Drei Pflegerinnen mit Herz: Uschi Buhlmann, Heike Schebler-Grundei und Birgit Spill
Die Herzen öffnen
Drei Pflegerinnen mit Herz: Uschi Buhlmann, Heike Schebler-Grundei und Birgit Spill Uschi Buhlmann (58), Heike Schebler-Grundei (48) und Birgit Spill (54) stehen stellvertretend für alle Pfleger in Oberhausen, die sich an 365 Tagen im Jahr dafür engagieren, dass sich ältere Menschen ein klein wenig besser fühlen. Die beiden erstgenannten Damen sind Mitarbeiterinnen des ambulanten Pflegedienstes St. Marien, das dem KKO angehört. Birgitt Spill arbeitet für den ASB. Sie eint, dass sie tagtäglich einer Vielzahl an individuellen Aufgaben ausgesetzt sind. Mit jeder Menge Leidenschaft, persönlichem Engagement und eigenen Emotionen sind sie für viele Menschen an jedem neuen Tag echte Glanzpunkte. Heute sollen sie im Mittelpunkt stehen.
von Jens Knetsch
Wie haben Sie genau Ihre Liebe zum Beruf entdeckt?
Uschi Buhlmann: Bei mir war es ganz einfach durch ausprobieren. Ich war eigentlich in der Hauswirtschaft tätig, hatte aber schon immer Interesse an der Pflege. Da ich einige zu pflegende Personen schon kannte, habe ich irgendwann gemerkt: das ist genau mein Ding! Heute mache ich diesen Job seit 17 Jahren. Er erfüllt mich jeden Tag und es ist total schön.
Heike Schebler-Grundei: Auch ich habe einen Umweg genommen. Ich habe zunächst den Beruf der Zerspannungsmechanikerin erlernt, da war ich 18 Jahre alt. In der Nachbarschaft wohnte eine ältere Dame, die am Rollator laufen musste. Für sie bin ich damals schon einkaufen gegangen, habe ihr vorgelesen. Da habe ich gemerkt: Alt werden ist nichts für Feiglinge.
Birgit Spill: Bei mir war es eine schmerzhafte Erfahrung (lacht). Ich habe mir mit 14 Jahren den Arm gebrochen, musste damals ins Krankenhaus. Die Pflege dort hat mir so gut gefallen, dass ich mich für den Beruf der Krankenschwester interessiert, diesen erlernt und auch lange Jahre ausgeübt habe. Durch die Familiengründung war dieses dann nicht mehr möglich. Irgendwann habe ich begonnen alle 14 Tage bei der Caritas in der ambulanten Pflege auszuhelfen. So bin ich mit meinem heutigen Beruf, den ich seit 22 Jahren ausübe, in Kontakt gekommen.
Wie ging es dann weiter?
Heike Schebler-Grundei: Ich habe meine Ausbildung zu Ende absolviert, anschließend aber ein Praktikum in einem Altenheim gemacht. Mein Herz lag irgendwie am „sich kümmern“. Ich bin eine sehr soziale Person, auch im Freundeskreis war ich dafür bekannt. Eine Kümmerin eben. Nach nur einer Woche wusste ich, dass ich nichts anderes mehr machen möchte.
Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
Heike Schebler-Grundei: Ich arbeite in Teilzeit mit 30 Stunden pro Woche. Täglich versorge ich um 15 Klienten in der Zeit von 6 bis 11 Uhr. Ich arbeite im Bereich der Behandlungspflege (zum Beispiel Kompressionsstrümpfe anziehen), Tablettengabe, Blutzucker messen und Insulin verabreichen, Wundversorgung bis hin zu Teil- und Ganzwaschungen im Bett (inklusive Zahn, Haar- und Nagelpflege).
Uschi Buhlmann: Gleiches gilt auch für mich, wobei ich eine Pflegehelferin mit Zusatz-Qualifikation bin. Das heißt, ich darf nur eine begrenzte Wundversorgung durchführen. Ich arbeite allerdings Vollzeit.
Was heißt das genau?
Uschi Buhlmann: Meine Anzahl der Wochenstunden liegt bei 39 Stunden. Am Nachmittag betreue ich einige Patienten. Wir gehen zusammen einkaufen oder spazieren. Da lernt man sich auch näher und in einem anderen Umfeld kennen. Normalerweise kommen wir ja zu Haushalten und passen uns an.
Birgit Spill: Auch bei mir sind es 30 Stunden bei wechselnden Diensten. Kurz gesagt: Kompressionsstrümpfe, die morgens angezogen werden, müssen abends wieder ausgezogen werden.
