Jan Albers - Malerei in 3-D am Außenrand der Malerei

Jan Albers und Dr. Gerhard Finckh vor den Werken
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Jan Albers, der Suchende, denkt, grübelt, lässt auf sich wirken, zerschlägt, fackelt ab und baut aus dem Chaos wieder auf: Malerei in einer neuen Dimension.
Seine Arbeiten sind sowohl feinteilig, zart und zerbrechlich und zugleich wie in obsessivem Aktionismus mit der Kettensäge, dem Beil und der Lochstanze entstanden - bei genauer Betrachtung bleiben seine präzise Planung und der konzeptionelle Anspruch aber stets erkennbar .

Was ihn treibt, ist die Suche nach dem Neuen in der Kunst, dem Ausloten von Möglichkeiten der Malerei in einer Zeit, welche die Malerei schon zum x-ten Male totgesagt hat.
Albers befragt künstlerische Strategien und tradierte Methoden, experimentiert mit Materialien, Formen, Raumwirkungen, Farbigkeit.
Kaum hat er gefunden, sucht er weiter, Neues, Anderes, weitere Deutungsmöglichkeiten. Malerei wird 3-dimensional, interagiert mit Figurativem, bleibt abstrakt, lässt viele Deutungsmöglichkeiten zu.
Bloß nicht flächige Bilder schaffen wie andere Maler, nicht das typische Material verwenden, nicht beim üblichen Farbengroßhandel kaufen - innovativ sein zu müssen als Zwang. Ein Zwang, unter dem die Malerei heute steht, um sich zu positionieren und ihr Existenzrecht zu behaupten.
Diesen Kampf ficht Jan Albers für die Malerei durch und das Ringen sieht man seinen Werken auch an.
Spröde Schönheiten, zerstörte und mit Farbe geheilte Oberflächen, Gewalteinwirkungen und zarte Lichtreflexe, ästhetisch Anziehendes und Harmonisches offenbaren zugleich Zurückweisung und Kälte.
Spannung entsteht aus der Mehrdeutigkeit - Malerei ist bei Jan Albers sowohl visuell als auch haptisch, ästhetische Erfahrung, architektonische Gradlinigkeit und verwobenes Ineinandergreifen verschiedener Ebenen, stets aber auch gesellschaftliche Reflexionsebene.

Jan Albers "baut" Bilder - die von ihm verwendeten Materialien und Arbeitstechniken sind eher im Bereich handwerklicher und industrieller Produktion anzusiedeln, als in einem Maleratelier. Er erklärt seine Arbeitsschritte, bei denen er z.B. für "niGhtGlow" erst eine Polystyrol-Platte auf Holz montiert, sie dann mit der Kettensäge rasterförmig zerhackt und schließlich mit Aceton geäzt hat. Die offene schroffe Oberfläche wird dann mit Sprühfarbe ästhetisch "geheilt", so dass ein fast schaurig schönes Bild-Objekt entsteht, etwas zwischen Strahlen und Leiden.
Albers Werke lassen keine Unterscheidung zwischen Bild und Objekt, Fläche und Raum zu - Malerei und Bild definieren sich neu.

Jedes Werk entstehe aus dem Chaos und der Zerstörung, erläutert Jan Albers. In dieser Ausgangslage beginne er, die Dinge zu ordnen und neu zu sortieren, sich seine eigene Welt zu bauen. Museumsdirektor Dr. Gerhard Finchk erinnert sich an Theodor Adorno: "Chaos in die Ordnung bringen". Albers zerstöre die vorgegebene Ordnung, schaffe erst das erforderliche Chaos, um dann das erstrebte Neue zu realisieren.

Albers Werke sind stets konzeptionell durchdacht. Shaped canvas der 1960er Jahre, Anklänge von Minimal- und Konzeptkunst gehen einen Reigen ein mit figurativen Elementen, Materialien wie Polystyrol, Holz, Bronze, Keramik, Metallrohr, Graphitfarben und Ätzungen.
Die Arbeiten sind Jan Albers Reflex auf die ihn umgebende Umwelt, seine Biographie, das Leben im urbanen Chaos und die Sehnsucht nach unberührter Landschaft.

Jan Albers wurde 1971 in Wuppertal geboren und wanderte als Kleinkind mit seinen Eltern nach Namibia aus. Die missionarische Arbeit seiner Eltern in dem noch von Apartheit geprägten Land hinterlässt Spuren, welche auch heute noch in seinen Arbeiten wieder auftauchen. Die landschaftliche Schönheit Namibias und die Gewalterfahrungen lassen sich in Werken und Titeln wiederfinden.

"Black Magic" in Papierstreifen und Buttons zum Thema Nelson Mandela, "Black Nelson bender", der verbeulte Nelson Mandela, aber auch "Dusty Diamond", ein zart coloriertes Objekt aus Polystyrol und Holz.

