Geplanter Atelierpark mit Aussichtsturm in Styrum erhitzt die Gemüter
„Des einen Freud ist des andern Leid“
"Noch ist wirklich nichts zementiert. Wir stehen erst am Anfang des Verfahrens und werden mögliche Einwände und Anregungen sehr sorgfältig prüfen.“ Felix Blasch, Leiter des Amtes für Stadtplanung und Wirtschaftsförderung, meint damit den zurzeit heiß und emotional diskutierten Bebauungsplan für Bereich Oberhausener-/Augustastraße in Styrum.
Auf dem gut 11.000 Quadratmeter großen Gelände der Holzhandlung Breuer an der Oberhausener Straße 225 soll ein Kreativquartier mit Erlebnisräumen für Kunst und Kultur, zwölf Ateliers für international anerkannte Künstler und einem „Aussichtsturm“ entstehen. Letzerer ist es, der die unmittelbaren Anwohner massiv auf den Plan ruft, zumal er auch noch mit kunstvollen und wechselnden Lichtinstallationen auf sich aufmerksam machen soll. Die Rede ist von einem „Leuchtturmprojekt mit Strahlkatft“ in einem mitunter arg gebeutelten Stadtteil, den Kreativität und öffentliche Aufmerksamkeit gleichermaßen voranbringen könne.
Bei dem Projekt scheint der Spruch „Des einen Freud ist des andern Leid“ den Nagel auf den Kopf zu treffen. Der „Turm für Lichtkunst mit Aussichtsplattform“, von der Heinrich Breuer Projekt GmbH als Wegbereiter und Investor kurz Artronaut genannt, soll „im Problemstadtteil mit zahlreichen städtebaulichen und sozialen Defiziten die kreative Energie der dort tätigen Künstler an die Bevölkerung vermitteln.“
Symbol für
den Wandel
So sollen im neuen „Kunstpark“ besonders Wege gefunden werden, wie die unterschiedlichen Gruppen mit Migrationshintergrund, vor allem aber Jugendliche selbst Kreativität entfalten können. Der Artronaut-Turm soll diese Botschaft in die Öffentlichkeit tragen und ein „starkes Signal als Symbol für den Wandel über alle sozialen und kulturellen Grenzen hinweg sein.“ Die Investoren sind der Meinung, dass Lichtkunst dafür das ideale Mittel sei, diesen Ansprüchen gerecht zu werden und zudem als „Instrument der Stadtgestaltung“ in Styrum eingesetzt werden kann.
Man spricht sogar von einer städtebaulichen Eingliederung des Turmes auf dem Breuer-Gelände. Die Höhe des geplanten Turmes würde sich schließlich in die Höhe der vorhandenen fünf Türme des Stadtteils als weitere Landmarke einfügen. Gemeint sind Aquarius, Funkturm und die Kirchtürme von St. Mariä Rosenkranz, St. Albertus Magnus sowie der Immanuelkirche.
Viel Lärm und
„Disco-Licht“
In der Theorie höre sich das alles gut an, mutmaßen Anwohner in lebhaften Diskussionen in den sozialen Netzwerken, die Praxis aber sehe anders aus. „Wie kann direkt in einem Wohngebiet einen Aussichtsturm mit einer Höhe von etwa 45 Metern gebaut werden?“, fragt sich Heinz Müller von der Alsenstraße. Zwar sei ein Sichtschutz an dem „Ungetüm“, wie er den Turm nennt, geplant, allerdings nur direkt an der Plattform. „Das Treppenhaus wird jedoch ohne Sichtschutz sein und ermöglicht so rundherum eine Einsicht in die Privatsphäre der Anwohner“, ergänzt seine Frau Jutta, „und das in einer Zeit, in der alle vom Schutz der Privatsphäre reden.“
Darüber hinaus werde der Turm nachts mit diversen Lichtinstallationen beleuchtet sein. Gemeinsam mit nahezu allen Anwohnern befürchten sie eine „Dauer-Disco“, zumindest, was die Lichteffekte betrifft. Zusätzlich sei mit einer erheblichen Lärmbelästigung in Form von Verkehr und Veranstaltungen zu rechnen. Integration könne man nicht durch Lichtkunst, sondern durch menschliches Wirken auf den Weg bringen, meinen die Eheleute im Gespräch mit der Mülheimer Woche. Heinz Müller: „Wir Anwohner fühlen uns im Stich gelassen und erwarten von der Stadt eine öffentliche Stellungnahme über den Schutz der Anwohner, auch in Hinsicht der geltenden Abgasverordnung.“
Erste Einwände
sind eingegangen
Man habe niemanden in Stich gelassen, betont Stadtplaner Felix Blasch, denn noch sei ja gar nichts konkret, über das man reden oder diskutieren könne. Und eine Bürgerversammlung, auf der der Investor seine Ideen vorab hätte vorstellen können, sei ja wegen der Corona-Pandemie auch nicht möglich gewesen. Deshalb weist er noch einmal nachdrücklich auf die eingeleitete Öffentlichkeitsbeteiligung für das „Bauleitplanverfahren“ hin.
„Ja, es sind auch schon Einwände eingegangen“, bestätigt er gegenüber unserer Redaktion. Noch bis zum 16. März haben die Bürger weiter die Möglichkeit, Stellungnahmen abzugeben. „Dann werden alles sondieren und wirklich jedes Detail prüfen“, so Blasch weiter. Aufgrund dieser Prüfungen und Erkenntnisse wird es einen neuen Beschlussentwurf für die Politik geben. Nach Beratungen in den politischen Gremien und einer letztendlichen Beschlussfassung durch den Rat der Stadt wird das Ganze dann noch einmal öffentlich ausgelegt. Auch dabei werde es wieder eine vorgeschriebene Bürgerbeteiligung geben. Von einer Nichtberücksichtigung der Bürgerinteressen könne daher keine Rede sein, bekräftigt der Stadtentwickler.
INFO
Bis einschließlich Dienstag, 16. März, können die Mülheimer die Pläne einsehen und ihre Stellungnahmen abgeben. Die Pläne sind bereits im Internet unter geo.muelheim-ruhr.de einsehbar und liegen zudem im Amt für Stadtplanung und Wirtschaftsförderung im Technischen Rathaus (19. Obergeschoss, linke Flurseite) öffentlich aus.
Unter den Telefonnummern 0208 / 4556163 oder 4556145 können Termine zur Einsicht vereinbart werden. Bis zum Ende der Frist können dabei auch Stellungnahmen zur Niederschrift vorgetragen werden.
Autor:Reiner Terhorst aus Duisburg |
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