerichte.“
Mehrere Oberhausener Bürger klagten gegen die Gebührenbescheide und bekamen Recht. Gegen diese Urteile legte die Stadt Berufung ein, diese ist beim Oberverwaltungsgericht Münster anhängig.
GMVA fürchtet Rückzahlungen in immenser Höhe

Bei der Bezirksregierung Düsseldorf beantragte die Anfang 2012 durch Berichterstattung unter Druck geratene Stadt eine Preisprüfung. So etwas könne zwischen einer und vielleicht vier Wochen dauern, lautete die zitierte Einschätzung im „Frontal 21“-Beitrag. Es gibt hier zweieinhalb Jahre nach Auftrag kein Ergebnis.
Der WA fragt bei der Bezirksregierung nach dem aktuellen Sachstand des Verfahrens.
Es wird mit Datum vom 17. Juli 2014 mitgeteilt, dass „es zutreffend ist, dass das Preisprüfungsverfahren zur GMVA derzeit ruht. Dies geschah auf Antrag der Stadt Oberhausen. Aktuell befindet sich ein Gerichtsverfahren zur Höhe der Gebühren beim Oberverwaltungsgericht in der Berufung.“
Und weiter: „Die Stadt Oberhausen teilte Ende Januar 2014 mit, dass die Preisprüfung bis zur gerichtlichen Entscheidung ruhen solle.“
Da hat sich offensichtlich die Haltung zum Thema geändert. Der zuständige Beigeordnete Frank Motschull erklärte zuvor laut Protokoll in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 4. November 2013, dass „die Stadt Oberhausen als Antragstellerin die Preisprüfungsstelle nicht aufgefordert hat, ein abschließendes Ergebnis nicht vorzulegen.“ In der ZDF-Sendung „Frontal 21“ wird am 14. Juli 2014 ausgeführt, dass das Preisprüfungsverfahren aktuell auf Wunsch der Stadt Oberhausen ausgesetzt sei, wie von der Bezirksregierung bestätigt.

Der glasklare Widerspruch

Der Aussage von Bezirksregierung und „Frontal 21“ widerspricht aber das Büro des Oberbürgermeisters auf WA-Anfrage mit Schreiben vom 17. Juli 2014. Darin heißt es: „Die Aussagen aus der ZDF-Sendung `Frontal 21´ vom 15. Juli 2014, dass das Preisprüfungsverfahren zu den Müllgebühren auf Wunsch der Stadt Oberhausen ausgesetzt worden sind, sind nicht korrekt.“
Ein glasklarer Widerspruch - wer sagt hier die Unwahrheit?

Mit der GmbH und Co. KG am Preisrecht vorbei

Um sich künftig nicht mehr mit dem Preisrecht herumschlagen zu müssen, beschloss der Rat der Stadt am 11. November 2013 eine Umstrukturierung der GMVA. Es wurde in diese Konstruktion eine GmbH und Co. AG eingefügt, die seit 1. Januar dieses Jahres die kommunalen Entsorgungsverträge mit den Städten Duisburg und Oberhausen hält. Diese Gesellschaft unterliegt nicht dem Preisrecht und soll mögliche Rückforderungen von überhöhten Gebühren über das Jahr 2013 hinaus unmöglich machen.
Rückforderungen aus den Jahren 2011 bis 2013 sind gegen die Stadt vorhanden. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf stellte die Unwirksamkeit der überhöhten Gebührensätze aus diesen Jahren fest.
Auf WA-Nachfrage im Büro des Oberbürgermeisters zu diesem Themenkomplex heißt es im Schreiben vom 17. Juli 2014: „Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die in der Abgabensatzung, 2011 bis 2013, der Stadt Oberhausen festgelegten Sätze unwirksam seien, da sie gegen das Kostenüberschreitungsverbot des Kommunalen Abgabengesetzes NRW verstießen. Das Verwaltungsgericht hat eine Berufung gegen seine Entscheidung nicht zugelassen. Die Stadt Oberhausen beantragt jedoch die Zulassung der Berufung. In ähnlichen Fällen ist die Berufung bereits zugelassen worden.“

Rücklagen von 23,5 Millionen Euro

Beantwortet wurde im zitierten Schreiben aus dem Büro des Oberbürgermeisters die Frage des WA, ob die Stadt - sollte das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf wirksam werden - die Höhe der dann zu leistenden Erstattungen an die Bürger bereits kalkuliert hat. Die Antwort: „Es sind Rücklagen in Höhe von 23,5 Millionen Euro gebildet worden. Im Falle einer zu leistenden Erstattung wird die Stadt Oberhausen gegen die GMVA Rückerstattungsansprüche geltend machen.“
Unterm Strich: Bis zum Vertragsende 2021 gelten die Verträge mit der neuen GmbH und Co. AG der Gesamtmüllverbrennungsanlage Niederrhein. Danach kann neu verhandelt werden. (keite)

Der Kommentar zum Thema: Wer schützt uns Bürger?

Autor:

Marc Keiterling aus Essen

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