Oldtimerbesteuerung in der Diskussion
Kritik am Bundesrechnungshof

Oldtimer mit H-Kennzeichen werden zu bestimmten Anläsen bewegt und nicht als "steuergünstige" Alternative im Alltag eingesetzt, wie es der Bundesrechnungshof wissen will. Foto: Marc Keiterling
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  • Oldtimer mit H-Kennzeichen werden zu bestimmten Anläsen bewegt und nicht als "steuergünstige" Alternative im Alltag eingesetzt, wie es der Bundesrechnungshof wissen will. Foto: Marc Keiterling
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Die günstige Besteuerung von Oldtimern war ursprünglich für historische Sammlerstücke gedacht. Jetzt kritisiert der Bundesrechnungshof die vielen Fahrzeuge mit H-Kennzeichen, die als Alltagsfahrzeuge im Einsatz sind, und so die Einnahmen bei der Kfz-Steuer mindern.

Diese Besteuerung mit einer finanziell günstigen Jahrespauschale von 191 Euro war laut Rechnungshof ursprünglich für "historische Sammlerstücke zur Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturguts" gedacht. Mittlerweile könne die Besteuerungsform auch auf Fahrzeuge angewendet werden, die im Alltagsverkehr genutzt werden. Steuerlich begünstigt sind den Prüfern zufolge fast 400.000 Fahrzeuge, die ein H-Kennzeichen tragen, das Dreifache der ursprünglich angenommenen Zahl. Das führe zu jährlichen Mindereinnahmen bei der Kraftfahrzeugsteuer um 170 Millionen Euro, hieß es. Das Historien-Kennzeichen am Auto, kurz H-Kennzeichen, kann grundsätzlich für Autos genutzt werden, wenn diese vor mindestens 30 Jahren erstmals neu zugelassen wurden. Zudem muss es nach Angaben von Prüforganisationen weitgehend im Originalzustand oder mit Originalteilen restauriert worden sein.

Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) hält es dagegen für sinnvoll und wichtig, an der aktuellen Oldtimer-Besteuerung festzuhalten. „Für den ADAC ist die Stellungnahme des Bundesrechnungshofes und sind die Aussagen zur Alltagsnutzung nicht nachvollziehbar“, sagt ADAC Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand. Nach Angaben des ADAC ist aktuell etwa ein Prozent des gesamten Kfz-Bestandes in Deutschland als historisches Fahrzeug zugelassen und mit einer durchschnittlichen Jahreslaufleistung von rund 1.600 Kilometern machen Oldtimer zwischen 0,1 und 0,2 Prozent der gesamten Laufleistung aller Fahrzeuge aus.

Die geringen Laufleistungen von Oldtimer-Fahrzeugen wurden in einer aktuellen Studie vom Marktforschungsinstitut BBE belegt und darüber hinaus auch eine klare Abgrenzung von Alltags-Oldtimern generiert, die zwar mindestens 30 Jahre alt sind aber zwei- bis dreimal so hohe Laufleistungen aufweisen und über kein H-Kennzeichen verfügen. Die geringen Laufleistungen von Oldtimer-Fahrzeugen mit H-Kennzeichen werden auch von den Daten der Technischen Überwachungsorganisationen erfasst und bestätigen diese. "Der Einheitssteuersatz für Oldtimer ist also keine Bevorzugung, sondern eine der geringen Laufleistung angemessene Regelung", so ADAC-Klassik Referent Prof. Dr. Mario Theissen.

Zusätzlich generiert das Oldtimer-Hobby mehrere Milliarden Euro Umsatz pro Jahr. Eine Erhöhung der Kfz-Besteuerung würde das Hobby unnötig verteuern und diesem Wirtschaftszweig mehr schaden als das Mehreinnahmen bei der Kfz-Steuer generiert werden können.
Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Parlamentskreises Automobiles Kulturgut im Deutschen Bundestag (PAK) Carsten Müller übt scharfe Kritik am Prüfbericht des Bundesrechnungshofes. "Der Bericht ist absolut fehlerhaft und unfundiert. Die Steuerberechnung ignoriert nicht nur zahlreiche zentrale Fakten, sondern gleicht einer schlichten Milchmädchenrechnung. Ohne die dringend erforderliche Überarbeitung entspricht dieser lückenhafte und vorfestgelegte Bericht nicht ansatzweise den qualitativen Anforderungen an die Hinweise des Bundesrechnungshofes. Das habe ich dem Präsidenten des Bundesrechnungshofes in einem ausführlichen Schreiben mit umfangreichen Anlagen mitgeteilt und den Verfassern des Berichts einen fundierten Austausch mit kompetenten Experten der Oldtimerbranche, aus dem Zulassungs- und Prüfbereich, aus dem Finanz- und Steuerbereich, Versicherungsfachleuten, aus dem Technikbereich sowie der Wartungs- und Restaurationsbranche nahegelegt. Auch den Bundesfinanzminister habe ich entsprechend unterrichtet."

