Auf Corona folgt der Karneval - ein Erfahrungsbericht

Prinz im zweiten Anlauf

Sie hatten sich so sehr auf die Session 2020/2021 gefreut, denn das wäre ihre gewesen. Schon vergangenes Jahr wollten der designierte Stadtprinz Jörg I. und sein Team den Oberhausener Karneval repräsentieren. Bekanntlich kam alles anders. Wie Jörg Becker und sein Hofstaat dieses Corona-Jahr erlebten, beschreibt hier Pagin Caro, bürgerlich Carolin Dubbert.

Von Carolin Dubbert

"Der Moment als die Delegiertenversammlung unserem Heimatverein, dem 1. Traditionscorps Ehrengarde der Stadt Oberhausen die Prinzensession 2020/21 übertrug, war etwas sehr besonderes, da wir überhaupt nicht damit gerechnet hatten. Ich als Trainerin der Tanzgarde stand bei Bekanntgabe mit meinen Tänzern in der Trainingshalle. Das Training wurde nach dieser freudigen Nachricht sofort beendet, denn allen Anwesenden schossen gleich Ideen für unsere besondere Session in den Kopf. So entstanden die ersten Visionen einer Prinzenzeit in der Session 2020/21.
Unser 1. Vorsitzender Jörg Becker sollte Prinz werden. Sein Team hatte er für sich im Kopf schon aufgestellt; jetzt mussten die Wunschkandidaten nur noch zustimmen und das taten wir. Es folgten die ersten Treffen, in welchen das Team sich kennenlernte. Zugegeben, eigentlich mussten sieben von uns nur eine Person und diese eine Person musste dafür den gesamten Rest kennen lernen. Tina ist eine sehr langjährige Freundin unseres Prinzen und das einzige Mitglied im Team, dass nicht Mitglied der Ehrengarde oder mit einem Mitglied der Ehrengarde verheiratet ist. Aber schon nach dem ersten Abend stand für uns fest, dass wir alle zusammenpassen. Jeder mit seiner Eigenart und seiner eigenen Persönlichkeit, aber genauso vielfältig und tolerant soll Karneval ja sein.

Wir alle sind Karneval

Jörg kreierte uns das dazu passende Motto. Keinen Reim, dafür eine Botschaft: ,Wir alle sind Karneval, wir alle sind Oberhausen, wir alle sind eine große Familie'". Ein Motto, das gelebt werden will. Doch während wir fröhlich unserem ersten Auftritt bei den vier schönsten Töchtern entgegenfieberten, begann irgendwo auf der Welt die Verbreitung eines Virus, das es in sich haben sollte. Während der laufenden Session 2019/2020 war davon allerdings noch nichts zu spüren. Wir marschierten nun nach einer vollmundigen Ansage unseres Hauptausschusspräsidenten Ludger Decker bei den vier schönsten Töchtern auf die Bühne, um dort vorgestellt zu werden. Zumindest dachte sich das Ludger so. Die Musik setzte ein, wir standen bereit und es passierte - nichts. Der erste Moment, in dem es Team und Publikum klar wurde: dieser Prinz mag es spannend. Vielleicht ist es Jörgs früherem Beruf geschuldet, dass er die Musik voll auskosten will. Für alle, die Jörgs Lebenslauf nicht kennen: Er war, beziehungsweise er ist, DJ. Oder er wollte einfach für Verwirrung sorgen. Als der Refrain des Liedes einsetzte gab er schließlich das Zeichen zum Losmarschieren. Getragen von der Zustimmung und dem Applaus des Publikums kamen wir aus dem Strahlen nicht mehr heraus. Dies war der Startschuss für unsere Session! Dieser Startschuss entwickelte sich kurz danach zum Rohrkrepierer. Es folgte der erste Lockdown.
An dieser Stelle könnte ich mich jetzt ausführlich über Ängste, Frust, Demotivation und alle anderen schlechten Gefühle auslassen. Das will aber keiner mehr hören und es ist jetzt auch viel wichtiger, dass der Spuk fast ein Ende hat. An dieser Stelle gilt unser Dank dem Hauptausschuss, den Vereinen und vor allem Rainer Lettkamp, dem eigentlich für diese Session vorgesehenen Prinzen, die uns jetzt, ein Jahr später, eine zweite Chance gegeben haben.

Jetzt kommt unsere Zeit

Die Session 2021/22 sollte jetzt unsere Prinzenzeit sein! Nun fanden im Sommer 2021 die ersten zaghaften Versuche von einigen Vereinen statt, wieder so etwas wie Normalität herzustellen. Wir folgten gerne jeder Einladung! Es ist kaum in Worte zu fassen mit wie viel Herzlichkeit die anderen Vereine uns empfingen.
Viele ehemalige Prinzenteams sagen, dass es eine absolut unvergessliche Zeit wird, und dass jedes kommende Prinzenteam sich darauf freuen soll. Man tut das oft als eine Floskel ab, aber sie haben alle Recht. Allein die Dynamik im Team, die mit jedem Treffen und Auftritt vertrauter wird, ist es Wert eine Session mal auf diese Weise zu erleben. Wir hatten jetzt nur einen „kleinen“ Sommer und somit Vorgeschmack auf die Veranstaltungen, die uns während des Winters erwarten und trotzdem lässt sich jetzt schon sagen, dass diese Zeit unvergesslich sein wird.
Es gab viele Steine aus dem Weg zu räumen bis wir zu unserer Kürung heute Abend auf der Bühne stehen und den Applaus und den Jubel der anwesenden Jecken entgegen nehmen können.
Denn das ist auch so eine spezielle Sache, die unserer Session anhaftet: Es wäre nicht unsere Session, wenn alles glatt gelaufen wäre. Seien es Pins, die in Taiwan auf einem Schiff festhingen, der späte Zugang zur Stadthalle, um diese für die Kürung zu dekorieren oder allein die Unsicherheit, ob jeder Verein überhaupt seine Veranstaltungen normal stattfinden lässt.
Mit gemischten Gefühlen blicken wir den nächsten Monaten bis Aschermittwoch entgegen. Letztendlich sind wir uns als Team aber einig, dass wir das Beste daraus machen und Frohsinn verbreiten werden.
In diesem Sinne könnte unser inoffizielles Motto für diese Session auch lauten: ,Et is wie et is. Et kütt wie et kütt un et hätt noch ever jot jejange!'"