Mode- und Reportagefotografie von Regina Relang in der Ludwiggalerie Schloß Oberhausen
Nach bunter American Pop Art ist nun pure Eleganz vornehmlich in Schwarzweiß in die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen eingezogen. "Inszenierte Eleganz" heißt die sehr schöne Ausstellung, die die Reportage- und Modefotografie der Regina Relang (1906-1989) in den Fokus nimmt. Außerhalb des süddeutschen Raums sind die Fotografien bisher noch nicht gezeigt worden. Ein wahrer Schatz, der hier zu Tage kommt. Ausgesprochen sehenswert!
Regina Relang gehört zu den bedeutendsten deutschen Modefotografinnen des 20. Jahrhunderts. Ihr Name wird im gleichen Atemzug genannt wie der ihrer männlichen Kollegen F.C. Gundlach, Willy Maywald oder Horst P. Horst. Die hier gezeigten ca.180 Fotografien von 1930 bis 1980 sind eine Auswahl aus dem Nachlass Regina Relangs aus der Sammlung Fotografie des Münchner Stadtmuseums. Es ist nicht nur eine spannende Zeitreise durch die Welt der Mode, sondern auch eine Dokumentation der jeweiligen Zeit. Denn Regina Relang fotografierte Mode vorwiegend im Stadtraum, so dass auch das Zeitgeschehen in ihren Fotografien festgehalten wurde.
Anfänge als Reportagenfotografin
Die kreative Ader wird ihr mit in die Wiege gelegt. Ihr Vater ist Professor an der Kunstgewerbeschule in Stuttgart, ihre Mutter arbeitet als Atelierleiterin bei der Strick-und Wirkwarenfirma Bleyle. Zunächst studiert Regina Lang, so ihr bürgerlicher Name, an der Werkkunstschule u.a. bei Jan Thorn-Prikker in Krefeld, dann wechselt sie zur Akademie der Bildenden Künste nach Stuttgart, später nach Berlin. Als examinierte Kunsterzieherin geht sie 1932 nach Paris, um Malerei zu studieren. Das Fotografieren bringt sie sich zeitgleich selbst bei. Erste Erfahrungen als Bildreporterin sammelt sie 1932 auf einer Reise durch Korsika. Mit Bildreportagen finanziert sie ihr Leben in Paris. Der Beruf des Fotografen verheißt in jener Zeit eine lukrative Zukunft, da zeichnerische Darstellungen in der Presse immer mehr verschwinden. Es folgen weitere Reisen durch Südeuropa, sie kann erste Erfolge mit Reportageaufnahmen verbuchen. Sie hat einen sozialkritischen Blick, ihr Interesse gilt den Lebensumständen der Bevölkerung. So berichtet sie in ihren Fotos z.B. über die schwere körperliche Arbeit der Lastenträgerinnen im Hafen von Porto. Ihr feines Gespür für Komposition und ihr Interesse an der Inszenierung von Materialien und Kleidung wird bereits in ihren Bildreportagen sichtbar.
Sie profitiert zu jener Zeit vom allgemeinen Interesse an Trachten, da ist der Schritt zur Modefotografie nicht mehr weit. In Paris feiert sie erste internationale Erfolge, ihre Fotografien werden in der amerikanischen Vogue veröffentlicht.
Modefotografie als Zeitspiegel
Nach Ausbruch des zweiten Weltkrieges muss sie Paris verlassen. Um in Deutschland als Fotografin tätig sein zu können, tritt sie dem Reichsverband der Deutschen Presse bei, sie arrangiert sich. Ihre Art zu fotografieren ändert sich nicht. Sie fotografiert im öffentlichen Raum und damit wirft ihre Modefotografie im Dritten Reich wiederum ein Bild auf die politischen Zustände, nicht selten kommen eindeutige Schlagzeilen oder antijüdische Parolen ins Bild. Weitere Aussagen über ihre damaligen Lebensumstände gibt es aus dieser Zeit nicht. Nach dem Krieg arbeitet sie weiter auf ihre eigenwillige Art, Mode und Alltagssituationen zu kombinieren. Sie fotografiert Models in den Ruinen des zerstörten Münchens, gleichsam ein Appell an das Morgen, den Schrecken des Krieges hinter sich zu lassen. Sie avanciert zur führenden Modefotografin Deutschlands. Zu ihren Auftraggebern gehören Modeschöpfer wie Christian Dior, Pierre Cardin oder Yves Saint Laurent. Ihre Fotos werden in Hochglanzmagazinen wie Die Dame, Constanze, Film und Frau, Harper´s Bazaar und Vogue gedruckt.
Christian Dior, Pierre Cardin und YSL als Auftraggeber
Relang berichtet regelmäßig über die neuesten Modeschauen und Kollektionen aus Rom, Florenz, Paris und Berlin. Ihre Fotografien werden als "Schaufenster in Bewegung" bezeichnet. Sie lässt die Models auf Treppen, Straßen und Plätzen der Metropolen posieren. Während Autos, Fahrräder oder Passanten manchmal in Unschärfe vorbeihuschen, hat sie die Modelle fest und scharf im Fokus. Sie verfügt über die Gabe, den Glamour der Mode mit dem Banalen des Alltags zu mischen. So entstehen spannende Gegensätze, wenn sie z.B. ein Model in einer Ballrobe vor zusammengestellten Notenständern drapiert oder neue Mode auf einer Baustelle ablichtet. Ab den 1960er Jahren fotografiert Relang auch immer mehr im Atelier oder im Studio. Karl Lagerfeld blickt einem da noch ganz schüchtern auf einem Studiofoto entgegen.
Farbfotografie und Mehrfachbelichtungen
Ihr Hobby ist das Ablichten von Hüten. Das Porträtieren von Gesicht mit Hut stellt eine besondere Herausforderung an Harmonie und Komposition dar. Dazu gibt es in der Ausstellung eine ganze Wand mit Fotografien von Hüten jeglicher Form. Auch sind Kontaktbögen in den Vitrinen zu sehen und damit auch die Auswahlkriterien, die Arbeit also bevor das Foto in einem Hochglanzmagazin erscheinen kann. In einer weiteren Vitrine sind die Kameramodelle ausgestellt mit denen sie gearbeitet hat. Auch werden Magazine mit ihren Fotografien und ein Film gezeigt. Regina Relang hat aber nicht ausschließlich in Schwarzweiß fotografiert. In der oberen Etage des Schlosses hängen etliche Farbfotos und ebenfalls Fotos mit Mehrfachbelichtungen, in denen sie kreativ Verfremdungseffekte ausgelotet und surrealen Ideenwelten nachgespürt hat.
Rundum eine sehr gelungene und sehenswerte Ausstellung! Dazu gibt es ein umfangreiches Rahmenprogramm, z.B. mit Vorträgen, Auslobung eines Fotonachwuchspreises oder einem Dress Up-Vintage-Tag, an dem alle Besucher/innen, die im Stil der 1940er, 50er oder 60er Jahre gekleidet sind, freien Eintritt genießen, inklusive Erinnerungsfoto.
Ausführliche Infos zum Rahmenprogramm und zum Fotonachwuchspreis "Faszination Fremde"
Info zur Ausstellung unter www.ludwiggalerie.de
Die Ausstellung läuft bis 18. September 2016
Ludwiggalerie Schloss Oberhausen
Konrad-Adenauer-Allee 46
46049 Oberhausen
Hier ein Ausschnitt aus der Ausstellung, viel Freude beim Anschauen:
Autor:Andrea Gruß-Wolters aus Duisburg |
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