Titel, das sind für Jan Albers Denkanstösse, die den Betrachter nicht leiten aber inspirieren sollen. Daher finden sich die Titel auch nicht neben den Werken, sondern zentral auf einer schwarzen Wandplatte im Raum. Diese könnte auch ein selbständiges Kunstwerk sein, denn die Titel sind wie Papiercollagen zerhackt: Klein- und Großbuchstaben wechseln sich ab, Buchstabieren wird schwierig und erst beim Nachdenken erschließt sich ein Sinn. "pegAsusAufgAzelle" betitelt ein Objekt, das an einen gestauchten Fahrradrahmen erinnert, Button und Sprühfarbe sind die Elemente, die das Werk wieder der Malerei zuordnen lassen. Plexiglaskästen hat der Künstler selbst ausgewählt um diese fragilen Objekte zu schützen, sie interagieren aber zugleich mit dem Werk. Anziehend, faszinierend, abschirmend, schützend und zurückweisend ist der Plexiglaskasten. Spiegelungen und Lichtreflexe gehören aber zugleich zum Werk und bilden eine Einheit.

Einheit ist auch ein zentrales Thema bei Jan Albers. Einheitliche Raumwirkung gehört zum Konzept - aber zugleich findet sich eine einheitliche Zerrissenheit.
Ein ansprechender, lebendiger Raumeindruck ergibt sich aus der Hängung mit wechselnden Höhen und auf Trennwänden, die Überraschungen bieten, suchen und finden lassen, trennen und klammern, Raum schaffen und zugleich den Besucher lenken, durchschleusen und bremsen. Albers sagt dazu, er habe allein 2 Wochen gebraucht, um die leeren Räumlichkeiten auf sich wirken zu lassen, bevor er mit der Kuratorin Frau Dr. Beate Eickhoff sein Raumkonzept entwickelt habe. Er wolle den Spannungsbogen halten und den Besucher durch die fünf Museumsräume schleusen und ihn immer wieder überraschen.

Der Museumsdirektor Dr. Gerhard Finchk staunt, wie das einzelne Werk im Zusammenspiel mit den Einbauten und der grauen Wandfarbe einen ganz neuen Raumklang in der Kunsthalle ergibt.
Den Besucher empfange farbige ästhetische Schönheit, die bei reflektierender Betrachtung aber keine Schönheitsfalle sei, sondern Architekturelemente offenbare, welche für Leid und Zerstörung stehen können, vielleicht auch für eine transzendente Hölle. Im folgenden Raum überrasche die Wirkung von Klein auf Groß - kleine Formate nutzen die ganze große Wandfläche und können auf ihr bestehen. Der Besucher durchschreitet die "Schreckenskammer" der gestauchten Metallobjekte und wird in seinen Gedanken durch Fotografien beeinflusst, die wie Ideengeber für die Werke gelten können. Es folgen Keramik, Holz und Papier um schließlich zur Bronze zu gelangen, von der Albers selbst sagt, erst bei diesem klassischen Material habe er den Eindruck gehabt, etwas für die Ewigkeit zu schaffen.

Die umfangreiche Einzelausstellung Jan AlberscOlOnycOlOr in der Kunsthalle Wuppertal-Barmen wird am Sonntag, den 22.3.2015 um 11.30 Uhr eröffnet. Präsentiert werden Jan Albers aktuelle Werke aus den vergangenen drei Jahren, in denen die Arbeiten zunehmend die Fläche verlassen, raumgreifend und dreidimensional werden.

Zur Ausstellung ist ein Katalog (18 €) erschienen, der - wie könnte es beim konzeptionell arbeitenden Jan Albers anders sein - seinerseits ein künstlerisches Projekt ist. Als "Buch im Buch" verknüpfen Schichten von aktuellen Werken, Kontexten von früheren Ausstellungen des Künstlers und Dokumentationen über die Entstehung der Bilder den eindimensionalen Ausstellungs-Katalog zu einem komplexen Objekt und dokumentieren, wie speziell der Künstler auf die Welt guckt und diese mit eigenen Vorstellungen durchdringt.

Wer tiefer einsteigen will, sollte sich einen Termin für die Führungen sichern oder am Künstlergespräch mit Jan Albers teilnehmen.

Öffentliche Führungen sind am 27.3.15, 16 Uhr, und am 18.4., 31.5. sowie 21.6.15 jeweils um 15 Uhr, Kosten 6 € inkl. Eintritt.
Das Künstlergespräch findet am 26.4.15 um 15 Uhr statt, Kosten 6 € inkl. Eintritt.

Autor:

Dorothea Weissbach aus Oberhausen

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