"Wichtige Fakten wurden ignoriert"

Es sei zutreffend, dass die absolute Zahl der historischen Fahrzeuge mit H-Kennzeichen angewachsen ist, aber im Vergleich mit dem Gesamtbestand aller Fahrzeuge ist der Aufwuchs geringer. Der Anteil der Fahrzeuge mit H-Kennzeichen bei Fahrzeugen 30 Jahre und älter sinke sogar. Dies liege sehr häufig daran, dass zahlreiche Besitzer sich gegen den pauschalen Kfz-Steuerbetrag des H-Kennzeichens entscheiden, der bei ihren Fahrzeugen höher wäre als der reguläre Kfz-Steuersatz. Der zentrale Punkt des Prüfberichts greife damit überhaupt gar nicht. Eher sei das Gegenteil der Fall. Carsten Müller: "Bei der Steuerberechnung werden wichtige Fakten ignoriert. Die aufgestellte Behauptung der Steuermindereinnahmen wäre nur haltbar, wenn bewusst nur die absoluten Zahlen der pauschalen Kfz-Besteuerung betrachtet werden. Werden die Zulassungszahlen in Relation der Gesamtzahlen betrachtet und gleichzeitig die Steuereinahmen des seit Jahren wachsenden Wirtschaftsfaktors ‚Oldtimer‘ hinzugenommen, werden die signifikanten Steuermehreinnahmen des Staates durch historische Fahrzeuge sehr deutlich. Für Oldtimer werden im Jahr durchschnittlich 1.632 Euro für Wartung und Reparatur und sogar 6.600 Euro für Restaurierungen aufgewendet. Der Vergleichswert der Wartungs- und Reparaturaufwendungen für Fahrzeugen im Allgemeinen liegt bei nur 1.085 Euro. In der Summe werden durch Oldtimer Reparatur- und Wartungsarbeiten mit einem jährlichen Volumen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro ausgelöst – Tendenz steigend."

Kulturgut - kein Massenphänomen

Falsch sei zudem die Behauptung, es sei heute leichter ein H-Kennzeichen zum Erhalt des historischen mobilen Kulturguts auf zwei oder vier Rädern zu erhalten. Die im Jahr 1997 eingeführten Anforderung zur Erteilung eines H-Kennzeichens seien nicht gelockert worden – auch nicht durch die Umsetzung europäischer Richtlinien, etwa im Jahr 2007. Alle Fahrzeuge müssten klar definierte Voraussetzungen erfüllen, die durch ein Oldtimer-Gutachten nach Paragraph 23 StVZO belegt werden. Diese Gutachten erstellen die Prüforganisationen nach einer strengen und klar abgestimmten „Arbeitsanweisung für Oldtimer im Arbeitskreis Erfahrungsaustausch in der technischen Fahrzeugüberwachung (AKE)“. Allein darüber werde Sorge getragen, dass es sich um technisches Kulturgut und kein Massenphänomen handelt.

Müller unterstreicht: "Die Ausführungen des Bundesrechnungshofes zum Thema Schadstoffemissionen sind schlicht populistisch und nicht belastbar. Ignoriert wird, dass Oldtimer mit einer durchschnittlichen Laufleistung von 1.600 km im Jahr nur einen Anteil von 0,2 Prozent an den Gesamtemissionen verantworten. Ignoriert wird zudem, dass die historischen Fahrzeuge mit Otto-Motor – und das ist der absolut größte Anteil der Fahrzeuge –, die in diesen Tagen die Altersgrenze der Oldtimer erreichen, alle über einen geregelten 3-Wege-Katalysator verfügen."
Insbesondere bei Fahrzeugen sei zudem eine Lebenszyklusbetrachtung unerlässlich. Ein erheblicher Teil des CO2-Fußabdrucks von Kraftfahrtzeugen entstehe bei der Produktion und bei der Entsorgung. Ein besonders langzeitig genutztes Fahrzeug sei unter diesem Aspekt und auch unter den Gesichtspunkten der Reparierbarkeit sowie Vermeidung von Ressourcenverbrauch besonders nachhaltig.

Oldtimer mit H-Kennzeichen werden zu bestimmten Anläsen bewegt und nicht als "steuergünstige" Alternative im Alltag eingesetzt, wie es der Bundesrechnungshof wissen will. Foto: Marc Keiterling
Der Bundestagsabgeordnete Carsten Müller ist Vorsitzender des Parlamentskreises Automobiles Kulturgut im Deutschen Bundestag und Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Rechtsausschuss. Foto: Tobias Koch
Autor:

Marc Keiterling aus Essen

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