Gedicht: Visite

Die weißen Kittel schweben durch die Gänge,
du wirst ganz klein in deinem Krankenbett.
Bist traurig bis ins Mark, durch all die Zwänge.
Bangst, welche Hiobsbotschaft man heut wieder hätt’.

Die Ärzte blättern murmelnd in Papieren,
die deinen Leidensweg exakt beschreiben.
Sie reden von Bakterien und von Viren,
und prophezeihen, du musst lange bleiben.

Du wolltest noch viel fragen, so viel wissen,
doch hektisch eilen alle Kittel fort.
Die Schwester zupft dir nur noch rasch am Kissen,
und rennt dann eilends an den nächsten Ort.

Du blickst auf deine Blume in der Vase,
in Krankenhäusern magst du Blumen nicht.
Es spiegelt sich die Träne in dem Glase.
Du fühlst das Heimweh, das im Herzen sticht.

Die Frau vom Nebenbett packt ihre Sachen
und macht sich auf den Weg, nach vielen Wochen.
Betrübt schaust du ihr zu, ihr konntet lachen,
und habt des nachts von eurem Leid gesprochen.

Das Abendessen wird herein getragen,
doch echten Hunger hast du längst nicht mehr.
Die Traurigkeit liegt wie ein Stein im Magen,
dein Herz erscheint dir fünfzehn Kilo schwer.

Von Fern erklingt der Sound von Nachtgeschirren.
Die Schwestern sind mit ihrer Kraft am Ende.
Und vor den Fenstern Sommerfalter schwirren,
du hoffst voll Sehnsucht auf gesundheitliche Wende.

Tanja Herbst (Pseudonym)

Autor:

Edith Schülemann aus Oberhausen

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