Ist der Abenddienst anders als der Frühdienst, Frau Spill?
Birgit Spill: Grundsätzlich eigentlich nicht. Wenn ich die Klienten zu Bett bringe, muss sichergestellt sein, dass sich viele Dinge in erreichbarer Nähe befinden. Das fängt mit einem Glas Wasser an, geht über das Telefon oder vermehrt den Hausnotruf bis hin zur Taschenlampe.
Gibt es für Sie eine Art Leitmotiv, einen Spruch, eine Denkweise oder Ansicht, die Sie täglich begleitet?
Heike Schebler-Grundei: Ja, ich habe in der Tat ein Leitmotiv: Ich möchte meine Klienten so betreuen, wie ich es selbst im Alter erleben und wie ich versorgt werden möchte.
Uschi Buhlmann: Ja, das gilt für mich auch. Ich verfolge einen individuellen Ansatz. So erfrage ich zum Beispiel, wie sich die Person selber gewaschen haben, was ihre Vorlieben sind und übernehme es dann. Was man über viele Jahre selbst gemacht hat, muss ja auch nicht falsch gewesen sein.
Birgit Spill: Nun ja, Leitspruch wäre zu viel des Guten. Aber ich mache die Erfahrung, dass gute Laune und Freundlichkeit die Herzen öffnen. Wenn ich etwas von mir gebe, bekomme ich es auch so wieder zurück.
Was, glauben Sie, schätzen Ihre Klienten an Ihnen als Person?
Uschi Buhlmann: (lacht) Das ist eigentlich immer gute Laune habe. Ich werde auch schon mal gefragt, ob mir schlechte Laune fremd ist. Auch bekomme ich oft zu hören: „Bei Ihnen sitzt aber wirklich jeder Griff.“
Birgit Spill: Das ich aufmerksam bin und auch mal abseits vom Pflegealltag nach dem Rechten sehe. Ob das Glas Wasser noch voll genug ist oder schon der Müll überquillt. Was mir am Herzen liegt: Wir haben es immer mit Menschen zu tun, die sich trotz aller Krankheiten immer ein wenig wohler fühlen sollen.
Heike Schebler-Grundei: Ich versuche mir Zeit zu nehmen, auch wenn sie natürlich begrenzt ist. Bei mir geht es meistens weniger ruhig zu. Wir singen schon mal gemeinsam zu Liedern im Radio, auch lachen wir viel zusammen. Ich erzähle gerne Witze. Okay, ich bin natürlich auch selber ein bunter Hund. Ich komme ich bunter Kleidung zu meinen Klienten. Ich trage unifarbene Kasacks, niemals weiß. Dazu bunte Socken und bunte Turnschuhe. Und: Ich höre einfach gut zu.
Macht Sie genau das aus?
Heike Schebler-Grundei: (überlegt) Schwierig zu sagen. Das Leben im letzten Drittel ist oft sehr fad. Ich versuche es ein wenig bunter und lebensfroher zu machen. Ich lebe ja tagtäglich mit ihnen und habe natürlich auch eine persönliche Bindung aufgebaut. Ich teile auch Privates mit, genau das pflegen meine Klienten auch zu tun.
Wie erfahren Sie Wertschätzung?
Uschi Buhlmann: Durch die Freude der Menschen, wenn ich sie täglich besuche. Das bringen sie zum einen durch Worte, aber auch durch Emotionen zum Ausdruck.
Birgit Spill: Dass man vermisst wird. Wenn man nach Urlauben oder einem langen Wochenende wieder im Einsatz ist und man gesagt bekommt: „Schön, dass Sie wieder da sind“. Das ist eine schöne Anerkennung.
Heike Schebler-Grundei: Es gibt nicht nur Sonnenschein im Leben. Das Leben ist auch oft traurig. Doch wenn ich an der Tür schelle, rufe, eintrete und höre „Wie schön, Schwester Heike ist wieder da!“, dann freue auch ich mich und stelle mich hinten an. Dann funktioniere ich. Die Wertschätzung erfahre ich täglich über Blicke und besondere Augenkontakte. Das Lächeln in den Augen müssten Sie sehen. Aber es gibt auch Berührungen am Arm oder das Gefühl nach Umarmungen. Ich sage einmal so, es tut dann sogar beiden Seiten gut. Am Ende möchte ich sagen können: das war eine schöne Zeit mit Dir. Mich selber berührt das Wissen, dass die Person dann gut gehen konnte.
Reicht Ihnen das?
