Fotoausstellung
"ausgelöst" - Fotografien von Manfred Vollmer in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen
"Mein Revier ist das Revier", so lautet das Motto des in Essen lebenden Fotografen Manfred Vollmer. Doch sein berufliches Schaffen geht auch weit über die Reviergrenzen hinaus. Einen sehr schönen Überblick über seine fotografischen Arbeiten zeigt die Werkschau "ausgelöst - Fotografien von 1968 bis heute", die die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen in der Panoramagalerie im Kleinen Schloss ausrichtet.
Mit dem Namen Manfred Vollmer verbindet man sofort Fotografien aus der Arbeitswelt und zu den Arbeitskämpfen im Revier, die zu ikonischen Bildern geworden sind. Die knapp 80 großformatigen Fotografien in der Werkschau geben darüberhinaus aber auch Einblick in seine vielfältige Themenwelt. Mit dem Fotografieren beginnt er schon früh. In der Schülerzeitung übernimmt der 1944 in Sachen geborene und in der Nähe von Freiburg aufgewachsene Manfred den Part des Fotografen. Eine Lehre zum Fotografen macht er nicht. Allein seine Fotomappe überzeugt und sichert ihm einen Platz in der Klasse Otto Steinerts an der Folkwang Hochschule in Essen. Seinem Lehrer ist er bis heute für den hohen Qualitätsanspruch dankbar. Für seine Abschlussarbeit über Kirchenfeste reist er nach Süd- und Mittelitalien, wo er traditionelle Prozessionen bis hin zu religiösen Ekstasen eindrucksvoll einfängt. Seine Examensarbeit wird mit dem Folkwangpreis ausgezeichnet.
Er startet in seiner Wahlheimat Essen als Freiberufler, immer mit der Kamera unterwegs, immer mit Blick auf mögliche Motive. Sein analoges Archiv wächst stetig, viele Anfragen von Verlagen und Zeitschriften bedient er direkt aus seinem Archiv. Ab Ende der 1960er Jahre reist Vollmer wiederholt in die DDR, wo er privat ohne Akkreditierung Alltagsszenen und Städtebilder fotografiert.
Mein Revier ist das Revier - und das nicht nur zuhause
Zu auswärtigen Bildreportagen bricht er häufig auf.1978 reist er in die Bretagne, um dort den verzweifelten Kampf der Menschen gegen die Ölpest, verursacht durch die Havarie des amerikanischen Tankers Amoco Cadiz zu dokumentieren. Für diese Bilderserie erhält er 1979 den ersten Preis beim World Press Photowettbewerb in der Kategorie "New Picture Stories". Beeindruckend die Fotografien, die in den 1990ern während seiner Begleitung einer Essener Jugendgruppe in das ehemalige KZ Auschwitz entstehen. Nach der Reise wird daraus eine vielbeachtete Ausstellungsreihe.
Die goldene Ära der Fotografie sind für Manfred Vollmer sicher die 1970er bis - 80er Jahre. Es gibt viel zu dokumentieren, zu berichten, festzuhalten. Zeitschriften und Verlage zahlen gut. Die Gewerkschaften, besonders die IG-Metall kommt als wichtiger Auftraggeber hinzu. Vollmer gilt als der Spezialist für die Arbeitswelt. Und es brodelt im Revier und Vollmer ist mitten drin. Immer mit dem Gespür für den richtigen Moment, um auf den Auslöser zu drücken. So entstehen ausdrucksstarke, monumentale Fotos. Ikonisch das Foto, das 1988 den Protestmarsch der 50.000 Stahlarbeiter aus ganz Deutschland über die Brücke der Solidarität in Duisburg-Rheinhausen zeigt. Beim Fotografieren verliert Vollmer aber nie seinen, dem Menschen zugewandten Blick. Es sind keine entblößenden Fotos, sondern Fotografien voller Empathie und Kraft. So auch das Foto der jungen Frau des Nürnberger Gewerkschaftschors auf dem Solidaritätsfest in Rheinhausen. Losgelöst vom eigentlichen Ursprung wird es bald danach zum Symbolbild für Frauenpower schlechthin. In den 1990er Jahren arbeitet er für die IBA Emscher Park und begleitet fotografisch zahlreiche Strukturwandelprojekte.
Persönlicher Strukturwandel - ab jetzt nur noch digital
Im Jahr 2002 gibt Manfred Vollmer die analoge Fotografie komplett auf, inklusive seiner Dunkelkammer. Von da an hat er nie mehr einen Film belichtet, wie er sagt. Die Umstellung aufs Digitale ist nicht einfach, ohne Hilfestellung seines ältesten Sohnes hätte es mit der Arbeit am Computer nicht so gut geklappt. Schnell erkennt er die Vorteile. Er entwickelt seinen fotografischen Blick weiter, er wird künstlerischer ohne seinen dokumentarischen Anspruch zu verlieren. Als das Ruhrgebiet 2010 die Auszeichnung zur Kulturhauptstadt erhält, begleitet er die Veranstaltungen und Aktionen und trägt mit seinen Fotos zum neuen Image des Ruhrgebietes bei. Seine Fotografien z.B. vom Still-Leben Ruhrschnellweg mit der Sperrung der A 40 oder vom Feuerwerk der Auftaktveranstaltung über dem Fördergerüst auf Zollverein haben Kultcharakter.
Sein analoges Archiv ist übrigens seit 2006 im Besitz des Ruhr Museums Essen.
Bei allen Vorteilen der digitalen Fotografie wächst allerdings auch der Druck auf den Fotografen. In analogen Zeiten hieß es „heute noch liefern", im digitalen Zeitalter wird gefragt „wann heute?“. Auch die Flut der digitalen Fotos in den sozialen Medien macht heute die berufliche Situation des Fotografen nicht einfacher, gibt Vollmer im Pressegespräch zu bedenken. Im Zuge seiner Umstellung hat er sich einen leistungsstarken Drucker angeschafft, der auch große Formate drucken kann. So hat er alle Fotos (nicht nur) für diese Ausstellung selbst hergestellt.
Es ist eine sehr beeindruckende Werkschau, die die Bandbreite seiner fotografischen Arbeiten und Publikationen zeigt.
Zur Ausstellung ist der Katalog „MANFRED VOLLMER – ausgelöst - Fotografien von 1968 bis heute" im Kerber Verlag erschienen, mit Texten von Christine Vogt (Direktorin der Ludwiggalerie Schoss Oberhausen) und Stefanie Grebe (Leiterin des Fotoarchivs im Ruhr Museum Essen).
Eine Ausstellungseröffnung darf es wegen Corona leider nicht geben, die Ausstellung ist ab Samstag, den 05. Februar 2022 zu sehen und dauert bis 15. Mai 2022.
Der Eintritt ist frei
Die Fotos entstanden bei der Vorpräsentation der Ausstellung
Weitere Informationen in den Bildunterschriften
Viel Vergnügen beim Anschauen!
Ludwiggalerie Schloss Oberhausen
Konrad-Adenauer-Allee 46
46042 Oberhausen
www.ludwiggalerie.de
Autor:Andrea Gruß-Wolters aus Duisburg |
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