Klassiker der SW-Fotografie: WEEGEE - THE FAMOUS

WEEGEE - Paar in einer Bar
4Bilder

Die Ludwiggalerie im Schloss Oberhausen zeigt noch bis zum 8.9.2013 Dokumentarfotos der amerikanischen Fotografie-Legende "WEEGEE".
Die Schwarz/Weiß-Aufnahmen gehören zum Wichtigsten, was das Genre der street photography hervorgebracht hat.

Arthur Fellig (1899-1968), der sich das selbstbewusste Synonym WEEGEE - THE FAMOUS zulegte, gehört zu den ungewöhnlichen Positionen der amerikanischen Fotografie der 1930er, 40er und 50er Jahre. Als selbständiger Pressefotograf hielt er bevorzugt die dunklen Seiten New Yorks fest. Unser heutiges Imago vom damaligen New York ist ganz maßgeblich von seiner Kamerasicht mitgeprägt.

Er wurde berühmt durch seine nächtlichen Fotos zu Brandkatastrophen, Unfällen und Morden sowie seine Beobachtungen von Obdachlosen und Outlaws.
Fellig machte sich Mitte der 1930er Jahre als Pressefotograf selbständig. 1938 erhielt er als erster das Privileg offiziell den Polizeifunk mithören zu dürfen. Das Gerät installierte er in seinem Auto und ist so noch vor der Polizei am Tatort. Eine provisorische Dunkelkammer im Auto ermöglichte es ihm, aktueller und schneller als jeder andere zu sein und die ersten Fotonegative des jeweiligen Ereignisses den Verlagen anbieten zu können.
Er ist einer der berühmtesten Bildchronisten dieser brutalen Epoche. Die Oberhausener Schau vereint neben den brutalen Bildern zu Gewalt und Verbrechern aber auch sensible Menschenstudien fernab aller Sozialromantik. Die Beobachtung von Menschen aller sozialen Schichten waren sein Spezialgebiet. Obdachlose, Schlafende, Tänzerinnen, Badende aber auch Prominente erscheinen in einem mit seiner subjektiven Sicht hervorgehobenen Kontext.

WEEGEE's Fotos zeichnet eine harte Lichtführung mit erschreckender Unmittelbarkeit und drastischem Realismus aus, welche die Brutalität der abgebildeten Tat 1:1 an den Betrachter weiter zu transportieren scheint. Der Einsatz des grellen Blitzes hebt visuell die Dunkelheit als seine hauptsächliche Arbeitszeit hervor. Emotionen spielen eine große Rolle in den Fotografien.
WEEGEE's Markenzeichen ist es, sehr intime und emotionale Momente aus nächster Nähe mit der Kamera festzuhalten.

Der Betrachter fühlt sich selbst als Zeuge. Er kann sich mit WEEGEE's Sichtweise identifizieren und ambivalent das Dokumentarische oder das Voyeuristische betonen.

Bei aller Momenthaftigkeit sind WEEGEE's Fotos dennoch keine bloßen Schnappschüsse, sondern kalkulierte und komponierte Bilder.
Mit seinen dramatischen Nahaufnahmen und starken Kontrasten von schwarz und weiß hat WEEGEE der innovativen Bildsprache des Film Noir der 1940er und 50er Jahre wichtige Impulse geliefert.

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Im Rahmenprogramm zur Ausstellung fand am 20.6.13 eine Podiumsdiskussion statt, bei der auch auf Fragen aus dem Publikum eingegangen wurde.
Neben der Gastgeberin der Ludwiggalerie, Frau Dr. Christine Vogt, stellten sich die Herner Fotografin Frau Brigitte Kraemer, der Oberhausener Fotograf Michael Kerstgens und Herr Georg Elben vom Skulpturenmuseum Glaskasten Marl Fragen zur Fotografie.

In der lebhaften Diskussion wurde nochmals hervor gehoben, dass WEEGEE angewandte fotografische Arbeit machte, die für den Abdruck in Verlagswerken und nicht für Kunstausstellungen gedacht war. Als "Free Dancer", der von seinen Fotoeinnahmen leben wollte, sei WEEGEE gehalten gewesen, Bilder anzubieten, die sich gut verkaufen ließen, also von Anfang an auf Wirkung hin inszeniert gewesen seien.

Herr Kerstgens hebt hervor, dass WEEGEE schon damals ein Vorreiter des Urheberrechts gewesen sei, indem er ein eigenes Label für seine Bilder kreiert habe. Nicht nur aus bloßer Selbstbezogenheit sondern auch aus Verkaufsgründen habe WEEGEE seinen Stempel auf der Fotorückseite angebracht: "Credit Photography - WEEGEE - THE FAMOUS". Bis in die 1980/90er Jahre sei es nicht üblich gewesen, dass Verlage beim Abdruck des Fotos auch den Künstlernamen nennen. So sei der Fotograf neben finanziellen Ausfällen auch oft um Ruhm und Ehre gebracht worden.

Die Berufsfotografen Frau Kraemer wie auch Herr Kerstgens beklagen auch die heutigen Tendenzen, dass Verlage wenig Bereitschaft zum Bezahlen haben und ihre Textschreiber anhalten, auch Fotos "mitzumachen", da zunehmend Textinhalte zählen und Bildaussagen nicht künstlerisch wertvoll sondern nur inhaltlich passend sein müssten.
Sie empfehlen jungen Fotografen das, was auch WEEGEE schon 1945 gemacht hat: Künstlerisch anspruchsvolle Fotoreportagen auf eigene Rechnung als Buch herauszubringen.

Die Diskussionsrunde ist sich auch darin einig, dass WEEGEE seine dokumentarischen Fotos inszeniert in Szene gesetzt hat. "No Go"s wie Fotografien durch Gitter oder mit dem Tageslicht konkurrierendes verfremdendes Blitzen seien gezielt und situativ passend eingesetzt worden, um ein unwirkliches Szenario zu betonen oder perspektivische Korrelationen zu schaffen.
Gerade mit dieser Ambivalenz zwischen dokumentarischem Schnappschuss und situativ inszeniertem Kunstfoto sei WEEGEE authentisch und modern.

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Das Rahmenprogramm zur Ausstellung bietet neben einem Begleitheft noch Führungen und Workshops für Erwachsene und Kinder an.
Vielleicht machen auch Sie eine "Extraschicht" und nutzen die Lange Nacht der Industriekultur, um WEEGEE in den Straßen von New York im Nachtlicht zu begegnen und sich zu eigenen Fotos inspirieren zu lassen.

Autor:

Dorothea Weissbach aus Oberhausen

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