Heike Schebler-Grundei: Ich würde mich natürlich noch mehr darüber freuen, wenn die Gesellschaft es mehr respektieren und anerkennen würde. Aber das kann ich nicht ändern. In meinem Alltag gebe ich ja überwiegend nur. Durch Gesten oder ein nettes, freundliches Wort bekomme ich Vieles wieder zurück. „Passen Sie gut auf sich auf“, das höre ich gerne, wenn ich das Haus oder eine Wohnung verlasse.
Uschi Buhlmann: Bei mir hat sich der Blick und die Denkweise auf das Leben verändert.
Können Sie das näher beschreiben, Frau Buhlmann?
Uschi Buhlmann: Gern. Man denkt bewusster über das Leben und das Miteinander nach. Auch handelt man bewusster. So sage ich meinen vier Kindern, ihren Partnerinnen und meinen Enkel oft, sie sollen niemals im Streit auseinandergehen.
Wie schaffen Sie den Spagat zwischen Nähe und Distanz?
Heike Schebler-Grundei: Das ist ein schwieriges Thema. In der Schule wird gelehrt Nähe und Distanz zu wahren, doch das ist fern der Realität. Im Laufe der Jahre weiß man besser damit umzugehen und schafft sich diese Distanzen. Mir ist das in jungen Jahren nicht geglückt.
Uschi Buhlmann: Dadurch das der Vollzeit-Job meinen Alltag bestimmt, ist es natürlich sehr schwierig. Aber einen Trick gibt es nicht.
Birgit Spill: Mit fällt es auch schwer. Gänzlich ab- oder ausschalten lässt sich vieles einfach gar nicht. Wir haben es ja mit Menschen zu tun, denen wir täglich begegnen. Da sind viele Schicksalsschläge und Diagnosen dabei, die einen als Mensch einfach berühren.
Nehmen Sie viele Dinge auch gedanklich mit nach Hause?
Birgit Spill: Ja, natürlich. Viele Dinge, die mich intensiv beschäftigen, bespreche ich dann mit meinem Mann.
Heike Schebler-Grundei: Natürlich muss man es schaffen, dass der eigene Alltag nicht darunter leidet. Dinge, die mich bewegen, bespreche ich mit meiner besten Freundin. Sie ist ebenfalls in der Altenpflege tätig. Für meinen Mann, der als Schlosser arbeitet, sind diese Themen fachlich weit weg.
Wie schalten Sie ab? Was machen Sie in Ihrer Freizeit gerne?
Heike Schebler-Grundei: Ich habe im Fotografieren eine Freizeitbeschäftigung und mein Seelenheil gefunden. Das ist die eine Seite. Die andere: auf Festivals, wie zum Beispiel Parookaville, kann ich mich voll verausgaben. Lustig ist, dass viele Klienten dieses Festival medial verfolgen, seitdem sie wissen, dass ich dort hin gehe.
Und bei Ihnen, Frau Buhlmann?
Uschi Buhlmann: Bei vier eigenen Kindern, deren Familien und Enkelkindern bleibt wenig Zeit für Hobbies. Man kann schon sagen, dass meine Arbeit auch mein Hobby ist. Wenn ich es sonntags schaffe, gehe ich zum Fußballplatz. Einer meiner Söhne kickt bei RWO 12, dass lasse ich mir nur selten entgehen.
Frau Spill: Parookaville oder Fußballplatz?
Birgit Spill: (lacht) Beides nicht. Ich verreise gerne. Sobald ich ein paar Tage frei habe, sind wir mit dem Wohnmobil unterwegs. Mit der AIDA sind wir zur Tour „Winter im hohen Norden“ gereist. Wir waren mit Schlittenhunden unterwegs und haben die Polarlichter sehen dürfen. Das war beeindruckend.
Welches Erlebnis in Ihrem Beruf fällt Ihnen spontan ein, wenn Sie an das Jahr 2019 zurückdenken?
Uschi Buhlmann: Das es ein Jahr mit Höhen und Tiefen war (lacht).
Heike Schebler-Grundei: Meine schönste Erinnerung an 2019 ist die an eine 90-jährige Dame, die immer sehr auf ihr Äußeres geachtet hat. Ihr mache ich gerne die Haare zurecht und schminke ihr schöne Augenbrauen. Sie fühlt sich dann immer sehr schön, begutachtet sich und hat eine Menge Spaß dabei. Kolleginnen, die sich verstehen: Uschi Buhlmann (r.) und Heike Schebler-Grundei. Foto: Rüdiger Marquitan
Autor:Klaus Bednarz aus Dinslaken |
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