MAN Oberhausen
Keinen Arbeitsplatz kampflos aufgeben
Reinhardt Meyer
In dieser tiefen Wirtschaftskrise darf kein einziger Arbeitsplatz
kampflos aufgegeben werden!
Offensichtlich soll sich in Oberhausen die Zahl der 560 Arbeitsplätze, die vernichtet werden sollen, noch reduzieren. Beispielsweise durch die Kollegen, die bereits für Altersteilzeit unterschrieben haben. Zum anderen durch die (geschätzt) 65 Leiharbeiter, die noch im Werk beschäftigt sind, und als Erste entlassen werden können.
Die Altersteilzeit sollte ursprünglich älteren Mitarbeitern ein Ausscheiden vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze ermöglichen, und so Arbeitsplätze für Jüngere freimachen.
Inzwischen ist Altersteilzeit eine Methode geworden, ohne größeren Widerstand Tausende von Arbeitsplätzen in der Industrie zu vernichten. Die Stellen werden in der Regel nicht mehr besetzt.
VW, Daimler, BMW und auch MAN praktizieren das gerade jetzt in der Wirtschaftskrise.
Wenn also in Oberhausen 100 Kollegen durch Altersteilzeit ausscheiden, sind diese Jobs ein für alle mal weg.
Und: Unsere Leiharbeiter sind Teil der Belegschaft! Sie dürfen nicht zur Manövriermasse für MAN werden, auf billige Art und Weise Belegschaft abzubauen.
In der WAZ stand am 23. Juli: Ziel der Verhandlung (zwischen BR und Vorstand) solle sein, „mit Hilfe der Mitbestimmung und der Politik das Schlimmste zu verhindern“.
Das „Schlimmste“ verhindern?
Mit welcher Zahl vernichteter Arbeitsplätze könnte man denn „leben“?
In nahezu allen Konzernen, die Arbeitsplätze vernichten wollen, lassen die Vorstände einen gewissen Spielraum für scheinbare Zugeständnisse an Betriebsräte, deren Anliegen es ist,“das Schlimmste zu verhindern“. So können diese ihr Gesicht wahren, und Arbeitskämpfe werden nach Möglichkeit vermieden. Ein „Herr im Hause“ - Standpunkt der Unternehmer würde sofort Streiks und Protestaktionen provozieren.
Erneut wird ein „Eckpunktepapier“ zwischen den Gesamtbetriebsräten und dem Vorstand für alle Standorte verhandelt. Im Kern geht es darum, festzulegen, wie viel von den 3000 Arbeitsplätzen, die in der BRD vernichtet werden sollen, durch Zugeständnisse der Belegschaft an den Standorten zunächst erhalten werden könnten.
Erinnern wir uns:
2006 wurde in einer Situation, in der die Auftragsbücher voll waren, mit einem vom Betriebsrat unterzeichneten „Eckpunktepapier“ unter anderem festgelegt, dass alle Mitarbeiter im Leistungslohn, die nach 2007 eingestellt werden, nur noch 120 Prozent Akkord verdienen können. Die Akkordmarken wurden umgestellt, so dass für 120 Prozent Leistungslohn eine Leistung von 150 Prozent erbracht werden muss.
Ergebnis: Heute sind an vielen Arbeitsplätzen im Leistungslohn Lohnunterschiede bei gleicher Tätigkeit von bis zu 1000 Euro.
Die Mehrheit der Betroffenen wurde mit dem Argument weich geklopft, dass ohne diesen Schritt, keine neuen Mitarbeiter eingestellt und nicht investiert würde.
Wenn das Eckpunktepapier unterschrieben ist, wird man sicherlich erneut eine Drohkulisse aufbauen. Nach dem Motto: Wer gegen das Eckpunktepapier ist, der ist für die Vernichtung von 3000 Arbeitsplätzen.
Man muss sich aber im Klaren darüber sein, dass die Verteidigung jedes einzelnen Arbeitsplatzes ein unverzichtbarer Schritt in der Wirtschaftskrise ist.
Die gravierenden, weltweiten Auswirkungen dieser tiefsten Krise seit 1929 deuten sich erst an. 6,5 Millionen Menschen sind in Kurzarbeit, was aber auch nicht beliebig verlängert werden kann.
Weltweit ist die Wirtschaftsleitung drastisch eingebrochen, in der BRD um 10,1 Prozent. Das ist Ausdruck der tiefen Wirtschaftskrise, die bereits 2018 einsetzte, und durch die Corona - Pandemie verschärft wird. Sowohl die Exporte und Importe von Waren und Dienstleistungen sind massiv eingebrochen, als auch die privaten Konsumausgaben und die Investitionen in Ausrüstungen.
In der Automobilindustrie ist die Überproduktionskrise deutlich sichtbar. Für VW ist der Absatz in Europa im Jahr 2020 um mehr als 83 Prozent eingebrochen. Hinzu kommt eine Strukturkrise durch die Umstellung auf Elektromobilität. Hierauf sind die deutschen Konzerne kaum vorbereitet. Die Folge: Vernichtung von Tausenden Arbeitsplätzen in der Automobilindustrie und der Zulieferer.
Die Tourismusindustrie liegt am Boden. Auf Jahre wird es wohl kaum noch Kreuzfahrten geben. Der Flugverkehr ist bis auf den Frachtverkehr fast vollkommen eingebrochen. Flugzeuge werden nicht mehr verkauft. Gaststätten und Hotels stehen in vielen Ländern leer. Auch hier wird es weitreichende Entlassungen geben.
Es wird ein Massensterben von innerstädtischen Geschäften geben. Viele Kleinexistenzen werden aufgeben müssen. Geschäfte, Gaststätten, Bars, Diskos, Event-Management etc. gehen pleite. Hier sind aber neben den industriellen Arbeitsplätzen ein großer Teil der Arbeitsplätze in unserer Gesellschaft angesiedelt. Im Handel- und Gastgewerbe sind 6,7 Millionen Menschen beschäftigt.
Die gigantischen Corona - Hilfspakete der einzelnen Staaten, so wie der EU, sind nur zum Teil eine Unterstützung für die Bevölkerung. Der größte Teil ist eine direkte Unterstützung der Monopole, die trotz Milliarden an „Hilfsgeldern“ Tausende Jobs vernichten wollen, wie zum Beispiel Lufthansa. Das steigert eine gigantische, nicht mehr abbaubare Staatsverschuldung.
Jeder Arbeitsplatz, der vernichtet wird, beschleunigt diese Krisenentwicklung.
Angesagt wäre, sich Branchen und Betriebe übergreifend zusammenzuschließen, und dagegen zu kämpfen, dass die Monopole durch Vernichtung Tausender Arbeitsplätze auch in der Krise noch Maximalprofit herausholen wollen. Hier sehe ich die Aufgabe unserer Gewerkschaften, und nicht darin, das „Schlimmste zu verhindern“
Insbesondere geht es aber auch um die Zukunft unserer Jugend.
Wo soll unsere Jugend und deren Kinder einmal arbeiten?
Glückauf
Euer Reinhardt, 04.08.2020
Autor:Reinhardt Meyer aus Oberhausen |
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