Einer der letzten Zeitzeugen
Sally Perel überlebte den Holocaust
"Ich überlebte nicht in Ausschwitz, sondern unter den Nazis." Mit diesen Worten erzählte Salomon "Sally" Perel am Mittwoch in der Oberhausener Lichtburg seine Geschichte. Zwei Kinosäle waren bis auf den letzten Platz mit Schülern gefüllt.
"Ihr hört heute den letzten Zeitzeugen, den es gibt. Nach mir wird es keine mehr geben." Gespannt lauschten die Schüler des Elsa-Brändström-Gymnasium, des Heinrich Heine Gymnasium und des Sophie-Scholl-Gymnasium den Worten.
Zwei Gruppen
Die Kinder wurden in zwei Gruppen aufgeteilt. In dem einen Kinosaal wurde von 9 bis 11 Uhr Sally Perels Film "Hitlerjunge Salomon" gezeigt, während der 93-Jährige, der heute in Israel lebt, im anderen Kinosaal seine Geschichte erzählt. Im Anschluss wurde getauscht. Besonders viel Betrieb gab es in der 20 minütigen Pause, in der Sally Perell die Bücher signiert. Viele Kinder haben Fragen. "Können Sie uns verzeihen?", fragt ein Mädchen. In Perels Antwort schwingt nicht ein böses Wort mit: "Ich brauche euch nichts zu verzeihen, denn eure Generation hat mit dem Holocaust nichts zu tun."
Regelmäßig kommt Sally Perel aus Israel
Alle staunen über den heute 93-Jährigen, wie offen er über das erlebte Trauma sprechen kann. "Das ist schon Wahnsinn, dass er in seinem Alter immer noch aus Israel nach Oberhausen kommt, um den Jugendlichen seine Geschichte zu erzählen", sagt Matthias Ruschke von der VHS, die die Lesetour mit organisiert. Seit 1992 kommt Sally Perel in regelmäßigen Abständen nach Oberhausen. Ein Besucher hat sogar ein im Jahr 2000 signiertes Exemplar von "Ich war Hitlerjunge Salomon" dabei. Seine Geschichte bringt ihn bis heute zum Nachdenken.
1925 in Peine geboren
1925 wurde er in Peine bei Braunschweig geboren und erlebte dort zehn Jahre lang eine schöne Kindheit. Danach veränderte sich sein Leben schlagartig. Nach der Flucht ins polnische Lodz, fassten die Eltern eine Entscheidung. Er und sein Bruder sollten alleine nach Ost-Polen fliehen, um zu überleben. "Meinen Eltern war klar: Das ist ein Abschied für immer", sagt Perel. In der Folge kam er über Umwege nach Minsk. "Dort habe das einzige Mal eine Waffe benutzt. Ich habe gelogen."
Herkunft zum Überleben geleugnet
Bei der Frage nach seiner Identität leugnete er seine jüdische Herkunft um zu überleben. In der Folge lebte er vier Jahre lang in der Hitlerjugend und identifizierte sich mit ihr. "Ich habe auch die Hand gehoben und Sieg Heil gerufen." Alles um zu überleben. Mit einem Punkt konnte er sich aber nie identifizieren: Mit der Judenvernichtung. Das wurde für ihn zur Qual: "Für mich waren es dort nicht vier Jahre, sondern vier Ewigkeiten."
Suche nach den Eltern hat keinen Erfolg
Nach Kriegsende erfuhr er, dass seine Eltern im Ghetto von Lodz ums Leben kamen. 40 Jahre später erfuhr er von seiner Schwägerin, dass auch seine Schwester tot ist. Sie wurde von einem Soldaten mit einem Genickschuss getötet. "Ich denke oft an den Wachmann. Wie hat er danach gelebt? Wie kommt er damit klar, eine junge Frau erschossen zu haben?" Antworten bekam Sally Perel darauf nie.
Seit 1992 auf Lesetour
Seit 1992 kommt er regelmäßig nach Deutschland und erzählt seine Geschichte. "Ich komme wieder gerne nach Deutschland. Ich komme als freier Mensch."
Abschließend hat er noch eine Bitte an die Besucher: "Bitte überliefert diese Wahrheit weiter an eure Kinder und Enkel. Lasst die Lügen niemals durchgehen."
Mehr zu Sally Perel lesen Sie hier.
Autor:Christian Schaffeld aus Oberhausen |
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